Finanzen / Bilanzen

Schieneninfrastruktur belastet Pünktlichkeit bayerischer Regionalzüge und S-Bahnen

 

– Bayernweit lag die Pünktlichkeitsquote bei 88,1 Prozent 
– Hauptursache für Verspätungen sind Infrastrukturprobleme 
– 4,9 Prozent der Verkehrsleistungen sind ausgefallen

Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die den Regional- und S-Bahn-Verkehr im Auftrag des Freistaats plant, finanziert und kontrolliert, hat für das Jahr 2022 die Zahlen zur Pünktlichkeit veröffentlicht. Im bayernweiten Durchschnitt lag die Pünktlichkeitsquote der Regionalzüge und S-Bahnen bei 88,1 Prozent (2021: 92,3 Prozent). Damit fiel der Wert erstmals seit der Übernahme der Verantwortung für den bayerischen Schienenpersonennahverkehr (SPNV) durch den Freistaat im Jahr 1996 unter 90 Prozent. Als pünktlich gewertet werden alle Züge, die weniger als sechs Minuten Verspätung haben. Wesentlicher Treiber für die Verspätungen waren Mängel an der Schieneninfrastruktur. 4,9 Prozent der Verkehrsleistungen sind ausgefallen (2021: 4,5 Prozent).

„Das ist leider mehr als eine Momentaufnahme. Bei diesen Werten und den Auslösern dafür müssen beim Bund und der Deutschen Bahn die Alarmglocken schrillen. Umso wichtiger wäre, dass beide bei der Sanierung jetzt nicht nur die Hochleistungskorridore im Fokus haben, sondern auch Strecken im ländlichen Raum“, bemängelt Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter. Er wies zudem darauf hin, dass die Entwicklung der Nahverkehrspünktlichkeit ein bundesweiter Negativtrend sei.

„Es ist nicht neu, dass die Schiene unter einem jahrzehntelangen Sanierungsstau leidet. Neu ist aber, dass sich die Situation derart zuspitzt. Die Infrastrukturprobleme werden immer offensichtlicher – auch weil der Verkehr auf der Schiene immer neue Rekorde erreicht“, kommentiert Thomas Prechtl, Sprecher der Geschäftsführung der BEG, die Pünktlichkeitsstatistik für den Freistaat. „Entscheidend ist jetzt, dass Bund und DB die infrastrukturellen Probleme in den Griff bekommen. Es gibt dabei nichts schönzureden: Bis die vielen von der DB angekündigten Infrastrukturmaßnahmen abgeschlossen sind und sich die Situation für die Fahrgäste bayernweit spürbar verbessert, brauchen wir alle miteinander noch einiges an Durchhaltevermögen“, so Prechtl.

Infrastruktur verursacht die meisten Verspätungen

Größter Verursacher von Verspätungen war die Infrastruktur. Störungen an Leit- und Sicherungstechnik, Weichen und Bahnübergängen verursachten 27,7 Prozent der verbuchten Verspätungsminuten, 8,8 Prozent gingen auf Bauarbeiten zurück. Insbesondere Langsamfahrstellen aufgrund von Fahrbahnmängeln und Gleislagefehlern stachen 2022 hervor.

Ergänzend hinzu kam für das Jahr 2022 der dreimonatige Effekt des 9-Euro-Tickets. Aufgrund des teils großen Fahrgastandrangs nahm das Ein- und Aussteigen mehr Zeit in Anspruch als üblich, sodass die Züge oftmals die Haltezeiten gemäß Fahrplan nicht einhalten konnten. Entsprechend sind betriebliche Gründe, also Verspätungen, die im Verantwortungsbereich der Verkehrsunternehmen liegen, mit 22,9 Prozent in die Statistik eingeflossen. Neben Haltezeitüberschreitungen zählen zu dieser Kategorie auch Fälle, in denen Personal nicht rechtzeitig am Einsatzort ist oder sich die Bereitstellung der Fahrzeuge verzögert.

Externe Einflüsse, wie behördliche Anordnungen oder witterungsbedingte Verspätungen und „gefährliche Ereignisse“ – also beispielsweise Personen im Gleis oder Notarzteinsätze – schlugen zusammengefasst mit 18,8 Prozent zu Buche. 10,5 Prozent aller Verspätungsminuten in Bayern gehen auf das Konto von Zügen, die am Bahnhof auf verspätete Züge gewartet haben, damit Fahrgäste ihren Anschluss erreichen. 9,9 Prozent der Verspätungsminuten waren auf Fahrzeugstörungen zurückzuführen.

Deutlich überdurchschnittlich war das Netz Alex-Nord der Länderbahn von Verspätungen betroffen. Nur 68,6 Prozent der Züge waren in diesem Netz pünktlich, ein Minus von knapp 14 Prozentpunkten (2021: 82,5 Prozent). Mit Pünktlichkeitsquoten unter 80 Prozent notierten auch die Netze Donau-Isar-Express von DB Regio (77,0 Prozent, 2021: 90,0 Prozent), Main-Spessart-Express von DB Regio (77,4 Prozent, 2021: 83,8 Prozent) und Chiemgau-Inntal der Bayerischen Regiobahn (77,5 Prozent, 2021: 90,4 Prozent). Hauptursachen waren hier jeweils Langsamfahrstellen sowie Haltezeitüberschreitungen im Zeitraum des 9-Euro-Tickets. In den Netzen Alex-Nord und Chiemgau-Inntal sammelten sich zusätzliche Verspätungsminuten aufgrund von Grenzkontrollen in Furth im Wald beziehungsweise Freilassing an.

Generell lässt sich die Leistung der Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Blick auf die Pünktlichkeitswerte nur sehr bedingt vergleichen: Strecken, auf denen Regionalzüge komplett oder überwiegend allein unterwegs sind, schneiden naturgemäß besser ab als Strecken mit Mischverkehr aus Regional-, Fern- und Güterzügen.

Die häufigsten Ausfallursachen

Bei den Ausfallursachen im Freistaat dominierte die Infrastruktur noch deutlich stärker als bei den Verspätungsursachen: Bauarbeiten (48,9 Prozent) sowie Störungen an Leit- und Sicherungstechnik, Weichen und Bahnübergängen (19,7 Prozent) waren 2022 zusammengenommen für mehr als zwei Drittel der Zugausfälle verantwortlich. 10,8 Prozent der Zugausfälle waren der Kategorie „Fahrzeuge“ zuzuordnen. Teilweise waren Fahrzeuge aufgrund technischer Probleme nicht wie geplant einsatzfähig. Verschärft wurde die Situation durch Lieferschwierigkeiten bei der Ersatzteilversorgung. Über alle Netze hinweg machte sich zudem der Fachkräftemangel deutlich bemerkbar: 9,6 Prozent der Zugausfälle entfielen auf die Kategorie „Personal“. Mit der zunehmend dünnen Personaldecke konnten die teilweise sehr hohen Krankenstände nicht mehr kompensiert werden. Dies betraf nicht nur das Zugpersonal, sondern auch Mitarbeitende in den Werkstätten.

Die höchste Ausfallquote aller bayerischen Netze war mit 18,9 Prozent im Netz Werdenfelsbahn bei DB Regio zu verzeichnen. Der wesentliche Grund dafür: Nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen Anfang Juni 2022 kam es zu Streckensperrungen und Langsamfahrstellen infolge von Fahrbahnmängeln, sodass über Monate hinweg kein zuverlässiger Zugbetrieb möglich war.

Weitere Informationen zur Qualitätssicherung und den Anreizsystemen der BEG finden Sie hier:
www.beg.bahnland-bayern.de/aufgaben/kontrollieren

Diagramme zu Pünktlichkeits- und Ausfallquoten der letzten Jahre unter:
www.beg.bahnland-bayern.de/aufgaben/kontrollieren/puenktlichkeit

Über die Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH

Die Bayerische Eisenbahngesellschaft ist ein Unternehmen des Freistaats Bayern. Im Auftrag des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr plant, finanziert und kontrolliert die BEG den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern. Zu den wesentlichen Aufgaben der BEG gehören dabei die Konzeption und Verbesserung von Fahrplänen sowie die Qualitätssicherung. Die Aufträge für Verkehrsleistungen werden in Wettbewerbsverfahren vergeben. Den Zuschlag erhält jeweils das Verkehrsunternehmen, welches das insgesamt wirtschaftlichste, also das qualitativ und preislich beste Angebot abgibt. Als Folge des Wettbewerbs zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen konnte die BEG in den letzten Jahren nicht nur das Fahrplanangebot, sondern auch Qualitätsmerkmale wie Komfort und Fahrgastinformation ständig verbessern. Große Erfolge waren unter anderem die Einführung des Bayern-Takts – ein Stundentakt für fast ganz Bayern – sowie des Bayern-Tickets.

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