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Studie zu Amts- und Mandatsträger*innen in der Kommunalpolitik: Vielfalt wächst, Repräsentationslücke bleibt

Wie steht es um die Repräsentation von Frauen, Menschen mit Migrationsgeschichte und Menschen mit verschiedenen Bildungsabschlüssen in den 80 deutschen Großstädten? Die Studie "Vielfalt sucht Repräsentation. Amts- und Mandatsträger*innen in der Kommunalpolitik" hat diese und andere Fragen untersucht. Die heute veröffentlichte Studie wurde von Prof. Dr. Andreas Blätte, Laura Dinnebier und Dr. des. Merve Schmitz-Vardar in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung erstellt. Für die Studie wurden erstmalig Kommunalpolitiker*innen in allen deutschen Großstädten und über alle Parteigrenzen direkt befragt.

Wichtigstes Ergebnis: Die Vielfalt der kommunalpolitischen Amts- und Mandatsträger*innen hat zugenommen, Repräsentationslücken aber bleiben. Dies betrifft verschiedene soziale Gruppen in unterschiedlicher Weise. So machen bei einem Anteil von 51 Prozent an der Gesamtbevölkerung Frauen lediglich 39 Prozent der Amts- und Mandatsträger*innen in den deutschen Großstädten aus (35 Prozent im Bundestag).

Gravierender noch ist die Repräsentationskluft bei Menschen mit Migrationshintergrund: Bei einem Anteil von knapp 30 Prozent (28,7 Prozent in 2022) an der Bevölkerung in Deutschland sind sie in den untersuchten Kommunen nur mit 13 Prozent politisch vertreten (im Bundestag mit 11,3 Prozent). Was Bildungsabschlüsse betrifft, verfügen mehr als zwei Drittel der Amts- und Mandatsträger*innen in den deutschen Großstädten über einen akademischen Abschluss (69 Prozent), während der Anteil der Gesamtbevölkerung nur knapp ein Viertel beträgt.

Es bestehen also Repräsentationslücken für Frauen, Personen mit Migrationshintergrund und Nicht-Akademiker*innen. Repräsentationslücken bestehen darüber hinaus auch für andere gesellschaftliche Gruppen: Amts- und Mandatsträger*innen sind in der Regel Personen ab 50 Jahren, Heterosexuelle, Personen ohne körperliche Behinderung und/oder psychische Krankheit, Christ*innen sowie Konfessionslose.

"Wer Politik macht, ist meist männlich und Akademiker ohne Migrationshintergrund – auch in den Großstädten. Eine vielfältige Gesellschaft braucht aber vielfältige Repräsentation, damit unsere Demokratie widerstandsfähig bleibt. Es ist gut, dass diese zunimmt. Aber es bleibt eine wichtige Aufgabe vor allem der Parteien, sich zu öffnen, vorhandene Barrieren abzubauen und den Zugang zur Politik zu erleichtern", sagt Jan Philipp Albrecht, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung.

Welche Chancen und Barrieren gibt es für Menschen, politische Ämter und Mandate auf kommunaler Ebene zu übernehmen? Die Studie liefert auch hier empirische Grundlagen. Dazu der Autor Prof. Dr. Andreas Blätte: "Politik und politische Institutionen sind für viele Menschen schwer zugänglich. Frauen, Personen aus niedrigeren (Bildungs-)Schichten sowie Menschen mit Migrationshintergrund bleiben auch im Jahr 2022 in den deutschen Großstädten weiterhin unterrepräsentiert. Die Schieflagen der Repräsentation verstärken sich zudem mit zunehmender Sichtbarkeit und politischer Verantwortung der repräsentativen Rolle." Zudem bleiben Millionen von Menschen mit Migrationshintergrund vom politischen Wahlrecht und damit von einem wichtigen Aspekt der demokratischen Praxis ausgeschlossen, weil sie nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Insbesondere in den stark von Migration geprägten Großstädten und Stadtteilen schwächt dies die Legitimation von Politik und Demokratie.

Die Studie "Vielfalt sucht Repräsentation. Amts- und Mandatsträger*innen in der Kommunalpolitik" ist der 3. und letzte Teil der Vielfaltsstudie, die von der Heinrich-Böll-Stiftung herausgegeben wurde. Die Reihe liefert Daten und Fakten zur oft fehlenden Sichtbarkeit der gesellschaftlichen Vielfalt in der politischen Repräsentation. Hier geht es zum Dossier mit allen drei Vielfaltsstudien, Interviews und weiteren Beiträgen.

Zur Studie  

Zwischen April und August 2022 waren in den deutschen Großstädten 5.763 Kommunalpolitiker*innen aufgerufen, sich an der Befragung zu beteiligen. Vollständig teilgenommen haben 2.164 Personen. Damit kann sie als derzeit umfassendste Umfrage zur politischen Repräsentation in der lokalen Demokratie gelten. Um eine Vergleichbarkeit der Fälle zu erreichen, wurden aus methodischen Gründen nur Großstädte in die Befragung einbezogen.

Die Autor*innen

Prof. Dr. Andreas Blätte ist Professor für Public Policy und Landespolitik an der Universität Duisburg-Essen. Kontakt: andreas.blaette@uni-due.de

Laura Dinnebier ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Public Policy und Landespolitik an der Universität Duisburg-Essen. Kontakt: laura.dinnebier@uni-due.de

Dr. des. Merve Schmitz-Vardar ist Geschäftsführerin des Interdisziplinären Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (InZentIM) der Universität Duisburg-Essen. Kontakt: merve.schmitz-vardar@uni-due.de.

Fachtagung
Am Montag, den 16. Oktober 2023 (12.30 bis 19.00 Uhr), werden die Ergebnisse der Vielfaltsstudie auf der Fachtagung "Wer spricht für wen? Barrieren und Perspektiven für die Repräsentation gesellschaftlicher Vielfalt in der Kommunalpolitik" diskutiert.

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