Natur & Garten

Grün als Innovation

Klimaanlage, Feinstaubfilter, Bienenweide: wer beim Warten auf den öffentlichen Nachverkehr genau hinsieht, findet all das mitten in der Stadt – bundesweit auf den Dächern von Bushäuschen. Bushäuschen, die GreenDepot zu kleinen Klima-Inseln umgerüstet hat. Bundesweit haben Theo Selders und sein Team mit ihrem ausgeklügelten Begrünungssystem bereits mehrere Millionen Quadratmeter Flachdach zu kleineren und größeren Ökosystemdienstleistern gemacht: neben Bushäuschen auch Supermarkt- und Parkhausdächer aber auch die Dächer ganzer Logistikzentren. Die Produktion dieser Begrünungssysteme und ihr Potential für Städte und Gemeinden im Kampf gegen sommerlichen Hitzestress präsentierte Selders bei einer Betriebsbesichtigung seinen Besucherinnen Dr. Dorothee Schulze-Schwering, Innovationsmanagerin der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und Regina Bach, Projektmitarbeiterin TransRegINT Agrobusiness Niederrhein und Hochschule Rhein-Waal.

Als Innovationsmanagerin beschäftigt sich Dr. Schulze-Schwering an ihrem Dienstsitz in Münster und darüber hinaus in ganz NRW mit den hochaktuellen Themen und Fragen der Branche. Sie identifiziert Innovationsfelder, vernetzt und unterstützt bei Wissenstransfer und hilft bei der konkreten Umsetzung.

Über ihren Schreibtisch laufen Anfragen aus den Bereichen Bioökonomie aber auch alternative Proteinquellen, z.B. der Insektenproduktion – und natürlich geht es um Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels.

Eine Möglichkeit der Klimaanpassung aus der grünen Branche heraus sind begrünte Städte und Gemeinden – die Idee ist so einfach wie innovativ: „Pflanzen kühlen. Und das sollte man sich zunutze machen – heute mehr denn je. Eine kluge Stadtplanung sollte jede Möglichkeit der Begrünung nutzen.“, so Selders mit Blick auf die Herausforderungen weiterer Dürresommer hierzulande. Attraktiv ist die Dachbegrünung nicht nur für Neubauten, sondern auch im Kampf gegen „Betonwüsten“ wie zum Beispiel in Städten, in denen Flächen für größere Neupflanzungen fehlen. Denn gerade bei Bestandsgebäuden können Gründächer einen positiven Effekt auf das Mikroklima bewirken.

In Frankfurt hat GreenDepot nun im öffentlichen Raum die ersten Bushaltestellen auch vertikal begrünt. Ein Lernprozess, denn Vandalismus machte dem Prototyp zu schaffen. Aber das Team um Theo Selders bleibt dran – und schafft so innovative, maßgeschneiderte Lösungen für Flächen und Dächer mit bis zu 45° Neigungswinkel. „Das ist sehr aufwändig – aber es geht“, so Selders. Über 40 Jahre Erfahrung im Sektor machen es möglich. „Unser Aufbau ist das leichteste System am Markt, wir können stabiles und schnelles Wachstum garantieren“, berichtet der Geschäftsinhaber. Die Besonderheit des Konzeptes liegt auch in seiner Einfachheit – einmal etabliert, ist das System fast autark, braucht kaum Pflege.

Die Pflanzen wachsen auf eigens entwickelten Vegetationsmatten aus recycletem Material, gespickt mit Langzeitdünger. So erfreuen sich die dickblättrigen Sedum-Pflanzen starker Robustheit. Und blühen noch dazu in attraktiven Farben, für den optischen Mehrwert. Gerade sind die Pflänzchen in Theo Selders‘ Gewächshaus in voller Blüte, Bienen schwirren über die grün-bunt bewachsenen Matten.

Selders und sein Team experimentieren immer wieder mit Neuheiten, wählen die Pflanzen auf Basis ihres Know-Hows. Der letzte Clou: das Klimadach. Selders nennt es die natürliche Klimaanlage. Die aktive Verdunstungsleistung der Pflanzen trägt im Sommer dazu bei, dass sich die Gebäude weniger aufheizen.

Im Winter könnte eine Dachfußbodenheizung bei Bedarf den Schnee zum Schmelzen bringen. So können statische Belastungsgrenzen der Dächer durch eine potentielle Schneelast im Winter verringert werden. Dazu testet GreenDepot den Einsatz von PV-Anlagen – senkrecht, im 90°Winkel zum Dach. Durch beidseitig aktive Kollektoren erzielen diese Module überraschend gute Erträge. „Die Kombination Gründach und PV ist vielleicht auch für einige Landwirte interessant – ich denke da an Kartoffelhallen oder andere Lagerbereiche.“ bedenkt Dr. Schulze-Schwering den Einsatz für Betriebe aus Landwirtschaft und Gartenbau.

Ein weiteres Plus: Dachbegrünung wirkt bei Starkregen wie ein Schwamm auf dem Dach, das überschüssige Regenwasser landet verzögert in der Kanalisation und Überschwemmungen können entgegengewirkt werden. Mittlerweile gibt es in vielen Städten und Gemeinden Fördermöglichkeiten für Dachbegrünungssysteme, „Das ist ein gutes Signal“, schließt Bach, „ein solches „grünes Upgrade“ von Bestandsgebäuden ist sicher nicht nur in Großstädten wertvoll, sondern birgt auch mit Blick auf klimafeste, grüne Gewerbegebiete hier im ländlichen Raum großes Potential“.

Regina Bach schlägt in ihrer Position eine Brücke zwischen Hochschule Rhein-Waal und Agrobusiness Niederrhein eV. Sie hört den Unternehmen der Branche zu, um die Fragen aus der Praxis aufzunehmen und eine Zusammenarbeit mit der Hochschule zu eruieren. „Dabei ist es immer wieder toll zu erleben, welche spannenden Unternehmen hier am Niederrhein angesiedelt sind und welche innovativen Beiträge sie für unsere Region und darüber hinaus leisten“, so Bach.

Der Austausch zeigt erneut, die Transformation ist in vollem Gange: es ist viel in Bewegung bei der Weiterentwicklung und beim Einsatz von PV-Anlagen aber auch im Bereich der klimaangepassten Konzeption von grünen Städte und Gemeinden.

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