Bremer Philharmoniker spielen das Verdi-Requiem
WAS
4.Philharmonisches Konzert der Bremer Philharmoniker
„Trost“
WANN
Montag, 20. November 2023, 19:30 Uhr
Dienstag, 21. November 2023, 19:30 Uhr
WO
Konzerthaus Glocke
Domsheide 4/5
28195 Bremen
»Ich sage, dass ein Mann wie Verdi auch wie Verdi komponieren muss«, so Verdis Ehefrau Giuseppina Strepponi. Das Requiem ihres berühmten Mannes beweist dies mit ergreifender Emotionalität und kompromissloser Radikalität in aller Deutlichkeit. Die Bremer Philharmoniker präsentieren Verdis Meisterwerk in ihrem 4. Philharmonischen Konzert am 20. und 21. November gemeinsam mit dem Hamburger Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor unter dem Dirigat von Hansjörg Albrecht. Als Solisten mit dabei: der Preisträger des Opern!Awards 2023 Michael Volle sowie Gabriela Scherer, Eva Vogel und Sung Min Song.
Verdis Messa da Requiem ist eines der bekanntesten und am häufigsten aufgeführten Werke der symphonischen Chorliteratur. Für manche ist es seine „schönste Oper“, für einige wenige wie Hans von Bülow dagegen eine „Ansammlung von Hässlichkeiten“, eine „Oper im Kirchengewande“. Doch ob Oper oder Totenmesse: Nie zuvor wurden die Schrecken des Jüngsten Gerichts mit theatralischer Wucht und nahezu martialischen Klängen imposanter in Töne gesetzt, kaum jemals zuvor wirkte die Tröstung der Hinterbliebenen durch eine überwältigende Schlichtheit inniger und ergreifender als in Verdis Requiem.
Anlass für das Komponieren eines Requiems gab der Tod Gioacchino Rossinis im November 1868. Für Verdi war Rossini eine Symbolfigur der italienischen Nation. Ihm wollte er ein musikalisches Denkmal setzen: ein Requiem, zudem er und von ihm ausgewählte bedeutende italienische Komponisten jeweils einen Satz beitragen sollten. Als Uraufführung war der erste Todestag Rossinis vorgesehen. Letztendlich scheiterte das Projekt jedoch laut Verdi an „Jämmerlichkeiten des Alltags, an Eigennutz und Eitelkeit, an der egoistischen Gleichgültigkeit, die die Geißel, das Verderben unseres Landes ist.“. Erst der Tod des damals in Italien ebenso verehrten Dichters und Schriftstellers Alessandro Manzoni im Mai 1873 führte dazu, dass Verdi schließlich doch noch ein Requiem schrieb, dieses Mal von vornherein allein. Die Uraufführung am 22. Mai 1874 in Mailand wurde landesweit gespannt erwartet. Der Publikumsandrang war so groß, dass drei weitere Aufführungen angesetzt werden mussten und anschließend sieben (!) Konzerte in Paris sowie nur ein Jahr später weitere in London, Wien, Köln, München und Dresden stattfanden. Der Siegeszug des Verdi Requiems durch Kirchen und Konzertsäle in der ganzen Welt begann und hält bis heute ungebrochen an. Die kraft- und trostspendende Wirkung des Requiems scheint von immerwährender Aktualität.
Das Programm
Giuseppe Verdi (1813-1901)
Messa da Requiem
– Requiem – Kyrie
– Dies irae
– Offertorium
– Sanctus – Benedictus
– Agnus Dei
– Lux aeterna
– Libera me
Uraufführung am 22. Mai 1874 in Mailand
Albrecht, Dirigat
Gabriela Scherer, Sopran
Eva Vogel, Mezzo/Alt
Sung Min Song, Tenor
Michael Volle, Bassbariton
Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor
Informationen zu Künstlern und Programm / Auszüge aus dem Programmheft
Hansjörg Albrecht
Dirigat
Hansjörg Albrecht zählt zu den wenigen Künstlern, die international sowohl als Dirigent als auch als Konzertorganist regelmäßig präsent sind. Als Dirigent gilt er international als Spezialist der historisch informierten Spielweise, geht aber konsequent eigene Wege – zwischen Archiv und Neuschöpfung, mit einem umfangreichen Repertoire von Bach bis Messiaen und dem Faible für vergessene Komponisten und Uraufführungen. Mit seinen Orgeltranskriptionen etablierte er sich als Spezialist unter den Virtuosen seines Instruments. Albrecht war bis zur Saison 22/23 Künstlerischer Leiter des Münchener Bach-Chores & Bach-Orchesters. Er ist ständiger Gastdirigent des Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chores Hamburg und seit 2022 Principal Guest Conductor am Teatro Petruzzelli Bari, Italiens viertgrößtem Opernhaus. Hansjörg Albrecht ist Mitglied des Direktoriums der Neuen Bach-Gesellschaft sowie Künstlerischer Leiter des 2022 erstmals weltweit ausgetragenen und unter der Schirmherrschaft der UNESCO stehenden Internationalen Online Orgel Festivals (IOOF). Beim Label Oehms Classics legte er als Dirigent und Organist bisher über 30 CDs vor. Bis 2024, Anton Bruckners 200. Geburtstag, realisiert er die erste Gesamteinspielung aller Bruckner-Sinfonien als Orgeltranskriptionen an Originalschauplätzen.
Gabriela Scherer
Sopran
Die Sopranistin Gabriela Scherer wurde in Zürich geboren und absolvierte ihr Studium am Mozarteum in Salzburg. Anschließend war sie Mitglied im Opernstudio Zürich und absolvierte Meisterkurse bei Angelika Kirchschlager, Francisco Araiza und Barbara Fink. In dieser Zeit war sie Preisträgerin des Internationalen Mozartwettbewerbs. Ihre musikalische Praxis führte sie u. a. in das Ensemble der Oper Leipzig und anschließend an die Bayerischen Staatsoper ebenso als Ensemblemitglied. Gabriela Scherer arbeitet regelmäßig mit Dirigentinnen und Dirigenten wie Riccardo Chailly, John Eliot Gardiner, Lawrence Foster, Christopher Hogwood, Kent Nagano, Marek Janowski, Marcus Bosch und Simone Young zusammen. Konzerte führen sie auf Schloss Elmau, zur Jubiläums-Gala des „Europäischen KulturForums“ sowie zu den Opernfestspielen Heidenheim. In der Spielzeit 2021/22 gab sie ihr Haus- und Rollendebüt in der Titelpartie von Puccinis „Tosca“ am Theater Dortmund sowie ihr Rollendebüt als Elsa in einer Neuproduktion von „Lohengrin“ von Katharina Wagner an der Oper Leipzig zu den Festtagen „Wagner 22“, wo sie ebenso als Freia zu hören sein wird. Auch war sie mit Rossinis „Petite Messe Solenelle“ in Zürich zu hören.
Eva Vogel
Mezzo, Alt
Die Mezzosopranistin Eva Vogel studierte am New Yorker Mannes College of Music und an der Yale University in den USA. Privat arbeitete sie mit Christa Ludwig und Brigitte Fassbaender. Nach Ihrem Studium in den USA wurde Eva Vogel als Mitglied des Opernstudios an die Oper Köln verpflichtet. Festengagements in Düsseldorf und Innsbruck folgten, Gastengagements in Europa führen Eva Vogel an Häuser wie das Royal Opera House London, Staatsoper Berlin, Grand Theatre Genève, Teatro Massimo Palermo und das Teatro Regio Torino. Diverse Wagner-Rollen gestaltete die Mezzosopranistin u.a. beim Festival in Aix-en-Provence, den Salzburger Osterfestspielen und dem Lucerne Festival. Konzertverpflichtungen und Liederabende führten u.a. zum Concertgebouw Amsterdam, Palais des Beaux Arts Brüssel, Philharmonie Berlin, Tonhalle Düsseldorf, Klavierfestival Ruhr, Laeiszhalle Hamburg, Philharmonie Essen, Auditorium Mailand sowie nach New York, Alabama oder Seoul. Sie arbeitete mit Dirigenten wie Marcus Bosch, John Eliot Gardiner, Pietari Inkinen, Ingo Metzmacher, Simon Rattle und Edo de Waart. Aktuelle Engagements führen sie u.a. zu den Duisburger Philharmonikern, dem Musikkollegium Winterthur, den Musikverein Wien und zum Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks.
Sung Min Song
Tenor
Sung Min Song wurde in Seoul, Korea, geboren und studierte zunächst Computertechnik, bevor er zum Gesang fand. Er setzte seine künstlerische Ausbildung an der Musikhochschule in München mit einem Aufbaustudium für Musiktheater, Konzertgesang und Liedgestaltung bei Dr. Daniel Kotlinski fort. Der Künstler wurde bei Wettbewerben mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, so u. a. beim Richard-Strauss-Gesangswettbewerb (zweiter Preis), Anneliese Rothenberger Preis, Musikpreis des Kulturkreises Gasteig, Luitpold-Preis des Kissinger Sommers und Grand Prix und Prix Special ADAMI beim Concours International de Belcanto Vincenzo Bellini in Paris. Seit der Spielzeit 2017/2018 ist Sung Min Song Ensemblemitglied des Saarländischen Staatstheaters. Gastspiele führten ihn u. a. an die Opéra de Marseille, die Opéra National de Lorraine in Nancy, an das Theater Aachen, Theater Heidelberg, Landestheater Salzburg, Konzerthaus Dortmund, an die Tiroler Festspiele in Erl, zum Kissinger Sommer sowie den Dresdner Musikfestspielen und zum Schleswig-Holstein-Musikfestival. Auftritte als Lied- und Konzertsänger ergänzen sein künstlerisches Profil.
Michael Volle
Bassbariton
Der Bariton Michael Volle ist einer der international gefragtesten Sänger seines Fachs. Er gastiert an führenden Opernhäusern wie der Semperoper Dresden, der Bayerischen und der Wiener Staatsoper, dem Royal Opera House in London, dem Teatro alla Scala di Milano, dem Opernhaus Zürich, der Opéra national de Paris sowie der Metropolitan Opera in New York. Im Wagnerfach machte er sich einen Namen, indem er an der MET die Partie des Hans Sachs (»Die Meistersinger von Nürnberg«) in einer weltweiten Kinoübertragung gestaltete. Michael Volle verfügt über ein breit gefächertes Repertoire, das von Mozart, Strauss und Wagner über Verdi und Puccini bis hin zu Mussorgsky und Berg reicht. An der Staatsoper Unter den Linden war er u. a. als Dr. Schön („Lulu“), Holländer, Scarpia, Orest, Falstaff, Jack Rance („La fanciulla del West“) und Don Giovanni sowie in dieser Spielzeit als Wotan in der Neuproduktion von Wagners »Der Ring des Nibelungen« zu sehen. Zahlreiche CD-, DVD-, Rundfunk- und TV-Produktionen, eine umfangreiche Konzerttätigkeit und Liederabende, sowie die Arbeit mit internationalen Spitzenorchestern unter bedeutenden Dirigentinnen und Dirigenten zeigen das internationale Renommee des Künstlers. Die Zeitschrift OPERNWELT kürte ihn 2007/2008 und 2013/2014 zum »Sänger des Jahres«. Bei den Oper! Awards 2023 gewann er die Kategorie „Bester männlicher Sänger“.
Carl-Philipp-Emanuel-Bach Chor
Der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg steht seit 25 Jahren für künstlerische Exzellenz. Das experimentierfreudige Ensemble widmet sich in flexiblen Besetzungen einem außergewöhnlich breiten Repertoire – vom Frühbarock bis in die Moderne, vom Oratorium und der Oper bis zur A-cappella-Musik – und sucht dabei immer wieder neue Wege. Gemeinsames, intensives Musizieren ist der ureigenste Sinn des Ensembles. Der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg ist musikalisch unabhängig und selbständig. Mit einer Vielzahl von Konzerten im Jahr prägt das Ensemble das Konzertleben der Stadt wie kein anderer sich selbst tragender Chor in Hamburg. Aus der engen und überaus erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Dirigenten und Visionär Hansjörg Albrecht sind in den letzten Jahren neue ausgefallene Programmkonzepte entwickelt worden, die über das klassische Repertoire hinausgehen. Der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg ist in den großen Konzerthallen, Kathedralen und bei renommierten Festivals wie den Thüringer Bachwochen, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern oder den Merseburger Orgeltagen ein gern gesehener Gast. Interessante Kooperationen öffnen den Blick für neue Erfahrungen und Erlebnisse.
Giuseppe Verdi (1813–1901)
Messa da Requiem
Im Requiem von Giuseppe Verdi stehen die Verheißung des himmlischen Lebens und die Schrecken des Jüngsten Gerichtes im Mittelpunkt. Und das hat Verdi mit seinen oft opernhaften Mitteln sehr eindrucksvoll inszeniert. Kaum jemals wurden die Schrecken des Jüngsten Gerichts imposanter in Töne gesetzt, kaum jemals hat die Tröstung der Hinterbliebenen einen ergreifenderen Klang gehabt. Wenn man sich dem ungehemmten und zuweilen auch bombastischen Pathos dieses Werkes in seiner vollen Pracht ungehindert hinzugeben vermag, gibt es kaum etwas Eindrucksvolleres.
Äußerer Anlass für die Komposition der Messa per Requiem war naheliegenderweise ein Todesfall: Im November 1868 starb Gioacchino Rossini, der für Verdi ein Symbol der italienischen Nation war. Um Rossini ein Denkmal zu setzen, hatte Verdi eine Idee: Zusammen mit anderen bedeutendsten italienischen Komponisten wollte er ein Requiem für den verstorbenen Kollegen komponieren, das dann zum ersten Jahrgedächtnis uraufgeführt worden wäre. Jeder sollte einen Satz komponieren. Verdi selbst stellte sich ganz hintan und reklamierte lediglich den letzten Satz für sich, das Libera me. Die Gemeinschaftskomposition wurde zwar fristgerecht fertig, zur Aufführung kam sie aber nie.
Erst ein weiterer Todesfall führte dazu, dass Verdi allein das Requiem vollständig vertonte. Am 22. Mai 1873 starb der Dichter und Schriftsteller Alessandro Manzoni, ein in Italien geradezu abgöttisch verehrter Nationaldichter. Im Hinblick auf den Text der Totenmesse hielt sich Verdi an die langanhaltende Tradition, nach der der Text der römisch-katholischen Totenmessen im Jahre 1570 per Dekret als Missa pro defunctis von Papst Pius V. festgelegt wurde. Nur das Graduale (Gesang zwischen den Lesungen) und den Tractus (Gesang zwischen Evangelium und Predigt) ließ Verdi aus.
Wie ein Trauerzug mutet der einleitende Introitus (Requiem aeternam) an. Das nachfolgende Kyrie ist durch den stetigen Wechsel von Solistenquartett und Chor geprägt, die sich immer weiter in einen flehentlichen Bittgesang hineinsteigern, um am Ende wieder im Pianissimo zu verklingen. In der anschließenden Sequenz (Dies irae) fährt Verdi alles auf, was das Orchester zu bieten hat. Die Schrecken des Jüngsten Gerichts malt er mit theatralischer Wucht und ungemein kontrastreicher Dramaturgie aus. Die martialischen Schläge zu Beginn oder die wuchtigen Einsätze des Chores schildern die Apokalypse mit geradezu bedrückender Intensität. Ungemein plastisch vertont Verdi auch das Tuba mirum, in dem er effektvolle Ferntrompeten einsetzt, oder das Rex tremendae, in dem das Orchester das große Zittern vor dem „König schrecklicher Gewalten“ eindrucksvoll in Szene setzt. Dem gegenüber stehen innige Soloarien und Ensembles, etwa das ergreifende Quid sum miser oder das Schuldbekenntnis Ingemisco, eine lyrische Tenorarie zum Dahinschmelzen. Ein großer Kontrast zur Sequenz, die gut ein Drittel des gesamten Requiems ausmacht, ist das den Solisten vorbehaltene Offertorium, die Gabenbereitung. Hier findet Verdi eine viel intimere und transparentere Klangsprache. Der Kontrast solch sphärischer Klänge zum nachfolgenden triumphalen, als Doppelfuge angelegten Sanctus mit seinen Trompetenfanfaren könnte kaum größer sein. Das anmutige Agnus Dei ist trotz – oder gerade wegen – seiner überwältigenden Schlichtheit ein kleines Meisterwerk. Sopran und Mezzosopran wechseln sich mit dem Chor ab. Mehr als eine schlichte Melodie und reduzierte Orchestrierung braucht Verdi hier nicht, um eine Atmosphäre höchster Innigkeit zu schaffen. Auf die sich anschließende Communio Lux aeterna, eine eindringliche Bitte nach ewigem Licht, folgt das Libera me, ein Begräbnisgebet, in dem in einer resoluten Fuge noch ein letztes Mal die Schrecken des Todes vor Augen und Ohren geführt werden, bevor das Requiem sich leise und hoffnungsvoll von Moll nach Dur wendend endet.
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