Anleihen mit Nachhaltigkeitsbezug stecken im Dilemma (Kommentar von Sam Vereecke, CIO Fixed Income bei DPAM)
Bei letzteren sind die aufgenommenen Mittel nicht an bestimmte Projekte gebunden, sondern können für allgemeine Unternehmenszwecke verwendet werden. Der Kupon, den diese Anleihen zahlen, kann steigen, wenn der Emittent bestimmte Nachhaltigkeits-Kennzahlen nicht erfüllt. Beispiel Enel: Der italienische Energieversorger hat im Jahr 2019 Neuland betreten und eine Erhöhung des Kupons um 15 Basispunkte versprochen, wenn er seine Ziele für erneuerbare Energien nicht erreicht. Die Wirksamkeit dieses Modells wird jedoch in Frage gestellt: Reicht der potenzielle Kuponanstieg aus, um Unternehmen wirklich zu nachhaltigem Verhalten zu bewegen?
Trotz vielversprechender Anfänge stößt der Sektor der nachhaltigkeitsbezogenen Anleihen jedoch auf mehrere Hindernisse. Regulatorische Fragen und die Unklarheit über ihren Platz in den Kapitalstrukturen der Banken haben erhebliche Hürden aufgeworfen. Emittenten scheinen zudem bei der Konstruktion ihrer SLBs manchmal zu "kreativ" oder zu opportunistisch, die Emittenten entscheiden völlig diskret über die Verwendung der Mittel. Angesichts der Schwierigkeit, die direkten Auswirkungen der Erlöse aus diesen Anleihen effektiv zu messen, scheint ein qualitativer Ansatz zur Auswahl von SLBs durch Fachleute unumgänglich zu sein.
Seit Anfang 2023 betrug der Anteil der auf Euro lautenden ESG-Anleihen mit Investment Grade an den gesamten Unternehmensanleiheemissionen in den Industrieländern 28%, der Anteil der hochverzinslichen ESG-Anleihen 37%. Dies ist angesichts der Herausforderung, die die globale Erwärmung darstellt, immer noch wenig.
Nachhaltigkeitsbezogene Anleihen sind zu einem Thema geworden, das komplizierter ist als von vielen erwartet. Emittenten, Anlegern und uns allen ist zu wünschen, dass Auswege aus diesem Dilemma gefunden werden.
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