G20-Gipfel geprägt vom Gerangel um die Zukunft von Öl und Gas
– Germanwatch sieht durchwachsenes Ergebnis: Resultate sind Zeichen für intensiven Machtkampf zwischen Interessen der fossilen Energien und des Klimaschutzes
– Umso wichtiger werden nun Weichenstellungen für den Ausbau Erneuerbarer Energien, Energieeffizienz, Klimafinanzierung und den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas beim Klimagipfel im Dezember
Ein durchwachsenes Fazit zieht die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch zum G20-Gipfel in Indien. „Die G20 haben es zwar geschafft, mehr Dynamik für eine massive Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien im Vorfeld der Weltklimakonferenz zu erzeugen. Aber insbesondere Russland und Saudi-Arabien haben verhindert, dass auch der Ausstieg aus Öl und Gas angekündigt wurde. Beide Länder wollen durch weitere Verkäufe von Öl und Gas ihre Stellung in der Welt absichern“, so Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Dieses Gerangel wird bis zum Klimagipfel im Dezember weitergehen und in Dubai wird sich entscheiden, ob es so ausgeht, dass die Pariser Klimaziele in Reichweite kommen. Immerhin wurde aber erstmals deutlich herausgearbeitet, dass weit mehr als die bisher zugesagten 100 Milliarden Dollar jährlich für Klimaschutz und –anpassung in den ärmeren Ländern mobilisiert werden müssen.“
Die indische G20-Präsidentschaft hatte eine anspruchsvolle Verhandlungsdynamik vor dem Hintergrund einer schwierigen geopolitischen Lage zu moderieren. Bals: „Mit seiner Abwesenheit hat der chinesische Staatschef Xi die indische G20-Präsidentschaft brüskiert. Offen ist, ob China damit auch die G20 insgesamt im Verhältnis zu einer erweiterten BRICS-Gruppe abwerten will. Wenn das der Plan Chinas war, dann hat allerdings die nun auf den Weg gebrachte Vollmitgliedschaft der Afrikanischen Union dem einen Strich durch die Rechnung gemacht. China will vielleicht auch den Westen brüskieren, aber sicher nicht Afrika, wo China massive wirtschaftliche Interessen hat.“
Lücke zwischen Bekenntnissen zu Klimazielen und Taten „absurd groß“
„Noch ist die Lücke zwischen den vollmundigen Bekenntnissen der G20 zu den Klimazielen von Paris und der Ernsthaftigkeit der eigenen Klimapolitik absurd groß. Messlatte für die Ernsthaftigkeit der Bekenntnisse zum Klimaschutz werden nun einerseits die Beschlüsse des Klimagipfels von Dubai werden und andererseits, ob eine massive Beschleunigung für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz, ein Zurückfahren von Kohle, Öl und Gas sowie eine neue Größenordnung der Klimainvestitionen überall gelingt“, so Bals. „Mit diesen Investitionen müssen die G20-Staaten zuhause vorangehen und zugleich Klimaschutz und -anpassung in ärmeren Ländern unterstützen.“
Hoffnung für ehrgeizige COP28-Beschlüsse macht das neue Erneuerbare-Energien-Ziel. „Die vereinbarte Verdreifachung der Erneuerbaren-Kapazität bis 2030 ist ein echter Hoffnungsschimmer. Auch wenn wir uns zudem ein ehrgeiziges und konkretes jährliches Ausbauziel gewünscht hätten“, betont Bals.
Besorgniserregend seien aber die Beschlüsse zur CO2-Abscheidung und –speicherung (CCS). Es werde nicht definiert, wann und mit welchen Qualitätsmerkmalen CCS zum Einsatz kommen dürfe. Christoph Bals: „Wenn der Einsatz von CCS in Dubai nicht präzisiert wird, droht hier eine Verlängerung der Lizenz für Kohle, Öl und Gas. Dies würde die Klimaziele von Paris massiv torpedieren. CCS darf nur in industriellen Prozessen für Restemissionen zum Einsatz kommen, wenn eine Produktion ohne fossile Energien noch nicht möglich ist.“
Fortschritte bei internationaler Klimafinanzierung in Sicht
Neue Impulse für die internationale Klimafinanzierung und die Neuausrichtung der Finanzströme lassen hoffen. Erstmals erkennen die G20 an, dass Finanzströme für Klimaschutz, Anpassung und Schadensbewältigung in einer ganz neuen Größenordnung organisiert werden müssen. „Für eine solche Steigerung der Investitionen bedarf es deutlich mehr Klimafinanzierung durch alle großen und relativ reichen Emittenten, neuer Finanzinstrumente wie Abgaben auf den internationalen Schiffs- und Flugverkehr sowie eines Umbaus der globalen Finanzinstitutionen wie Weltbank und Internationalem Währungsfonds“, erklärt Bals.
Unter dem Titel „LiFE“ – Lifestyles for Sustainable Development – stärkt die indische G20-Präsidentschaft neben den technischen Lösungen für eine nachhaltige Zukunft auch Verhaltenslösungen. „Der Abbau der Subventionen für fossile Formen des Lebensstils und der Aufbau von CO2-Preissystemen, deren Einnahmen insbesondere an die ärmere Hälfte der Bevölkerung zurückfließen, die in der Regel auch für deutlich weniger Emissionen verantwortlich ist, gehören zu den wirkungsvollsten Rahmensetzungen für solche Änderungen des Lebensstils. Die G20-Länder sollten solche Ansätze vorantreiben“, sagt Rixa Schwarz, Leiterin des Bereichs Internationale Klimapolitik bei Germanwatch.
Auch Deutschland steht in der Pflicht. „Deutschland sollte gerade mit Indien seine wichtigen bilateralen und multilateralen Partnerschaften intensivieren, um das bevölkerungsreichste Land der Welt auf dem beschleunigten Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen“, betont Schwarz. „Die von Indien angestoßenen Initiativen wie die Industriekoalition für Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft und LiFE sowie konkrete nächste Schritte zum Ausbau der Erneuerbaren Energien in Indien bieten sich dafür nun an.“
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