Bitcoin: Auf den Krypto-Winter könnte jetzt der Frühling folgen
Von einem Aus kann jedoch nicht die Rede sein: Wer bereits Anfang des Jahres in das Krypto-Asset investiert und Ruhe bewahrt hat, kann sich derzeit über ein Plus von rund 75 % freuen. Ob der neuerliche Kursausbruch eine nachhaltige Wende am Krypto-Markt einläutet, wird sich noch zeigen müssen. Klar ist aber, dass in den kommenden Monaten nach einem bis jetzt vergleichsweise langen Seitwärtstrend deutlich mehr Bewegung in den Markt kommen dürfte.
ETFs könnten Krypto neues Leben einhauchen
Katalysator für den neuerlichen Kursausbruch waren Gerüchte zum baldigen Start des iShares-ETF auf Bitcoin des Vermögensverwalters Blackrock. Zwar hatten sich anfängliche Meldungen um eine Zulassung durch die US-Börsenaufsicht SEC als falsch herausgestellt, angefacht wurde die Stimmung am Markt kurze Zeit später wiederum durch das Auftauchen des Handelskürzel „IBTC” – ein Hinweis auf den iShares-ETF – auf der Seite des amerikanischen Clearinghauses „Depository Trust & Clearing Cooperation”, kurz DTCC. Für viele Anleger war das Grund genug, Bitcoin dazuzukaufen oder zurück in ihr Portfolio zu holen – so trieben sie den Kurs nach oben.
Nicht ganz ohne Ironie legt die Krypto-Community ihre ganze Hoffnung für ein Comeback des Marktes derzeit auf die traditionelle Finanzwelt, der Krypto-Fans mit ihren dezentralen Blockchain-Projekten eigentlich einst die Stirn bieten wollten. Doch bei allem Idealismus dürfte vielen Fans von Bitcoin und Co mittlerweile klar geworden sein, dass die digitalen Assets ihre Schwäche kaum aus eigenem Antrieb überwinden können. Denn was derzeit fehlt, ist frische Liquidität, die dem Sektor neues Leben einhaucht. Und genau diese Liquidität könnte durch die Zulassung eines Spot-ETF kommen. Sollte die SEC Blackrock grünes Licht geben, dürfte das der Startschuss für eine ganze Welle an weiteren kryptobasierten ETFs sein. Ist die erste Zulassung durch, wird es für die SEC zunehmend schwer zu begründen, warum anderen Anbietern der Zugang verwehrt bleiben sollte. Denn derzeit warten auch Finanzhäuser wie Grayscale, Wisdomtree, vanEck und viele mehr auf eine Zulassung ihrer kryptobasierten Finanzprodukte – und zwar teils nicht nur zu Bitcoin, sondern auch zu ETFs auf Grundlage anderer Krypto-Assets wie Ethereum. Sollte die Zulassung in den kommenden Monaten kommen – was derzeit nicht unwahrscheinlich scheint –, dürfte die Verbindung zwischen traditionellem und dezentralem Finanzmarkt deutlich enger werden.
Ehemaliger Krypto-Vorreiter EU mittlerweile abgeschlagen
Auch im Bereich Regulierung stehen Umbrüche kurz bevor. Die Europäische Union (EU) hat in diesem Jahr mit der Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Micar) einen neuen Rechtsrahmen für den Kapitalmarkt eingeführt, dessen Regeln jetzt nach und nach in Kraft treten. So gelten ab Juli 2024 Bestimmungen für Stablecoins und E-Geld-Token, also Token auf Basis von Fiat-Währungen wie dem US-Dollar, die mittlerweile zur tragenden Säule des Krypto-Marktes geworden sind. Die Regulierung soll für mehr Transparenz und Sicherheit für Anleger sorgen und Innovationen befördern. Das ist vor allem für Investoren wichtig, aber auch für die EU als solche, da die Union, ehemals Vorreiter beim Thema Krypto, global mittlerweile weit abgeschlagen ist.
Belegte die EU beim Transaktionsvolumen für digitale Assets mit einer Billion US-Dollar 2021 noch den weltweiten Spitzenplatz, dominieren mittlerweile andere Länder den Sektor. Laut dem Datenanalysten Chainalysis stehen jetzt die USA an erster Stelle mit einem Transaktionsvolumen von knapp über einer Billion US-Dollar, danach folgen Indien, Großbritannien, Türkei und Russland. Vor allem in Ländern mit sehr hoher Inflation und schwacher Währung sind Bitcoin und andere digitale Assets als Inflationsschutz äußerst beliebt. In der Türkei etwa hat etwa die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung bereits in Krypto investiert. In Deutschland sieht das noch anders aus: Die Investment-Bedingungen bleiben dank progressiver Regulierung zwar nach wie vor sehr gut, doch beim Transaktionsvolumen rangiert Deutschland als einziges EU-Land im internationalen Ländervergleich mittlerweile auf Platz neun.
Fest steht: Die EU und Deutschland spielen kaum noch Rolle, der Markt hat sich weitestgehend auf die USA und Asien aufgeteilt. Mit Micar könnte die EU wieder relevant werden, denn ein einheitlicher Rechtsrahmen für die 27 Mitgliedstaaten wird es Unternehmen und institutionellen Investoren einfacher machen, sich auf dem europäischen Markt zu etablieren.
Geringe Korrelation als großer Pluspunkt
Was Bitcoin trotz besserer Aussichten derzeit zu fehlen scheint, ist die notwendige Relevanz, um sich als Alternative zu konkurrierenden Anlageklassen wie Aktien und Gold zu positionieren. Klassische Assets kamen deutlich besser durch die Krise, wie der Goldkurs und auch der Verlauf des S&P 500 zeigen. Trotz hoher Inflation sind das Edelmetall und der US-Index derzeit nicht weit von ihren Höchstmarken entfernt, während Bitcoin noch rund 50 % hinter seinem Allzeithoch von knapp 69.000 US-Dollar entfernt ist. Doch vielleicht liegt gerade hier die derzeitige Stärke von Bitcoin. Denn über die vergangenen Monate hat sich das Krypto-Asset erfolgreich von anderen Anlageklassen abgekoppelt. Zwar besteht noch eine Korrelation zu Gold, davon abgesehen entwickelt sich Bitcoin aber immer unabhängiger von Indizes wie dem Nasdaq und dem S&P 500. Sollte dieser Trend anhalten, auch wenn der Aktienmarkt konsolidiert, könnten Kryptos zu alter Stärke finden: als feste Beimischung zur Diversifizierung im Portfolio neben Aktien, Anleihen und Gold.
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