Anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist rechtswidrig / Datenschutz zu Lasten von Kinderschutz?
Dem Grunde nach schien alles schon seit 2022 klar zu sein. Aber jetzt veranlasst eine fragwürdige Stellungnahme des Bundesjustizministers die Deutsche Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung e. V., noch einmal Position zu beziehen.
Das Bundesverwaltungsgericht folgte einer EuGH-Entscheidung aus dem Jahr 2022. Demnach genüge die Regelung im Telekommunikationsgesetz zur Speicherung von Rufnummern, IP-Adressen oder der Dauer von Verbindungen "schon deshalb nicht den unionsrechtlichen Anforderungen, weil keine objektiven Kriterien bestimmt werden, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellen", so das Gericht. IP-Adressen dürften zwar zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit gespeichert werden, allerdings sei das im Telekommunikationsgesetz nicht so eindeutig bestimmt.
Für Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ist damit nun endgültig klar, dass die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland "in vollem Umfang rechtswidrig und damit unanwendbar" ist. “Die jetzigen Entscheidungen sind für uns ein klarer Auftrag, die Vorratsdatenspeicherung nun zügig aus dem Gesetz zu streichen – und die digitalen Bürgerrechte in unserem Land weiter zu stärken“, so der Bundesjustizminister. Buschmann verwies auf den Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung, wonach relevante Daten nur noch "rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss" gespeichert werden sollen. In diesem Zusammenhang warb Buschmann erneut für das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren: Ermittlungsbehörden könnten "bei dem Verdacht auf eine erhebliche Straftat relevante Verkehrsdaten umgehend bei den Providern einfrieren lassen, um sie später im Verfahren zu nutzen", erklärte er.
„Diese Interpretation der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich des Fehlens objektiver Kriterien im Telekommunikationsgesetz durch den Bundesjustizminister ist außerordentlich fragwürdig“, erklärt Rainer Becker, Ehrenvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung e. V. „Ein so interpretierter Datenschutz ermöglicht sexualisierte Gewalt an Kindern in Zusammenhang mit so genannter Kinderpornografie“.
Bei der Speicherung der IP-Adressen geht es darum, gemeldete Verdachtsfälle verfolgen zu können, bevor die Daten des Verdächtigen gelöscht werden, und zwar nur beim Verdacht auf „kinderpornografisches Material“. Das heißt, dies nur möglich bei diesem Verbrechen, zeitlich befristet und nur mit einem richterlichen Beschluss. Was kann man dagegen haben?“ so Becker.
Wenn das Telekommunikationsgesetz in seiner aktuellen Fassung die Kriterien noch nicht genügend konkretisiert, ist es eben entsprechend nachzubessern um die Verfolgung solcher schweren Delikte an Kindern zu ermöglichen.
Insofern erschließt sich der Deutschen Kinderhilfe nicht die Logik des Bundesjustizministers, hieraus zu folgern, dass alle diesbezüglichen Regelungen zu löschen sind.
Gleichzeitig verweist er einmal mehr auf das so genannte Quick Freeze-Verfahren, bei dem die IP-Adresse eines Verdächtigen auf richterlichen Beschluss erst bei Vorliegen eines Anfangsverdachts „eingefroren“ werden soll. Was ist aber mit den Unmengen an vorhandenem Material, das unbeobachtet im Netz kursiert?
Laut Cathrin Bauer-Bulst, Referatsleiterin Bekämpfung von Cybercrime und sexuellem Missbrauch von Kindern in der Europäischen Kommission kommen seit Jahren rund 80% der Hinweise auf kinderpornografisches Material aus den USA.
Die Grundlage für die Weitergabe der Daten ist ein Vertrag der EU mit den Vereinigten Staaten.
Dort werden seit Jahren auf Basis von freiwilligen Hinweisen von Providern – beispielsweise Google, Facebook oder WhatsApp Informationen, Bilder, Videos mit Missbrauchsdarstellungen erhoben und so können Tatverdächtige ermittelt werden, rund 80% davon werden in öffentlichen sozialen Netzwerken aufgespürt. Das geschieht schon immer durch die Durchführung der in Europa vielfach kritisierten Chat- Kontrollen. Die so gewonnenen Daten – auch europäische Tatverdächtige betreffend – werden an das NCMEC- National Center for Missing and Exploited Children’s, eine halbstaatliche amerikanische Organisation weitergeleitet.
Nach einer Vorprüfung auf Relevanz und Sortierung nach Nation werden sie dann in Form der sogenannten CyberTipline- Berichte an die jeweiligen Ermittlungsorgane der EU-Länder weitergeleitet, in Deutschland an das BKA. Nach dortiger Vorprüfung auf Relevanz und Ermittelbarkeit, erfolgt die Weitergabe an das zuständige Landeskriminalamt. Das wiederum gibt die Daten nach Prüfung der Zuständigkeit für den jeweiligen Tatverdächtigen an die zuständige Staatsanwaltschaft weiter. Die wiederum gibt die Daten an das zuständige Kriminalkommissariat weiter´, das dann für den weiteren Fortgang der Ermittlungen verantwortlich ist.
Das diesbezügliche Übereinkommen der EU mit den USA läuft 2024 aus.
Orientieren wir uns dann an der Interpretation des Bundesjustizministers, könnte dies bedeuten, dass die Bekämpfung von Kinderpornografie im Netz in Deutschland gegen null laufen könnte.
„Allein wer sich den extrem personal- und zeitaufwändigen rechtskonformen Ablauf der Verarbeitung des verdächtigen Materials vergegenwärtigt, erkennt, dass das von Bundesjustizminister favorisierte „Quick Freeze-Verfahren“ ab Vorliegen eines Anfangsverdachts von vorneherein nichts als ein bloßer Papiertiger ist“, so Becker
„Ich wünsche mir, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestags dies erkennen und zu Gunsten des Schutzes zehntausender Kinder vor sexualisierter Gewalt das Telekommunikationsgesetz für eine EU-rechtskonforme IP-Adressenspeicherung entsprechend nachbessern, statt den widersprüchlichen Interpretationen des Ministers zu folgen“.
Das Bundesverwaltungsgericht folgte einer EuGH-Entscheidung aus dem Jahr 2022. Demnach genüge die Regelung im Telekommunikationsgesetz zur Speicherung von Rufnummern, IP-Adressen oder der Dauer von Verbindungen "schon deshalb nicht den unionsrechtlichen Anforderungen, weil keine objektiven Kriterien bestimmt werden, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellen", so das Gericht. IP-Adressen dürften zwar zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit gespeichert werden, allerdings sei das im Telekommunikationsgesetz nicht so eindeutig bestimmt.
Für Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ist damit nun endgültig klar, dass die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland "in vollem Umfang rechtswidrig und damit unanwendbar" ist. “Die jetzigen Entscheidungen sind für uns ein klarer Auftrag, die Vorratsdatenspeicherung nun zügig aus dem Gesetz zu streichen – und die digitalen Bürgerrechte in unserem Land weiter zu stärken“, so der Bundesjustizminister. Buschmann verwies auf den Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung, wonach relevante Daten nur noch "rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss" gespeichert werden sollen. In diesem Zusammenhang warb Buschmann erneut für das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren: Ermittlungsbehörden könnten "bei dem Verdacht auf eine erhebliche Straftat relevante Verkehrsdaten umgehend bei den Providern einfrieren lassen, um sie später im Verfahren zu nutzen", erklärte er.
„Diese Interpretation der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich des Fehlens objektiver Kriterien im Telekommunikationsgesetz durch den Bundesjustizminister ist außerordentlich fragwürdig“, erklärt Rainer Becker, Ehrenvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung e. V. „Ein so interpretierter Datenschutz ermöglicht sexualisierte Gewalt an Kindern in Zusammenhang mit so genannter Kinderpornografie“.
Bei der Speicherung der IP-Adressen geht es darum, gemeldete Verdachtsfälle verfolgen zu können, bevor die Daten des Verdächtigen gelöscht werden, und zwar nur beim Verdacht auf „kinderpornografisches Material“. Das heißt, dies nur möglich bei diesem Verbrechen, zeitlich befristet und nur mit einem richterlichen Beschluss. Was kann man dagegen haben?“ so Becker.
Wenn das Telekommunikationsgesetz in seiner aktuellen Fassung die Kriterien noch nicht genügend konkretisiert, ist es eben entsprechend nachzubessern um die Verfolgung solcher schweren Delikte an Kindern zu ermöglichen.
Insofern erschließt sich der Deutschen Kinderhilfe nicht die Logik des Bundesjustizministers, hieraus zu folgern, dass alle diesbezüglichen Regelungen zu löschen sind.
Gleichzeitig verweist er einmal mehr auf das so genannte Quick Freeze-Verfahren, bei dem die IP-Adresse eines Verdächtigen auf richterlichen Beschluss erst bei Vorliegen eines Anfangsverdachts „eingefroren“ werden soll. Was ist aber mit den Unmengen an vorhandenem Material, das unbeobachtet im Netz kursiert?
Laut Cathrin Bauer-Bulst, Referatsleiterin Bekämpfung von Cybercrime und sexuellem Missbrauch von Kindern in der Europäischen Kommission kommen seit Jahren rund 80% der Hinweise auf kinderpornografisches Material aus den USA.
Die Grundlage für die Weitergabe der Daten ist ein Vertrag der EU mit den Vereinigten Staaten.
Dort werden seit Jahren auf Basis von freiwilligen Hinweisen von Providern – beispielsweise Google, Facebook oder WhatsApp Informationen, Bilder, Videos mit Missbrauchsdarstellungen erhoben und so können Tatverdächtige ermittelt werden, rund 80% davon werden in öffentlichen sozialen Netzwerken aufgespürt. Das geschieht schon immer durch die Durchführung der in Europa vielfach kritisierten Chat- Kontrollen. Die so gewonnenen Daten – auch europäische Tatverdächtige betreffend – werden an das NCMEC- National Center for Missing and Exploited Children’s, eine halbstaatliche amerikanische Organisation weitergeleitet.
Nach einer Vorprüfung auf Relevanz und Sortierung nach Nation werden sie dann in Form der sogenannten CyberTipline- Berichte an die jeweiligen Ermittlungsorgane der EU-Länder weitergeleitet, in Deutschland an das BKA. Nach dortiger Vorprüfung auf Relevanz und Ermittelbarkeit, erfolgt die Weitergabe an das zuständige Landeskriminalamt. Das wiederum gibt die Daten nach Prüfung der Zuständigkeit für den jeweiligen Tatverdächtigen an die zuständige Staatsanwaltschaft weiter. Die wiederum gibt die Daten an das zuständige Kriminalkommissariat weiter´, das dann für den weiteren Fortgang der Ermittlungen verantwortlich ist.
Das diesbezügliche Übereinkommen der EU mit den USA läuft 2024 aus.
Orientieren wir uns dann an der Interpretation des Bundesjustizministers, könnte dies bedeuten, dass die Bekämpfung von Kinderpornografie im Netz in Deutschland gegen null laufen könnte.
„Allein wer sich den extrem personal- und zeitaufwändigen rechtskonformen Ablauf der Verarbeitung des verdächtigen Materials vergegenwärtigt, erkennt, dass das von Bundesjustizminister favorisierte „Quick Freeze-Verfahren“ ab Vorliegen eines Anfangsverdachts von vorneherein nichts als ein bloßer Papiertiger ist“, so Becker
„Ich wünsche mir, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestags dies erkennen und zu Gunsten des Schutzes zehntausender Kinder vor sexualisierter Gewalt das Telekommunikationsgesetz für eine EU-rechtskonforme IP-Adressenspeicherung entsprechend nachbessern, statt den widersprüchlichen Interpretationen des Ministers zu folgen“.
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E-Mail: presse@kindervertretung.de
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