Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen: Neue Fachbegriffe sollen Unterschiede klarer zeigen und Stigmatisierung vermeiden
„Im Rahmen des diesjährigen Kongresses der European Association for the Study of the Liver, kurz EASL, haben mehrere internationale hepatologische Fachgesellschaften eine präzisere und patientenzentriertere Nomenklatur für Fettlebererkrankungen beschlossen. Mit den im Juni 2023 veröffentlichten neuen Fachbegriffen werden Bezeichnungen wie beispielsweise nicht-alkoholische Fettlebererkrankung, die als stigmatisierend empfunden werden könnten, durch eine neue Terminologie ersetzt. Darüber hinaus ermöglichen die neuen Fachbegriffe exaktere Diagnosen, die zudem treffsicherer benannt werden können“, erläutert Prof. Dr. Peter R. Galle, Direktor der 1. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und nennt Beispiele der neuen Fachbegriffe und Diagnosekriterien: „Zukünftig dient ‚steatotische Lebererkrankung‘ (Steatotic Liver Disease – SLD) als neuer Klammerbegriff, der alle Fettlebererkrankungen einschließt – unabhängig von der Ursache. Die bislang als ‚nicht-alkoholische Fettlebererkrankung‘ (Nonalcoholic Fatty Liver Disease – NAFLD) bezeichnete Krankheit wird zur ‚Metabolic Dysfunction-associated Steatotic Liver Disease‘ (MASLD). Also frei übersetzt ‘Metabolische dysfunktions-assoziierte steatotische Lebererkrankung‘. Die offiziellen deutschen Begriffe werden aktuell noch festgelegt. Bereits definiert sind die Diagnosekriterien für MASLD. Eine MASLD liegt vor, wenn bei einem Patienten mit Steatose der Leber mindestens einer von fünf kardiometabolischen Risikofaktoren vorliegt. Diese sind (Prä-)Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Triglyzeride und erhöhtes LDL-Cholesterin.“
Die aktuellen Zahlen und Prognosen belegen, dass die Bekämpfung der MASLD massiv verstärkt werden muss: Nach Schätzungen des Global Liver Institute (GLI) haben 115 Millionen Menschen weltweit eine Fettlebererkrankung. Bis 2030 könnten sogar bis zu 357 Millionen Menschen betroffen sein. In Deutschland haben schätzungsweise 23 Prozent der Bundesbürger eine Fettlebererkrankung und vier Prozent sogar eine Metabolic dysfunction-associated steatohepatitis (MASH) – bislang als NASH bezeichnet. Für Deutschland wird geschätzt, dass etwa 18 Millionen Menschen von einer Fettleber betroffen sind. Bei den meisten chronischen Lebererkrankungen ist das Risiko einer Tumorbildung im Stadium einer Leberzirrhose erhöht: Es kann sich ein Leberzellkrebs entwickeln (Hepatozelluläres Karzinom, HCC). Bei der MASH kann Leberzellkrebs jedoch schon auftreten, bevor eine Zirrhose vorliegt.
Bislang gibt es bei einer MASLD nur eine wirksame Therapie: Lebensstiländerung durch gesunde Ernährung, Bewegung, Reduktion von Übergewicht sowie die erfolgreiche Einstellung von Diabetes. Damit können Betroffene ihrer Fettlebererkrankung in vielen Fällen so erfolgreich entgegenwirken, dass diese sich ganz oder teilweise zurückbildet. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Erkrankung diagnostiziert wird: Bereits eine Untersuchung der Leberwerte im Blut (GPT, GOT und gGT) kann ein bestehendes Lebergesundheitsrisiko aufzeigen. Auch eine Ultraschalluntersuchung der Leber kann erste Hinweise geben, dass etwas nicht in Ordnung ist. Die Leber leidet leise und häufig wird nicht bemerkt, dass ein Gesundheitsrisiko besteht.
Die Umbenennung und Kategorisierung in SLD bietet die Chance, zukünftig die Aufmerksamkeit für Lebererkrankungen zu erhöhen, die Diagnostik zu präzisieren und Patienten früher einer entsprechenden Überwachung zuzuführen. Der neue Begriff MASLD zeigt die enge Vernetzung hepatischer und metabolischer Faktoren der Erkrankung auf. Zudem verdeutlicht dies die Notwendigkeit einer interdisziplinären Betreuung durch Hepatologen und Stoffwechselspezialisten.
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