Kunst & Kultur

„Was ist schon normal?“

Zwei Klöster – eine tiefe Freundschaft. Seit einigen Monaten verbindet ein intensiver Austausch die Abtei St. Hildegard und Kloster Eberbach. Es geht um Ziele in der täglichen Arbeit, Zukunftsthemen und mögliche Schnittmengen, die es zwischen einem säkularisierten Kloster und einem lebendigen Konvent geben kann. Anlass genug, um mit Schwester Thekla Baumgart, Sub-Priorin und Leiterin des Weingutes der Rüdesheimer Abtei, ein Gespräch über ihren Werdegang, ihren Glauben und das Leben zu führen.

Offen und authentisch spricht die 1965 in Bremen geborene Nonne in der zweiten Folge des Kloster-Eberbach-Podcasts „Heiliger Bimbam!“ über ihre Entscheidung, in den Benediktinerinnen-Orden einzutreten, ihren Alltag und ihre Liebe zu Gott. Sie verrät, wie sie zu der ausgezeichneten Winzerin wurde, die sie heute ist. Und was ihr manchmal fehlt.

„Es kam kein Blitz vom Himmel, um das einmal vorweg zu sagen. Das ist ein längerer Weg gewesen, der mit Kontaktaufnahme, mit Interesse am Ordensleben entstanden ist, als ich in Hildesheim eine Ausbildung zur Gemeindereferentin machte und wir den Schwestern aus der Abtei St. Hildegard beim Einzug in das neu besiedelte Kloster Marienrode halfen“, erläutert Schwester Thekla. „Es war faszinierend für mich, dort die Frauen zu erleben, die mit beiden Beinen im Leben standen, wobei sie den Blick gleichzeitig auf ein Ziel gerichtet hatten.

Ich habe immer gedacht: So möchte ich auch Mensch werden. Und der Gedanke hat mich nicht losgelassen. Es sind also viele Bausteine im Leben gewesen, die sich wie ein Puzzle zusammengefügt haben.“

Silvester 1990/1991 stand die Entscheidung der jungen Frau fest. „Inzwischen hatte ich die Abtei in Rüdesheim kennengelernt und dachte, jetzt musst Du da mal fragen, ob Du aufgenommen werden kannst!“

Zweifel an der Lebensform habe es zwischendurch gegeben. Die Sehnsucht nach „normalem Leben“ auch?

„Was bedeutet ,normales Leben‘ ?“, fragt sie lächelnd. „Natürlich habe ich mir immer wieder die Frage gestellt, ob die gewählte Lebensform die richtige ist. Gerade in der Anfangszeit im Noviziat. Auch die Liebe zu Gott verändert sich, wie die Liebe in jeder Beziehung. Es gibt schwierigere Zeiten, wo man sich zusammenraufen muss. Aber die Liebe – die ist immer da. Das ist der Grundstrom in meinem Leben. Und ich habe die Grundmelodie der Entscheidung nie angezweifelt.“

Was sie vermisst? Darüber habe sie lange nachgedacht, gibt die 58-Jährige zu.

„Natürlich ist es manchmal so, dass man einen Kontakt oder die Beziehung, wie es in einer Ehe existiert, vermisst. Auch, keine Kinder zu haben. Aber das ist nichts, was mich runterzieht“, so Schwester Thekla. „Durch das Älterwerden werde ich ruhiger und bin froh mit kleinen Dingen. Den Augenblick zu genießen und für mich da zu sein. Und als Nordlicht liebe ich es, ans Meer zu fahren, und möchte dort wieder mal hin. Aber Bungee-Jumping oder so etwas – das ist nicht mein Ding!“

Nachzuhören ist das Gespräch mit Schwester Thekla Baumgart im Kloster-Eberbach-Podcast „Heiliger Bimbam!“ auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen.

Über Stiftung Kloster Eberbach

Das ehemalige Zisterzienserkloster Eberbach im Rheingau ist ein magischer Ort, an dem Wein und Genuss, Tradition und Zukunft, Begegnung und Dialog, Werte und Ideen eine fruchtbare Symbiose eingehen. Der Schutz und Erhalt dieses herausragenden Kulturdenkmals ist die Kernaufgabe der gemeinnützigen Stiftung Kloster Eberbach. Dazu gehören, neben dem aufwendigen Unterhalt und Betrieb der denkmalgeschützten Klosteranlage, die Förderung kultureller Projekte und die Öffnung für die breite Öffentlichkeit. Besucherinnen und Besucher im Kloster die Bedeutung von Kulturgut erlebbar zu machen und zukunftsrelevant zu vermitteln, ist das erklärte Ziel.

Parallel zur einmaligen Generalsanierung (begonnen im Jahr 1986) übertrug das Land Hessen 1998 die gesamte Liegenschaft Kloster Eberbach auf die öffentlich-rechtliche Stiftung, die seitdem die Mittel für die dauerhafte Erhaltung und für die laufenden Kosten der historischen Klosteranlage selbst erwirtschaften muss. Sie finanziert sich über Eintrittsgelder, Spenden, Führungen, Veranstaltungen, Miet-und Pachteinnahmen.

Der Stiftungsauftrag: Werte erhalten, Zukunft gestalten, Dialog fördern.

Aus dem Weinbau erwuchs dem Kloster der Reichtum, der zu Größe, Rang und Ansehen führte. Über einen Zeitraum von neun Jahrhunderten wurden hier in lückenloser Beständigkeit wertvolle Kreszenzen ausgebaut, gelagert und vermarktet, was Kloster Eberbach weltweit einzigartig macht. Zusätzlich zu den vier Weinbaudomänen bewirtschaftet die Hessische Staatsweingüter GmbH Kloster Eberbach nicht nur den wertvollsten Lagenbesitz in Deutschland, sondern ist auch mit rund 90 Hektar Steillagen das größte deutsche Steillagenweingut. Verantwortung für die Kulturlandschaft, Umwelt und Ressourcen sind Grundlage der nachhaltigen und besonders naturnahen Bewirtschaftung der Weinberge. So entstehen genussvolle Botschafter der einzigartigen Weinkultur von Kloster Eberbach.

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