Verkehrsplanungen freigegeben – für die Tonne
Die Senatorin hat nach dem lauten Protest als Folge ihres unprofessionellen Radwegestopps dazugelernt. Jetzt bemüht sie die Mühlen der Verwaltung, um das Herzensprojekt von CDU und SPD zu forcieren: die Bewahrung der autogerechten Stadt. Dazu wirft sie noch eine so vorhersehbare wie durchsichtige Nebelkerze und lenkt mit der althergebrachten Forderung einer Helmpflicht ab.
Die Senatorin behauptete, dass nur 19 Projekte von Überprüfungen betroffen wären. Die Boelckestraße gehörte NICHT dazu und wurde trotzdem überprüft – und geändert. In den vom Senat geänderten Plänen zur Boelckestraße werden die Standards des Mobilitätsgesetzes (bzw. des Radverkehrsplans) nicht eingehalten. Um Parkplätze zu erhalten, soll der Radstreifen durch die Dooring-Zone führen. Parkplätze sind der Regierung wichtiger als die Sicherheit der Menschen durch geschützte Radwege auf Hauptverkehrsstraßen, wie es das Mobilitätsgesetz vorschreibt.
„Wie viele Projekte gibt es noch, die wie die Boelckestraße angeblich wie geplant umgesetzt werden sollten und dann doch von der Senatsverwaltung „geschreinert“ werden? Was sind die Versprechen der Senatorin wert? Die Ungereimtheiten häufen sich: Mit den Anordnungen zur Ollenhauerstraße habe sie nichts zu tun, behauptete sie – E-Mails belegen aber ihre Verantwortung. In der Boelckestraße und in der Sonnenallee mischt der Senat nun heimlich mit. Wie viele noch?“, fragt Jens Steckel vom Netzwerk fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg.
In der Sonnenallee ist die Finanzierung plötzlich ungewiss, weil nicht näher definierte, aber zeitraubende „Umplanungen“ eine Fertigstellung dieses Jahr blockieren und dadurch Bundesfördermittel verfallen.
„Die CDU und SPD arbeiten offensichtlich gezielt daran, das Mobilitätsgesetz und den Radverkehrsplan zu verwässern. Es fing mit dem Radwegestopp und den Überprüfungen an und setzte sich mit der Budget-Halbierung fort. Jetzt wird an den Standards gesägt: zwar nicht mehr mit großer Geste, aber still und bürokratisch. Die Senatorin lässt die Radverkehrsprojekte genüsslich in den Mühlen der Verwaltung zerreiben“, kommentiert Ragnhild Sørensen von Changing Cities.
Vor allem gute Standards für Radwege haben für die Senatorin keinen Wert. Seit der Amtsübernahme sprechen sie und Kai Wegner (CDU) unisono davon, dass schmalere Radwege hier und da durchaus sinnvoll seien. „Da fährt ja eh niemand Rad“, lautet die Argumentation, „warum also an den Breiten festhalten?“
Radwegestandards sind unverzichtbar: Sie gewährleisten dass Radwege stets als solche erkannt werden und nutzbar sind – das erhöht die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden. Zweitens garantieren die von Verkehrsplaner*innen definierten Standards, dass die Benutzung sicher und attraktiv ist: Es gibt genug Platz zum Überholen, der Untergrund hat eine bestimmte Qualität, und die Beschilderung ist überall gleich. Drittens ermöglichen Standards einen schnellen Ausbau: Bei 15 Prozent der Wege kann laut Radverkehrsplan von den Standards abgewichen werden, aber prinzipiell können die Verwaltungen einfach anordnen und planen: Das spart Geld, Ressourcen und Personal.
Genau deshalb sollen diese Standards nun zwischen den Mühlensteinen der Bürokratie zerrieben werden. Denn wer protestiert schon, wenn ein Radweg 20 cm schmaler wird oder der Schutz über ein paar hundert Meter wegfällt? Aber das stete #Schreinern – Schritt für Schritt, Planung für Planung, Ausnahme nach Ausnahme – kaschiert nur die laufende Demontage des Radverkehrsnetzes in Berlin. Radfahren wird also immer unsicherer, auch wenn „mehr“ Radwege gebaut werden. Deswegen sagen wir: Schluss mit dem #Schreinern #NichtMitUns
Weiterführende Links:
Bericht des Tagesspiegels über Sonnenallee vom 06.09.2023:
https://www.tagesspiegel.de/…
Pressemitteilung zu Boelckestraße vom 06.09.2023: https://www.berlin.de/…
Bericht des rbb über Helmpflicht vom 05.09.2023: https://www.rbb24.de/…
Informationen zu Changing Cities e.V.: https://changing-cities.org
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https://www.picdrop.de/…
Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt lande#- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.
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