Wiesbadens freie Kulturszene kämpft um ihre Existenz
Die Aktion ist ein verzweifelter Notruf an die Entscheider der städtischen Politik, die freie Kulturszene nicht fallen zu lassen. Denn nach dem ersten Entwurf für den Haushalt 2024/25 soll der Kultur- und Sozialetat drastisch reduziert werden. Der Kämmerer spricht von einer Kürzung von 20 Prozent auf der Basis des Etats von 2022. Inflation und hohe Energiekosten waren da noch kein Thema. Real bedeutet das: Die Kürzungen fallen, weil die Kosten gestiegen sind, gemessen an dem, was für 2024 und 2025 real benötigt wird, um Personal, Mieten und Gagen bezahlen zu können, weit höher als 20% aus.
„Ein solcher Aderlass lässt sich nicht durch den Einkauf von günstigerem Toilettenpapier oder dem Ausschalten von Licht einsparen“, sagt Thalhaus-Geschäftsführer Marian Drabosenik nicht nur für sein eigenes Haus. „Hier geht es ganz klar um den Wegfall von Arbeitsplätzen. Denn an den Kosten für Mieten, Energie, Gehälter oder Honorare kann nicht gerüttelt werden.“
„Es ist noch nicht zu spät“ sagt auch Margarethe Goldmann als Sprecherin des Arbeitskreises Stadtkultur. „Die Politiker haben durchaus noch Möglichkeiten, ihre Sparmaßnahmen anders zu verteilen. Alles andere würde für viele unserer freien Kulturbetriebe das Ende bedeuten.“
Die Kulturinstitutionen stehen mit ihrem Appell an die Stadt nicht nur untereinander Schulter an Schulter, sie sehen sich auch solidarisch mit den Sozialträgern der Stadt, bei denen es zu ähnlich drakonischen Einsparungen kommen soll. Das haben sie bei der Demonstration am 28. September gezeigt. Margarethe Goldmann erläutert, wie im Arbeitskreis Stadtkultur dazu diskutiert wurde: „Kultur und Soziales gehören zusammen! In ihrer Bedeutung und ihrem Wert für die Gesellschaft sind es zwei Seiten ein und derselben Medaille und sie können nicht auseinanderdividiert werden. Jedes Schleifen der einen Seite ist zugleich ein Verlust auf der anderen. Ein kurzer Blick in die betreffenden Angebote und Haushalte in Wiesbaden genügt, um zu zeigen, wie sehr beide miteinander verbunden und verschränkt sind, wie eng sie zusammenwirken und sich vielfältig ergänzen. Für die Kultur ist ihr Tun immer zugleich auch ein soziales Geschehen. Dabei geht es um die Stärkung des Gemeinwesens, die Förderung demokratischer Strukturen, die Eröffnung fruchtbarer Diskurse, die Entwicklung von Perspektiven guten Zusammenlebens und vieles mehr.“ Der Arbeitskreis Stadtkultur fragt nun: „Will die Stadt das alles tatsächlich aufs Spiel setzen? Die in Jahrzehnten gewachsene und anerkannte Kulturszene kann sich nicht vorstellen, dass sie von der Stadt tatsächlich kaputtgespart werden soll.“
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