Der Verbandstag am 26. Oktober 2023 im Gürzenich zu Köln
Mitglieder, auch des Dachverbandes Deutscher Steuerberater-Verband (DStV) und seiner Regionalverbände, sowie zahlreiche Ehrengäste waren der Einladung gefolgt: Repräsentanten aus Wirtschaft, Politik und Medien, Institutionen und Kammern, Finanzverwaltung und Gerichtsbarkeit. Themen der Ansprachen waren aktuelle steuerrechtliche und berufsständische Themen, aber auch politische und wirtschaftliche Entwicklungen.
Die Rede des Präsidenten
Mit einem eindringlichen Appell ging Gero Hagemeister eingangs auf die weltpolitische Lage ein: „Wir müssen der Ukraine und Israel, denen auf bestialische Weise das Existenzrecht abgesprochen wird, verlässlich und vor allem dauerhaft beistehen.“
Die aktuelle Lage in Deutschland werde auch durch den deutlich wachsenden Finanzbedarf von Bund, Ländern und Kommunen sowie der Sozialversicherung bestimmt. Außerdem belasteten deutlich gestiegene Inflationsraten, das erhöhte Zinsniveau sowie die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen aus Zuwanderung, Klimawandel und Demographie die deutsche Gesellschaft.
Der Präsident erinnerte daran, dass diese Kosten aus Steuereinnahmen bestritten werden müssen und wies darauf hin, dass ausweislich der Daten des Bundesfinanzministeriums im Jahr 2022 die oberen 50 Prozent aller Steuerpflichtigen beeindruckende 94 Prozent, die oberen 10 Prozent beachtliche 56 Prozent des Einkommensteueraufkommens decken. „Lässt man diese Zahlen einmal auf sich wirken, dann ist von einer oftmals behaupteten unerträglichen sozialen Schieflage wohl nichts mehr zu sehen“, stellte er fest.
Gero Hagemeister plädierte dafür, dem seit Jahrzehnten bewährten Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sowie einer Einhaltung des Nettoprinzips nachhaltig Geltung zu verschaffen. Man müsse die Frage beantworten, wovon die Volkswirtschaft künftig leben soll. „Vor der Verteilung steht zunächst die Erarbeitung“, stellte er fest.
Vehement wandte sich der Präsident weiterhin gegen das von staatlicher Seite zum Ausdruck gekommene Misstrauensvotum, das in der Anzeigepflicht für internationale und nationale Steuergestaltungen zum Ausdruck komme: „Steuerberatung, so wie wir sie verstehen, ist keine Steuerhinterziehungsberatung! Exzesse, Schieflagen und – ja – unanständige Gestaltungen beraten und vertreten wir nicht“, betonte er. „Komplexe internationale Firmenkonstrukte, weltweit verschachtelte Zahlungsströme und die Nutzung weit entfernter Steueroasen sind weder das Ding unserer Mandanten noch von uns Steuerberatern!“
Gero Hagemeister bezeichnete es als „Ärgernis, wenn aus dem Ausland bzw. von internationalen Gestaltungsboutiquen zwielichtige oder gar strafbare Steuermodelle vertrieben werden und Gesetzgeber bzw. Verwaltung darauf mit einer hektischen und immer weitergehenden Verschärfung der Steuergesetze reagieren.“
Die Zahlen belegen die Wirkungslosigkeit der Anzeigepflicht, wie der Präsident eindrucksvoll belegte: „Nach Auskunft der Bundesregierung sind bisher 27.000 Mitteilungen an die Finanzverwaltung erfolgt, wovon 24 Modellen nachgegangen wurde. Das ist ein Anteil von 0,08 Prozent!“ Er schlug vor, „die engagierten und spezialisierten Finanzämter für Groß- und Konzernbetriebsprüfungen bzw. für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung einfach ihren Job machen zu lassen“.
Kritisch äußerte sich der Präsident auch zu der geplanten Modernisierung der Betriebsprüfungen durch das sogenannte DAC 7 Umsetzungsgesetz: „Die Ausweitung der Mitwirkungspflichten, des Zugriffs auf digitale Unternehmensdaten, ein schnelleres und gravierenderes Verwerfen der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung mit entsprechenden Zuschätzungen sowie die Einführung eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens mit insgesamt verschärften Sanktionsmöglichkeiten weist im Verhältnis Steuerbürger und Fiskus in die falsche Richtung“, bemängelte er.
Zum Thema Bürokratieabbau konstatierte der Präsident, dass die Politik bereits die Abschaffung des Meldescheins bei Hotelübernachtungen (zumindest für Inländer) oder eine Verkürzung der Aufbewahrungspflichten um zwei Jahre als großen Erfolg verbuche. Das Bürokratiemonster werde hingegen zusätzlich gefüttert durch weitere Dokumentationsund Überwachungsaufgaben: das Lieferkettensorgfaltsgesetz, die Nachhaltigkeitsberichterstattung, Anforderungen aus der Geldwäscheprävention, Datenschutzanforderungen, Einführung der verbindlichen E-Rechnung, TAX Compliance Managementsysteme und andere. „Verbunden mit der unzureichenden Digitalisierung öffentlicher Aufgaben und den alle Wirtschaftsbereiche massiv belastenden und behindernden Fachkräftemangel geht der Weg ganz offensichtlich in die falsche Richtung“, so sein Fazit.
Trotz dieser kritischen Anmerkungen hätten wir aber „gute Chancen, die anstehenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen in diesem Land zu meistern. Auch in unserer Region Rheinland mit ihren Unternehmen, Hochschulen und der zugegebenermaßen etwas in die Jahre gekommenen Infrastruktur können wir für die Zukunft Positives bewirken.“
Die Talkrunde
Moderiert von Anne Rothäuser fand anschließend eine Talkrunde mit den folgenden Teilnehmern statt:
• StB/WP Gero Hagemeister, Präsident Steuerberater-Verband e. V. Köln
• Thomas Waza, Finanzpräsident OFD NRW
• StB Karl-Heinz Bonjean, Präsident Steuerberaterkammer Köln
• Benno Scharpenberg, Präsident Finanzgericht Köln
• RA Rik Steinheuer, Vorsitzender Bund der Steuerzahler NRW
Themen der Diskussion waren die aktuelle Lage des Berufsstandes: Wie stehen die Chancen für Steuervereinfachung und – spürbaren – Bürokratieabbau bei ständiger Zunahme kleinteiliger gesetzlicher Regelungen? Die Teilnehmer tauschten Meinungen aus zur Steuergerechtigkeit in Deutschland, zum Stand der Digitalisierung und dem Problem des Fachkräftemangels in der Branche. Sie beschäftigten sich weiterhin mit der Frage, wie die Einhaltung der Berufspflichten der Steuerberater überwacht werden kann, und wie die Zunahme von Sanktionsandrohungen im Verfahrensrecht zu bewerten ist.
Gastvortrag IT-Sicherheitsspezialist Tobias Schrödel
„Ich glaube, es h@ckt!“ – Von Ransomware, Cyberkriminellen, KI und wie unsere Daten ins Darknet kommen“ lautete der Titel des Gastvortrags von Tobias Schrödel. Er beantwortete die Frage: „Wie funktioniert das illegale Geschäftsmodell von Cyberkriminellen, und was passiert wirklich mit den Daten der betroffenen Unternehmen?
Sein Vortrag brachte Licht in die dunkle Ecke des Internets. Neben internen Chatprotokollen von Cyberkriminellen, die deren Strukturen offenlegen, nahm er das Auditorium mit zu einem Live-Besuch auf Seiten von Ransomware-Banden im Darknet. Dort wurden die Vorgehensweise, die „Preise“ und das Ausmaß des Schadens durch Cyberangriffe unmittelbar sichtbar wurden.
Abschließend gewährte Tobias Schrödel einen Ausblick, wie Künstliche Intelligenz Cyberangriffe verändert.
Der Steuerberater-Verband e.V. Köln wurde am 12. November 1947 gegründet. Heute sind über 3.300 Angehörige der steuerberatenden und prüfenden Berufe, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, vereidigte Buchprüfer, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und entsprechende Gesellschaften Mitglieder des Verbandes.
Der Einzugsbereich des Steuerberater-Verbandes e.V. Köln entspricht dem Bezirk des Regierungspräsidenten Köln. Der Verband gliedert sich in die folgenden zehn Bezirke: Aachen, Bonn, Düren-Jülich, Euskirchen-Schleiden, Köln, Oberberg, Rheinisch-BergischerKreis, Rhein-Erft-Kreis, Selfkant und Siegburg. Er ist neben weiteren 15 Landes- bzw. Regionalverbänden Mitglied im Deutschen Steuerberaterverband e.V., der in Berlin ansässigen Spitzenorganisation des steuerberatenden Berufs auf privatrechtlicher Ebene.
Der Verband bietet über seine Tochtergesellschaft, der Akademie für Steuer- und Wirtschaftsrecht, umfangreiche Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten an, die einerseits den Berufsnachwuchs betreffen, andererseits insbesondere auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Mitglieder des Verbandes zugeschnitten sind. Die Akademie führt nicht nur Lehrgänge für angehende Steuerberater durch, sondern auch für die Qualifizierung der Mitarbeiter.
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