Bremen: Behörde lehnt Antrag auf Affenhirnforschung ab
In der soeben veröffentlichten Meldung der Bremer Gesundheitsbehörde heißt es: „Nach umfassender Prüfung des Antrags „Raumzeitliche Dynamik kognitiver Prozesse des Säugetiergehirns“ und der Beauftragung verschiedener Gutachter:innen, kam die senatorische Behörde zu dem Fazit, dass die Belastung der Versuchstiere nicht durch den angestrebten Erkenntnisgewinn gerechtfertigt werden kann und das Versuchsvorhaben damit ethisch nicht vertretbar ist.“ Nach Einschätzung der Behörde sind die Leiden der Makaken als schwer im Sinne der Europäischen Tierversuchsrichtlinie zu qualifizieren.
„Die Entscheidung der Bremer Behörde, trotz eines möglicherweise folgenden Rechtsstreits den Antrag abzulehnen, ist eine Leuchtturm-Entscheidung, die einen hohen Einfluss auf die rechtliche und wissenschaftliche Einordnung der grausamen Affenhirnforschung insgesamt haben wird“, so Dipl. Biol. Silke Strittmatter, wissenschaftliche Referentin von Ärzte gegen Tierversuche. Neben Bremen werden in Deutschland ähnliche Versuche noch an 7 weiteren Institutionen durchgeführt. Oftmals wird sich aufgrund einer vergangenen Gerichtsentscheidung nicht getraut, die grausamen Versuche abzulehnen. Dies könnte sich nun ändern und das Ende der Experimente an Affen nicht nur in Bremen, sondern in ganz Deutschland in den nächsten Jahren beenden.
Die Bremer Behörde begründet ihre Ablehnung unter anderem damit, dass Affen sehr intelligente Tiere sind, die in der Lage sind, ihre Lebenswirklichkeit zu erfassen und unter den Folgen vielfacher Einschränkungen zu leiden. Das Ausmaß dieses Leidens sei von außen betrachtet oft nur schwer zu erkennen. Makaken – wie im Übrigen fast alle Tiere – würden Schmerzen, Leiden und Schäden so lange wie möglich verbergen, um ihre Position innerhalb der Gruppe nicht zu gefährden. Dieses Verhalten würden die Tiere auch im Labor zeigen. Neurophysiologische Versuche würden ein Leben lang schwere Leiden bedeuten und können bei Affen dazu führen, dass sich aufgrund der Belastung Verhaltensstörungen entwickeln.
Bereits 2008 hatte die Bremer Gesundheitsbehörde die Hirnversuche an Affen abgelehnt. In einem darauffolgenden langwierigen Rechtsstreit kam schlussendlich das Bundesverwaltungsgericht zu der Entscheidung, dass der Tierschutz weniger wiege als die Forschungsfreiheit und das Leid der Tiere allenfalls als „mäßig“ zu werten sei.
Der von Ärzte gegen Tierversuche in 2022 bekannt gemachte Fall des Affen Jara verdeutlicht jedoch, dass diese Einschätzung falsch war. ÄgT liegt eine interne amtliche Dokumentation vor, die aufdeckte, dass die Affen in derartigen Versuchen nicht nur schweres, sondern schwerstes Leid erfahren. Zu den Verletzungen bei Jara zählten Bohrlöcher im Schädelknochen und Stichverletzungen im Gehirn mit dazugehörigen Entzündungsherden. Aus den Dokumenten geht zudem hervor, dass die Verletzungen „unvermeidliche Folge der Implantattechnik“ sind, also Standard.
Strittmatter beurteilt die Aussichten im Falle eines Rechtsstreits nach der heutigen Informations- und Gesetzeslage als positiv: „Aufgrund des seit 2021 auf Druck der EU verbesserten Tierschutzgesetzes und der Tatsache, dass das Leid der Affen nachweislich schwer gegenüber einem nur vage in Aussicht gestellten und nie erwiesenen Nutzen ist, stehen die Chancen, dass das Gericht der Entscheidung der Behörde folgt, deutlich besser als in der Vergangenheit.“ Denn vor dem Hintergrund geltenden Tierversuchsrechts darf eine Genehmigung nur erteilt werden, wenn der Nutzen eines Versuchs den sogenannten Schaden (Leid der Tiere), überwiegt, was hier nicht der Fall ist.
Ärzte gegen Tierversuche zollt der Bremer Gesundheitssenatorin und ihrem Team großen Respekt für diese wegweisende Entscheidung und wird weiterhin bundesweit seine Expertise einbringen, um ein Ende der Primatenhirnversuche zu erreichen.
Weitere Information
Pressemitteilung Gesundheitsbehörde >>
Historie der Hirnforschung an Affen in Bremen >>
Die Realität hinter der Affenhirnforschung >>
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