Verbraucher & Recht

Windenergie – die Radarführungsmindesthöhe (MRVA) wird immer mehr zum Genehmigungshindernis

Erneut verhindern Belange des militärischen Luftverkehrs vor dem VGH Mannheim die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen. Zur Möglichkeit der Anpassung der MRVA und welche Bedeutung Kommunen zukommt.

Das aktuelle Urteil des VGH Mannheim (v. 24.5.2023 – 14 S 1705/22) zur Vereinbarkeit des Ausbaus von Windenergie mit luftverkehrsrechtlichen Belangen, insbesondere mit der Radarführungsmindesthöhe (MRVA), lässt die Aussicht auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windenergie-Projekte in Flugplatznähe nun fast unmöglich erscheinen – spätestens sobald die Bundeswehr involviert ist. Dennoch ist die Entscheidung von großer Bedeutung, da hiermit erstmals rechtlich tiefgreifend über die Möglichkeiten zur Anhebung der Radarführungsmindesthöhe entschieden wurde und Gewissheit für Projektierer:innen schafft – auch wenn nicht wie erhofft pro Erneuerbare.

Bauhöhenbeschränkungen als Genehmigungshindernis

Die Radarführungsmindesthöhe, kurz M(R)VA für Minimum (Radar) Vectoring Altitude, ist eine flugbetriebliche, technische Vorgabe und beschreibt die niedrigste Höhe über dem Meeresspiegel, die für die Radarführung von Flügen nach Instrumentenflugregeln unter Berücksichtigung der Sicherheitsmindesthöhe über Grund und der Luftraumstruktur innerhalb eines festgelegten Gebietes genutzt werden darf.

Aus der Kursführungsmindesthöhe resultieren Bauhöhenbeschränkungen, die neue Windenergieanlagen in vielen Fällen überschreiten. Nach Ansicht der Deutschen Flugsicherung (DFS) und insbesondere der Bundeswehr behindern Windenergieanlagen die MVA, da in diesem Fall die Hindernisfreiheit dann nicht mehr gewährleistet werden könne. In der Folge kommt es zur Verweigerung der Zustimmung nach § 14 LuftVG und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wird nicht erteilt.

VGH Mannheim: Anspruch auf Prüfung der Möglichkeit auf Anpassung der MRVA

Erstmals sehr ausführlich äußerte sich der VGH Mannheim zu einem Anspruch des Projektierers darauf, ob die Möglichkeit einer Anpassung der MVA besteht. Hergeleitet wird der Anspruch dabei auf der Maßgabe, dass ansonsten keine Möglichkeit bestünde, dem öffentlichen Interesse am Ausbau der Windenergie aus § 2 EEG Geltung zu verschaffen. Allein die Priorität der festgelegten MVA oder der Verteidigungsauftrag würden es nicht rechtfertigen die an Grundrechte und rechtsstaatliche Grundsätze gebundene Bundeswehr von der Überprüfungspflicht auszunehmen.

Die Versagung der Zustimmung nach § 14 LuftVG sei danach nicht verhältnismäßig, wenn durch Neuberechnung der Radarführungsmindesthöhe weder der militärische Flugbetrieb noch die Sicherheit des Luftverkehrs gefährdet wird. Einen Antrag auf Anhebung der MVA im Sinne eines selbstständigen Verwaltungsverfahrens gibt es jedoch grundsätzlich nicht.

Bundeswehr steht weitreichender verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zu

Mag der den Projektierer:innen zugesprochene Anspruch in der Theorie ein Fortschritt sein, so äußerte sich das Gericht dann in umso verheerenderer Art und Weise zum verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraum der Bundeswehr. Der Bundeswehr obliegt es, das Gefährdungspotential für einen Militärflugplatz zu beurteilen. Bei der Beurteilung der Gefährdung des militärischen Flugbetriebs wird der Bundeswehr – wie auch schon bei Hubschraubertiefflugstrecken – ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zugebilligt, der erst dann überschritten ist, wenn die Prognose in sich widersprüchlich ist, auf willkürlichen Annahmen beruht oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist. Dies hat zur Folge, dass eine Anpassung der MRVA in der Praxis – wenn diese nicht nur wenige Meter betrifft – ein Ding der Unmöglichkeit bleibt.

Der Lichtblick: Zusammenschluss mit Kommunen

Handelt es sich um eine militärische MVA, so bestätigt das Urteil unsere Erfahrungen aus der anwaltlichen Praxis und zeigt: Einzelne Projektierer:innen haben in Verfahren unter Beteiligung der Bundeswehr einen mehr als schweren Stand. Die Entscheidung des VGH Mannheim ist hierbei nicht als Einzelfallentscheidung zu werten, sondern es bleibt zu erwarten, dass sich andere Gerichte daran anschließen. Etwas bessere Erfolgsaussichten verspricht es daher, zusätzlich die Standortgemeinde ins Boot zu holen. Denn würde die MVA jegliche Planung der Gemeinde verhindern, wäre dies ein starker Eingriff in ihrer kommunale Planungshoheit nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz, die unter Berücksichtigung des 2%-Flächenziels und des kommenden GEG (Stichwort: kommunale Wärmeplanung) an Argumentationsgewicht gewinnt.

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