Nobelpreise für Physik: Lichtblitze in Attosekundenlänge
Attosekundenblitze sind unvorstellbar kurz. Das Licht, das ja in einer Sekunde fast den Weg zum Mond zurücklegen kann, kommt während der Dauer dieser kürzesten Lichtblitze noch nicht einmal 200 Nanometer weit. Damit sind diese Lichtblitze kurz genug, um Prozesse im Innern von Atomen, zum Beispiel in Festkörpern oder Molekülen, zu untersuchen.
„Eine wichtige Voraussetzung für die Attosekundenphysik ist die Kontrolle des Lichts in Femtosekundenpulsen, die als Treiber für die Attosekundenblitze dienen“, erklärt Joachim Ullrich.
Erzeugt werden die Attosekundenblitze nämlich durch extrem hochenergetische Laserpulse, mit denen in Edelgasen Elektronen von ihren Atomen getrennt werden. Die Elektronen werden durch den Laserblitz beschleunigt und zurück auf ihre Ursprungsatome geworfen. Dabei entsteht kurzwelligeres Licht („höhere Harmonische“), das so überlagert werden kann, sodass sich daraus extrem kurze Wellenpakete bilden: die Attosekundenblitze. Agostini entdeckte das spezielle Verhalten von Edelgasen bei starker Laserbestrahlung schon 1979. L’Huillier schuf mit ihren Arbeiten in den 1990er Jahren die Grundlagen zum Verständnis der dabei auftretenden Prozesse. Etwa zur gleichen Zeit entwickelten Agostini und Krausz zwei verschiedene Methoden zur Erzeugung der Pulse die 2001 zum Erfolg führten: Bei Agostinis Methode entstehen ganze Ketten von Pulsen von je 200 Attosekunden Dauer, während Krausz vollständig isolierte Einzelblitze mit einer Dauer von 650 Attosekunden erreichte.
Seitdem ist die Entwicklung dieses Feldes weiter fortgeschritten. Pulsdauern von nur rund 50 Attosekunden sind heute möglich. Das entspricht einer Lichtlauflänge von 15 Nanometern – etwas mehr als der Durchmesser der DNA. Joachim Ullrich dazu: „Ich teile die Einschätzung des Nobelkomitees, dass viele überraschende und nicht-intuitive Resultate in Zukunft zu erwarten sind.“ Viele Gruppen in Deutschland und weltweit forschen an der Weiterentwicklung und Anwendung dieser Methode. Inzwischen hat sich die Attosekundenphysik auf viele Grenzbereiche in der Molekularphysik, der physikalischen Chemie, der Physik der kondensierten Materie und in angewandten Bereichen wie der Lichterzeugungstechnologie ausgedehnt. Die ersten Schritte in Richtung biologischer Anwendungen wurden von der Krausz-Gruppe in Garching unternommen.
Die DPG unterstützt Anne L’Huillier in ihrer Wertschätzung der Grundlagenforschung: „Grundlagenforschung ist wichtig und sollte von verschiedensten Einrichtungen gefördert werden, auch weil sie Zeit braucht. Die Anwendungen unserer Arbeiten kommen jetzt gerade in vielen Bereichen auf.“
Pierre Agostini forscht als emeritierter Professor an der Ohio State University (USA). Seine für den Nobelpreis ausgewählten Arbeiten hat er an der Universtät Paris Saclay (Frankreich) ausgeführt.
Die Arbeiten von Ferenc Krausz wurden von der DPG und der Gesellschaft Deutscher Chemiker im Jahr 2013 mit dem Otto-Hahn-Preis ausgezeichnet. Krausz, langjähriges Mitglied der DPG, ist Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching und Professor für Experimentalphysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Experimente, für die er jetzt mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wird, begann er an der Universität Wien (Österreich).
Mit Anne L’Huillier, Professorin an der Universität Lund (Schweden), erhält in diesem Jahr erst die fünfte Frau den Physik-Nobelpreis. Vor ihr waren es Marie Curie (1903), Maria Goeppert-Mayer (1963), Donna Strickland (2018) und Andrea Ghez (2020).
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