Vorsicht Falle: Das Geschäftsmodell „Handwerker-Widerruf“
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat dies mit Urteil vom 17.05.2023, AZ C-97/22 nochmals deutlich klargestellt. In der der Entscheidung wurde dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zugebilligt auf Grundlage eines mündlich geschlossenen Vertrages – außerhalb von Geschäftsräumen – über die Erneuerung von Elektroinstallationen; es fehlte dort die (Widerrufs-) Belehrung nach Art. 246a EGBGB, §§ 312 d Abs. 2, 312b, 312 g Abs. 1 BGB.
Die Konsequenz: Der Kunde behielt zwar die von dem betroffenen Handwerker erbrachte Leistung, dieser musste aber gleichwohl den geleisteten Werklohn vollständig zurückzahlen.
Wohin diese lebensfremde Handhabung der Beauftragung von (zusätzlichen) Leistungen direkt auf der Baustelle führen kann, zeigt eindrucksvoll ein kurz danach vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedener Fall:
Entscheidungsgrundlage war dort (BGH, Urteil vom 06.07.2023, AZ VII ZR 151/22) ein bereits mangelfrei abgewickelter und bezahlter Werkvertrag über Sanierungsmaßnahmen und anschließendem Zusatzauftrag am Haus des Klägers. Dieser widerrief den Vertrag schriftlich unter Beifügung eines von einem Anwalt stammenden Flyers, der überschrieben war mit dem Werbeslogan: „Der Handwerker-Widerruf – Schützen Sie sich vor unseriösen Handwerkern“ und nahm den Handwerker auf Rückzahlung der vereinbarten Vergütung für den zweiten erteilten Auftrag in Anspruch; eine Widerrufsbelehrung war – unstreitig – nicht erfolgt.
Anders als in dem vom EuGH entschieden Fall hat der BGH hier aber klargestellt, dass die Voraussetzungen für ein Widerrufsrecht im entschiedenen Fall nicht vorlagen. Ein Widerrufsrecht ergebe sich aus den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften. Diese setzten unter anderem voraus, dass es sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag handele, § 312 b BGB, dessen Voraussetzungen hier nach Auffassung des BGH nicht erfüllt seien.
Entscheidend war dabei der (besondere) Umstand, dass der Handwerker zunächst ein Angebot unterbreitet hatte, welches der Verbraucher erst einen Tag später annahm. Damit lagen- so der BGH – weder die Voraussetzungen von § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB – gleichzeitige körperliche Anwesenheit außerhalb von Geschäftsräumen – vor, noch – da Angebot und Annahme zeitlich auseinanderfielen – die des § 312b Abs. 1 Nr. 2 BGB, der ein Angebot des Verbrauchers zur Voraussetzung hat.
Auch wenn der betroffene Handwerker in diesem Fall Glück hatte und seinen verdienten Werklohn behalten durfte, ist nicht zu übersehen, dass das Gericht sich hier in dem augenscheinlichen Bemühen um die Vermeidung eines wohl nur als ungerecht zu empfindenden Ergebnisses große Mühe gemacht hat, Besonderheiten des Sachverhalts zu bemühen. Auch die Berufung des Klägers auf den anwaltlichen Flyer dürfte zu dem für den Handwerker positiven Ausgang des Verfahrens beigetragen haben.
Eine allgemeine Entwarnung stellt das Urteil jedenfalls nicht dar. Der Handwerker ist daher gut beraten, immer zunächst ein Angebot zu erstellen und an den Verbraucher zu versenden anstelle sich verleiten zu lassen, Vertragserklärungen auf der Baustelle an den Verbraucher zu richten.
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