Energie- / Umwelttechnik

Ermöglichung der Rückkehr des Offshore-Konverterplattformbaus nach Rostock & Deutschland

Mit der heutigen Pressekonferenz von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und dem Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Meyer, auf der Warnow-Werft in Rostock-Warnemünde ist nun endlich offiziell geworden, was seit einigen Tagen bereits hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand berichtet und von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angedeutet worden war: Minister Pistorius macht den Weg frei und ermöglicht, nach längerem Zögern des Bundesverteidigungsministeriums, nun endlich den Bau von Offshore-Wind-Konverterplattformen auf dem südlichen Teil des Geländes in unmittelbarer Nachbarschaft zum Marinearsenal des Bundeswehr.

Für die ambitionierten Ausbaupläne der Bundesregierung stellen die Konverterplattformen eine industrielle Schlüsselkomponente dar, um die bis 2030 geplanten 30 GW Offshore-Windenergie erreichen zu können; zurzeit sind 8,3 GW installiert. Bis 2045 soll diese Zahl sogar auf 70 GW ansteigen und damit knapp ein Drittel zum Brutto-Strombedarf in Deutschland beitragen.

Der Bau der riesigen, rund 20.000 Tonnen schweren, Konverterplattformen ist aufwendig und technisch anspruchsvoll. Enorme Bedeutung hat insbesondere die neue Generation der 2-Gigawatt-Klasse, welche ab der zweiten Hälfte der 2020er Jahre zum Einsatz kommen soll. Dabei sollen sie nicht nur wie bisher den Strom der Offshore-Windfarmen über hunderte Kilometer direkt an die Küste bringen, sondern auch als sogenannte Multi-Terminal-Hubs die Stromnetze der Anrainerstaaten von Nord- und Ostsee vernetzen.

Bisher konnten Aufträge für die 2-GW-Plattformen in Europa lediglich an einen großen Werftstandort in Spanien vergeben werden; viele Aufträge, die vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges Richtung Ukraine ausgeschrieben wurden, gingen in den vergangenen Monaten nach Fernost. Inzwischen hat sich jedoch das Wissen durchgesetzt, dass den Bauplätzen der Konverter nicht nur eine immense Bedeutung für die Wertschöpfung und europäisches High-Tech-Knowhow zukommt, sondern diesen zentralen Gelenken der zukünftigen Energieinfrastruktur auch aus Sicherheits- und Energie-Resilienz-Gründen eine besonders große Bedeutung zugeschrieben werden muss. Das besonders große, schwerlastfähige Gelände in Rostock-Warnemünde ist damit in besonderer Weise dazu geeignet, ein wettbewerbsfähiger Serienfertigungsstandort für die größten Konverterstationen der 2GW-Klasse zu werden.

Die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE hat bereits seit Bekanntwerden der Insolvenz der MV-Werften Ende 2021 intensiv für eine Nutzung des Rostocker Standortes für die Offshore Windenergie geworben. So organisierte sie gemeinsam mit der IG Metall Küste im März 2022 eine Veranstaltung vor Ort mit zentralen Akteuren wie den Übertragungsnetzbetreibern, dem Insolvenzverwalter der MV-Werften, Dr. Christoph Morgen, dem Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Meyer, der damaligen Maritimen Koordinatorin des Bundes, Claudia Müller, sowie den Bundestagsabgeordneten Katrin Zschau (SPD) und Hagen Reinhold (FDP). Hierbei wies die Stiftung auf die hervorragenden Bedingungen für den Konverterbau am Standort sowie den enormen nationalen und internationalen Bedarf an Plattformen in den kommenden Jahrzehnten hin. Gemeinsam mit den Übertragungsnetzbetreibern und der IG Metall Küste setzte man sich in den darauffolgenden Monaten im Bundeswirtschaftsministerium und im Kanzleramt für die Entwicklung eines tragfähigen Konzeptes ein, leider zunächst ohne Erfolg.

Im August 2022 wurde das Werft-Gelände schließlich vollständig von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben übernommen und im Anschluss an das Marinearsenal des Verteidigungsministeriums verpachtet. Eine ursprüngliche Forderung seitens des Landes Mecklenburg-Vorpommern, auf dem nicht genutzten südlichen Teil der Fläche als Ko-Nutzung eine Industrieansiedlung für Konverterbau zuzulassen, fand dabei im Prozess der Eigentumsübernahme und späteren Verpachtung keinen Widerhall. Die dann anlaufenden Gespräche über eine mögliche Ko-Nutzung verliefen entsprechend schwierig und langwierig, insbesondere Sicherheitsbedenken seitens des Verteidigungsministeriums spielten eine wiederkehrende Rolle, ohne dass Ergebnisse erzielt werden konnten. Dies führte bedauerlicherweise dazu, dass eine geplante Unternehmenskooperation zum Konverterplattformbau aus dem belgischen Konzern Smulders und der deutschen MeyerNeptun-Werft bei laufenden Ausschreibungen durch die Übertragungsnetzbetreiber Amprion (zwei Konverterplattformen) und Tennet (14 Konverterplattformen) mit einem Auftragsvolumen von ca. 2 Mrd.€ pro Stück, nicht hat mitbieten können.

Eine positive Dynamik ergab sich zwar bereits seit Anfang des Jahres durch die Berufung von Boris Pistorius zum neuen Bundesverteidigungsminister, von Nils Hilmer zum neuen Staatssekretär im BMVg sowie von Dieter Janecek zum neuen Maritimen Koordinator der Bundesregierung, allerdings verliefen die Gespräche auch weiterhin zäh, Vorbehalte ließen sich nur langsam ausräumen. Der Durchbruch gelang dann schließlich in diversen Diskussionsrunden und Fachgruppen unter Initiative des Büros des Maritimen Koordinators ab Juli.

Hierzu sagt Karina Würtz, Geschäftsführerin der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE:

„Das ist eine hoch erfreuliche und immens bedeutsame Nachricht für Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland und Europa. Für Mecklenburg-Vorpommern, da die Ansiedlung des hoch-kapitalintensiven Konverterbaus einen Schub für die dort ansässige, weit verzweigte Zuliefererindustrie, für Arbeitsplätze und die Wertschöpfung in der Region sein kann. Für Deutschland ist die Nachricht aber mindestens genauso wichtig: eigene, schwerlastfähige, große Bauplätze für Konverterstationen sind unerlässlich und damit systemrelevant für unsere Offshore-Wind-Ausbauziele. Doch auch die gesamteuropäischen Ausbauziele profitieren von einem weiteren Standort.

Ohne eine Absicherung der Produktion dieser industriellen Schlüsselkomponente wird die Offshore-Energiewende nicht gelingen. Gleichsam sind die Konverterstationen elektrotechnisch hoch sensibel, der heimische und europäische Bau ist damit in jeder Hinsicht sicherheitspolitisch relevant. Damit kann man heute ohne Übertreibung von einer industrie- und sicherheitspolitischen Zeitenwende sprechen, die hoffentlich als Blaupause für weitere politische Diskussionen dienen wird, bspw. mit Blick auf eine gemeinsame Hafenausbaufinanzierung durch Bund und Länder oder eine Erweiterung des Finanzierungs-Instrumentariums für die Offshore-Wertschöpfungskette.

Das nächste dicke Brett für Rostock-Warnemünde wird nun in der zeitgerechten Sicherstellung der benötigten Finanzierungen und den Vergabeentscheidungen für den rechtzeitigen Bau der benötigten Kaikante bestehen. Wir von der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE gratulieren allen Beteiligten und werden den weiteren Prozess natürlich wie gehabt engagiert unterstützen.“

Über Stiftung Offshore-Windenergie

Die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE wurde 2005 zur Förderung des Umwelt- und Klimaschutzes durch eine verbesserte Erforschung und Entwicklung der Windenergie auf See gegründet. Sie hat sich als ein überparteilicher, überregionaler und sektorenübergreifender Thinktank zur Entwicklung der Offshore-Windenergie in Deutschland und Europa etabliert. Die Stiftung ist Kommunikationsplattform für Akteure aus Politik, Wirtschaft und Forschung, dient dem Wissensaustausch und versteht sich als Ideengeber und Multiplikator. Gleichzeitig bündelt sie die verschiedenen Interessen und vertritt sie gegenüber Politik, Öffentlichkeit, Wirtschaft und Wissenschaft. Im Stiftungskuratorium sind sowohl wichtige Bundes- und Landministerien für den Offshore-Wind-Bereich wie auch Betreiber, Hersteller, Übertragungsnetzbetreiber, Zulieferer, Banken und Versicherungen vertreten.

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