Bauen & Wohnen

Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten: Mieterschutz beim Bündnis bezahlbarer Wohnraum kein Thema

Am kommenden Montag, den 25. September, präsentiert das von der Bundesregierung ins Leben gerufene „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ seine Zwischenergebnisse. Am Vormittag findet die "Spitzenrunde des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum" mit Bundesbauministerin Klara Geywitz, am Nachmittag der "Bündnis-Tag bezahlbarer Wohnraum" mit Bundeskanzler Olaf Scholz statt. Der Deutsche Mieterbund (DMB), der an diesem Bündnis zusammen mit einer Reihe anderer Verbände beteiligt ist und an beiden Veranstaltungen teilnimmt, fordert die Bundesregierung auf, endlich mietrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, um den rasanten Mietenanstieg zu stoppen. Das Bündnis hatte sich trotz intensiver Bemühungen des DMB geweigert, mietrechtliche Reformen auf seine Agenda zu setzen.          

„Einen ‚Bündnis-Tag bezahlbarer Wohnraum‘ mit dem Bundeskanzler zu veranstalten, ohne dabei das Thema Mietrecht auch nur ansatzweise mitzudenken, ist absolut unverständlich und nicht nachvollziehbar“, kritisiert der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten.
 
Der Deutsche Mieterbund erwartet von der Bundesregierung konkrete Maßnahmen zur Lösung der größten Bau- und Mietenkrise der letzten 50 Jahre. Im Vorfeld des Gipfels war bekannt geworden, dass die Ampel-Regierung der angeschlagenen Wohnungswirtschaft durch verbesserte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten im Rahmen der sogenannten Sonder-AfA auf die Sprünge helfen will. Die Absicht, per degressiver AfA Steuergeschenke für Immobilieninvestoren zu verteilen, schafft aus Sicht des Deutschen Mieterbundes jedoch keinen dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum.    

„Ohne Gegenleistung in Form einer Verpflichtung zu einer bezahlbaren Mietobergrenze, ist die geplante Sonder-Afa ein Geschenk für Investoren von Dachgeschosswohnungen im Hochpreis-Segment in Berlin-Mitte, aber keine flächendeckende Konjunkturspritze für den bezahlbaren Wohnungsbau. Noch immer fehlt zum Leidwesen der betroffenen Mieterinnen und Mieter ein schlüssiger Plan, wie die Krise am Wohnungsmarkt gelöst werden soll“, so Siebenkotten.
 
Die Wohnungskrise in Deutschland spitzt sich unterdessen ungebremst weiter zu. So werden allein 2023 laut einer vom Mieterbund und anderen Organisationen in Auftrag gegebenen Studie mehr als 700.000 Wohnungen fehlen – vor allem Sozialwohnungen und bezahlbare Mietwohnungen. 2022 wurden weniger als 300.000 Wohnungen fertiggestellt, für 2023 und 2024 sehen die Prognosen noch einmal deutlich geringere Fertigstellungszahlen vor. 400.000 Wohnungen wollte die amtierende Bundesregierung jährlich neu bauen, davon 100.000 Sozialwohnungen. Dieses Vorhaben ist bislang auf ganzer Linie gescheitert. Hinzu kommt, dass der Wohnungsneubau, so wie er derzeit stattfindet, keine Entlastung für die extrem angespannten städtischen Wohnungsmärkte schafft. Denn ein Großteil der Neubauwohnungen ist für die meisten Mieterinnen und Mieter nicht bezahlbar. Von den 2022 rund 295.000 neu gebauten Wohnungen sind weniger als ein Drittel klassische Mietwohnungen und weniger als ein Zehntel bezahlbare Sozialwohnungen.
   
Der Druck auf die Mieten verstärkt sich dadurch enorm. Nicht nur die Angebotsmieten bei Neu- und Wiedervermietung steigen 2023 z.B. in Berlin bisher mit 27 Prozent zweistellig, sondern auch die Mietspiegel – zuletzt in München um 21 Prozent. Davon sind neben den Metropolen besonders auch die Angebotsmieten in ländlichen Wohnungsmärkten wie z.B. im Saarland (plus 7,9 Prozent), Brandenburg (plus 9,1 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (plus 10,3 Prozent) betroffen.
 
In Deutschland wohnen etwa 53 Prozent der Haushalte zur Miete. Laut einer aktuellen Studie des Öko-Instituts gehört etwa die Hälfte dieser Haushalte, rund 12 Millionen, zu den untersten drei Einkommensklassen. Zudem ist jeder dritte Mieterhaushalt durch seine Wohnkosten überlastet. 3,1 Millionen Haushalte geben für ihre Kaltmiete inklusive Heizkosten sogar mehr als 40 Prozent ihres Einkommens aus. Für viele ist Wohnen zum Armutsrisiko geworden.
 
All das kann aus Sicht des Deutschen Mieterbundes nur dazu führen, dass auch dem Allerletzten einleuchten muss: Wir brauchen endlich die dringend notwendigen mietrechtlichen Reformen – und zwar nicht nur die zwischen den Ampelkoalitionären vereinbarten, sondern deutlich darüberhinausgehende, wie die Ahndung von Wuchermieten, eine scharfe Mietpreisbremse, den Mietenstopp im Bestand und das Verbot von Indexmieten. Zudem ist laut Deutschem Mieterbund unabdingbar, die ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbarte und vom Deutschen Mieterbund seit langem geforderte Neue Wohngemeinnützigkeit Realität werden zu lassen. Sie würde ermöglichen, dass geförderte Wohnungen, die nur mit Wohnberechtigungsschein (WBS) angemietet werden können, für die Dauer ihrer Existenz und nicht nur für zwanzig oder dreißig Jahre mietpreisgebunden sind, und somit mehr bezahlbarer Wohnraum auf dem Markt dauerhaft zur Verfügung steht.
 
„Da hilft es auch nicht weiter, wenn zwar das Bauministerium ein Eckpunktepapier mit drei Vorschlägen zur Neuen Wohngemeinnützigkeit verfasst, aber innerhalb der Bundesregierung kein Einvernehmen darüber erzielt werden kann und die notwendigen Fördermittel nicht zur Verfügung gestellt werden,“ erklärt Siebenkotten. „Ebenso wenig hilft es weiter, dass der für das Mietrecht zuständige Minister Buschmann sich als ‚Mietrechtverweigerungsminister‘ hervortut und noch nicht einmal die minimalen mietrechtlichen Verbesserungen umsetzt, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden.“

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