Energie- / Umwelttechnik

Kabinettsbeschluss: VKU zur Nationalen Wasserstoffstrategie

Heute hat das Kabinett die Nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht in der Strategie einen wichtigen Schritt für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, aber auch Schwachstellen.

„Diese Wasserstoffstrategie kann die Energie- und Wärmewende voranbringen und die Energiesouveränität unseres Landes stärken. Gut ist insbesondere, dass unsere heimischen und kommunalen Wasserstofferzeugungspotenziale besser genutzt werden sollen. Sinnvoll wäre ein 1 GW-Elektrolyse-Schnellstartprogramm gewesen, um der lokalen und kommunalen Wasserstoffproduktion den entscheidenden Anschub zu geben. So ließen sich durch zusätzliche Ausschreibungen 1.000 GW bis 2025 erreichen.

Eine weitere Schwachstelle in der Strategie und weiteren Handlungsbedarf gibt es aber in der Versorgung von 1,8 Millionen Industrie- und Gewerbekunden, die an den Gasverteilernetzen angeschlossen sind. Sie brauchen zeitnah eine Dekarbonisierungsoption und damit Planungssicherheit für ihre Produktion in Deutschland“, so Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer.

Durchbruch für orangen Wasserstoff

Konkret verdoppelt die Bundesregierung das Elektrolyseziel für grünen Wasserstoff von 5 GW auf 10 GW aus heimischer Produktion. Dazu will sie neben der großskaligen auch die Erzeugung auf kommunaler Ebene unterstützen. Erstmals nennt sie Wasserstoff aus der Abfallentsorgung als Option. „Gerade auf kommunaler Ebene schlummern noch Potenziale. Technisch können wir zum Beispiel auch bei der Entsorgung von Abwasser und von Abfall Wasserstoff gewinnen, z.B. durch Elektrolyseure an Müllverbrennungsanlagen. Doch bisher ist der Status dieses Wasserstoffs unklar. Es ist gut und richtig, dass die Bundesregierung den Wasserstoff aus den biogenen Anteilen des Abfalls als grün einstuft. Jedes Molekül Wasserstoff, das wir vor Ort erzeugen, sollten wir auch nutzen dürfen“, so Liebing. Im nächsten Schritt sollte auch Erzeugungspotenzial der Abwasserentsorgung genutzt werden können, soweit dies technisch und wirtschaftlich möglich ist.

Wasserstoff für sichere Stromversorgung

Liebing: „Richtig ist, dass Wasserstoff die Stromversorgung absichern kann. Denn sie wird durch immer mehr Erneuerbare Energien zunehmend volatil. Gerade für die Versorgungssicherheit brauchen wir neue zusätzliche wasserstofffähige Spitzenlastkraftwerke. Wasserstoff eignet sich hervorragend als Stabilisator. Umso wichtiger ist, dass die angekündigte Kraftwerksstrategie bald vorgelegt wird.“

“Richtigerweise skizziert die Bundesregierung, dass sowohl der Standort der Elektrolyseure im Stromnetz als auch ihre Betriebsweise systemdienlich sein sollen. Künftig soll bei geringen Strompreisen entnommen und bei hohen Preisen rückverstromt werden. Was noch fehlt, ist das passende Strommarktdesign. Auch diese Diskussion muss zügig zu Ergebnissen geführt werden,“ sagte Liebing.

Regulierungsbedarf bei den bestehenden Gasnetzen

Vor allem die Nutzung in der Industrie und damit das Backbone für Wasserstoff stehen im Fokus. Es ist zwar richtig, dass die Bundesregierung darüber hinaus den politischen Kompromiss im Zusammenhang mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zur Nutzung von Wasserstoff in der Wärme nachvollziehe. Dennoch sind sowohl im Entwurf für das GEG wie in der Wasserstoffstrategie weiterhin viel Skepsis gegenüber Wasserstoff in der Wärme spürbar. Ob und in welcher Form Wasserstoff als Option genutzt werden könne, muss angesichts der Potenziale vor Ort entschieden werden. „Zurecht verweist die Bundesregierung bei dieser Frage auf die kommunalen Wärmeplane. Mit deren Hilfe können Kommunen ermitteln, für welche Teile der Gasverteilernetze Wasserstoff eine sinnvolle Option sein wird“, sagt Liebing. Aus VKU-Sicht sollten die Kommunen mit Blick auf die jeweiligen Bedingungen bei ihnen vor Ort entschieden, ob es sinnvoll ist, das jeweilige Gasverteilernetz für Wasserstoff und andere grüne Gase umzubauen, anders zu nutzen – zum Beispiel als Speicher zur Absicherung der Stromversorgung – oder außer Betrieb zu nehmen. Am wahrscheinlichsten sei dann ein Misch-Szenario für jedes Netz.

Liebing: „Für den Ausstieg aus fossilem Erdgas und den Einstieg in klimaneutrale Gase wie Wasserstoff in den Verteilnetzen, aber auch für deren mögliche teilweise Stilllegung brauchen wir neue Regeln – unter anderem bei Abschreibungen, Nutzungsdauern oder Konzessionsverträgen -, damit wir so schnell wie möglich den Umbau, die Umnutzung oder Stilllegung der Gasverteilernetze planen und entsprechende Investitionen anschieben können“, forderte Liebing.

Unbundling auf EU-Ebene verhindern

Liebing verwies zugleich auf wichtige europäische Entscheidungen, die in Kürze getroffen werden. „Für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft brauchen wir Unterstützung aus Brüssel. Die Pläne der EU-Kommission zum Unbunding, zur eigentumsrechtlichen Trennung von Gas- und Wasserstoffnetzen, wäre kein Rückenwind, sondern eine neue Hürde. Wir hoffen, dass die Bundesregierung sich mit dem heutigen Bekenntnis zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft nun gemeinsam mit dem EU-Parlament gegen die Unbundling-Pläne der Kommission stemmt. Wer heute Gasnetze betreibt, sollte auch morgen Wasserstoffnetze betreiben dürfen.“, so Liebing.

Über Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU)

Der Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit rund 293.000 Beschäftigten wurden 2020 Umsatzerlöse von 123 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 16 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen signifikante Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 66 Prozent, Gas 60 Prozent, Wärme 88 Prozent, Trinkwasser 89 Prozent, Abwasser 45 Prozent. Die kommunale Abfallwirtschaft entsorgt jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und hat seit 1990 rund 76 Prozent ihrer CO2-Emissionen eingespart – damit ist sie der Hidden Champion des Klimaschutzes. Immer mehr Mitgliedsunternehmen engagieren sich im Breitbandausbau: 206 Unternehmen investieren pro Jahr über 957 Millionen Euro. Künftig wollen 80 Prozent der kommunalen Unternehmen den Mobilfunkunternehmen Anschlüsse für Antennen an ihr Glasfasernetz anbieten. Zahlen Daten Fakten 2022
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