Fachleute rechnen mit verschärftem sexuellem Missbrauch durch Digitalisierung
Als Teil der Covid-Maßnahmen waren weltweit Schulen vorübergehend geschlossen worden. Um den Unterrichtsausfall zu kompensieren, hatten Regierungen in vielen Ländern digitale Endgeräte eingesetzt, um über virtuelle Lernplattformen Unterrichtsinhalte zu vermitteln. Dies hatte aber ungewollt zur Folge, dass sich damit auch die Möglichkeiten von sexuellem Missbrauch über das Internet deutlich erhöhten.
Ekkardt Sonntag, Leiter des World Vision Instituts für Forschung und Entwicklung: „Sexualisierte Online-Gewalt kann jedes Kind überall auf der Welt betreffen und verschiedenste Formen annehmen: Von sogenanntem Cyberbullying unter Gleichaltrigen über gefilmte und online veröffentliche analoge Gewalthandlungen bis hin zu armutsbedingtem Livestreaming ist im Netz alles möglich. Es ist ein komplexes Phänomen, welches oft Ländergrenzen überschreitet.“
In ärmeren Kontexten, auch in Ländern des globalen Südens, werden Kinder von Mittelspersonen, teils der eigenen Familie, vor die Livestreamingkamera gestellt, um gegen Bezahlung nackt zu posieren oder sogar von Dritten vergewaltigt zu werden. Die zahlenden Konsumenten und Konsumentinnen solchen Materials sitzen oft in den reicheren Ländern des globalen Nordens.
Die Studie zeigt deutliche Lücken im digitalen Kinderschutz bei Politik, Strafverfolgung, und Unternehmensverantwortung der Tech-Companies auf. Aber auch mögliche Lösungsansätze werden genannt. Dazu gehören die Priorisierung von Kinderschutz im digitalen Raum, v.a. durch gesellschaftliche Aufklärung und altersgerechte Kinderrechte-Bildung und Medienkompetenz ab der ersten Klasse.
World Vision Kinderrechtereferentin und Mitautorin Kristina Kreuzer: “Das Recht auf Schutz für Kinder muss auch im digitalen Raum gelten – dennoch gibt es angesichts des rasanten technischen Fortschritts viele Lücken und große Unwissenheit in Gesellschaft, Politik und bei Fachkräften der sozialen Arbeit.“
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Corona Pandemie hat die Lage bleibend verschärft. Täterinnen und Täter unterliegen durch die Homeoffice-Regelungen weniger sozialer Kontrolle als zuvor und können wesentlich mehr Zeit im Internet verbringen. Ebenso haben spätestens mit dem pandemiebedingten Homeschooling Kinder aller Bevölkerungsschichten einen Zugang zum Internet erlangt, ohne auf die Risiken digitalisierter Kriminalität vorbereitet worden zu sein.
„Kriminelle können Kinder zum Beispiel per ‚Copy-and-Paste‘ zu tausenden auf Spieleplattformen mit derselben Nachricht ansprechen, durch Übersetzungssoftware auch in Sprachen, die sie nicht beherrschen. Außerdem macht das Internet das Trauma für Kinder und Jugendliche permanent, denn Missbrauchsmaterial kann nie endgültig gelöscht werden Es gibt erschreckend viele Missbrauchsmöglichkeiten“, erklärt Co-Autorin Caterina Rohde-Abuba.
Die komplette Studie zum Download: (ab 15. September) World_Vision_Studie_2023_sexualisierte_Gewalt.pdf
World Vision ist eine internationale Hilfsorganisation mit über 70 Jahren Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Nothilfe. Sie setzt sich in rund 100 Ländern mit eigenen Programmen und auch anwaltschaftlich dafür ein, dass jedes Kind die Chance auf ein erfülltes Leben bekommt. Gemeinsam mit vielen Partnern leistet World Vision Tag für Tag partnerschaftlich Hilfe für Millionen Kinder in Not und befähigt Kinder, Familien und Gemeinschaften, nachhaltig Armut und Ungerechtigkeiten zu überwinden. Dies geschieht aus christlicher Motivation und in Übereinstimmung mit den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung. World Vision Deutschland ist Teil des internationalen Netzwerkes von World Vision und in Deutschland unter anderem Mitglied von VENRO und Aktion Deutschland Hilft. Weitere Infos unter: www.worldvision.de
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