Medizintechnik

Apotheken hoffen auf bessere Zeiten

Der Deutsche Apothekertag (DAT) in Düsseldorf ging in diesem Jahr über gewöhnliche Diskussionen und Debatten hinaus und brachte betriebswirtschaftliche Fakten ans Licht. Claudia Korf, Geschäftsführerin Ökonomie der ABDA, präsentierte in ihrer Rede erschütternde Zahlen zu den betriebswirtschaftlichen Halbjahresergebnissen der Apotheken. Unter dem Leitsatz "Zahlen lügen nicht" forderte sie die Bundesregierung auf, diese Fakten ernst zu nehmen. Die Reaktion des Plenums war eindeutig: langanhaltender Applaus und stehende Ovationen.

Die alarmierenden Zahlen begannen mit einem Schock: Das erste Halbjahr 2023 verzeichnete den stärksten Rückgang der Apothekenanzahl seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1956. Am 30. Juni 2023 existierten nur noch 17.830 Apotheken, wovon 9.714 Einzelapotheken und 3.392 Filialapotheken waren. Die Prognose deutet auf einen weiteren Rückgang hin, mit nur noch 600 Betriebsstätten bis zum Jahresende. Dies führt zu einem drastischen Rückgang der Apothekendichte auf nur noch 21,1 Apotheken pro 100.000 Einwohner (der EU-Durchschnitt liegt bei 32 Apotheken pro 100.000 Einwohner). Korf kommentierte, dass dies keine angemessene Versorgung mehr darstellt und bezweifelte die Idee, dass mehr Filialen die Lösung des Problems sein könnten.

Obwohl die Gesamtzahl der Beschäftigten zurückging, stieg die Anzahl der Apothekerinnen und Apotheker leicht an. Dabei beträgt der Frauenanteil unter den Beschäftigten in Apotheken fast 90 Prozent, wobei 53 Prozent Teilzeit arbeiten. Der Blick in den Klimaindex deutet jedoch darauf hin, dass weniger Neueinstellungen geplant sind, trotz des Fachkräftemangels. Zudem suchen weniger Apotheken nach Personal, während eine steigende Anzahl von Apotheken Entlassungen plant, obwohl mehr Personal benötigt wird.

Claudia Korf betonte, dass es fair wäre, das Personal besser zu bezahlen, aber die Apotheken könnten nur das geben, was sie haben. Sie wies auf ein steigendes Aufgabenspektrum hin, darunter die Patientendatenleitung (pDL), Telepharmazie und Engpass-Management.

Ein weiteres Problem ist der Abwärtstrend der Apothekenvergütung. Während die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), das Bruttoinlandsprodukt und die Tariflöhne steigen, zeigt die Apothekenvergütung einen klaren Abwärtstrend. Korf appellierte an die Apothekerschaft, massiven politischen Druck auszuüben, um eine Honorarerhöhung zu erreichen.

Die Apotheke sei nicht das Hauptproblem der GKV, so Korf. Die GKV-Ausgaben für Apotheken im ersten Halbjahr 2023 liegen nur bei 2,4 Prozent. Im Vergleich dazu zeigt sich, dass die Vergütung für Vertragsärzte seit 2013 um 19,3 Prozent gestiegen ist. Bei ähnlicher Entwicklung im apothekerlichen Bereich müsste der Festzuschlag auf rund 10 Euro erhöht werden. Korf betonte die Notwendigkeit einer dringenden Anpassung des Festzuschlags und zusätzlicher Vergütungen für Mehraufwendungen.

Die betriebswirtschaftlichen Zahlen zeigten auch steigende Personalkosten, effektive Gehaltssteigerungen, höhere Raum- und Energiekosten sowie steigende Mietkosten. Der Apothekenabschlag erhöhte sich um knapp 16 Prozent, und das Betriebsergebnis vor Steuern sank im ersten Halbjahr 2023 um 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die Verteilung der Apotheken nach Betriebsergebnis verdeutlichte, dass bereits 11 Prozent der Apotheken kein positives Betriebsergebnis mehr haben. Weitere 15 Prozent verzeichnen ein Betriebsergebnis zwischen 0 und 50.000 Euro, 10 Prozent zwischen 50.000 und 75.000 Euro, und 64 Prozent haben ein Betriebsergebnis von über 75.000 Euro. Diese Zahlen verglich Korf mit den Bruttolohnkosten angestellter Krankenhausapotheker im öffentlichen Dienst, die bereits in Stufe 1 bei 74.500 Euro pro Jahr liegen.

Abschließend betonte Korf, dass das Kerngeschäft, die Arzneimittelabgabe, bereits unwirtschaftlich sei. Sie warnte vor einem weiteren Abwärtstrend und forderte Gegenmaßnahmen. Korf unterstrich die Bedeutung von Apotheken mit qualifiziertem Personal und lehnte Pseudoapotheken oder Abgabestationen ohne pharmazeutische Beratung ab.


Kommentar: Apotheken hoffen auf bessere Zeiten

Die betriebswirtschaftlichen Zahlen, die auf dem Deutschen Apothekertag präsentiert wurden, werfen ein düsteres Bild auf die Situation der Apotheken in Deutschland. Der dramatische Rückgang der Apothekenanzahl, die Abnahme der Apothekendichte und die steigende Anzahl von Apotheken ohne positives Betriebsergebnis sind alarmierende Indikatoren für die Gesundheitsversorgung im Land.

Die Forderungen nach einer angemessenen Vergütung und einer Anpassung des Festzuschlags sind angesichts dieser Zahlen mehr als gerechtfertigt. Es ist offensichtlich, dass die Apotheken ihren Beitrag zur Gesundheitsversorgung leisten, aber die wirtschaftliche Belastung zunimmt. Es ist höchste Zeit, dass politische Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass Apotheken in der Lage sind, ihre Dienstleistungen aufrechtzuerhalten und zu verbessern.

Die Betonung der Notwendigkeit von Apotheken mit qualifiziertem Personal und pharmazeutischer Beratung ist entscheidend. Die Apotheke ist nicht nur ein Ort für Medikamentenausgabe, sondern ein wichtiger Anlaufpunkt für Patienten, um fundierte Ratschläge und Informationen zu erhalten. Der Apothekertag verdeutlicht, dass es höchste Zeit ist, die Zukunft der Apotheken in Deutschland zu sichern, um die Gesundheitsversorgung für alle Bürger zu gewährleisten.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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