Kunst & Kultur

Bund-Länder-Initiative stärkt Digitalisierung in den Gedenkstätten Buchenwald und Sachsenhausen

Am heutigen Vormittag haben Astrid Ley, stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen, und Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, im Bundeskanzleramt Staatsminister Carsten Schneider, den Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland, über die Ergebnisse eines umfangreichen Digitalisierungsprojekts informiert, das vom Bund und den Bundesländern Brandenburg und Thüringen mit insgesamt rund 2,4 Millionen Euro gefördert wird. Im Rahmen des Projekts, das Staatsminister Carsten Schneider mit auf den Weg gebracht hatte, konnten in den Gedenkstätten die digitale Infrastruktur verbessert, die Digitalisierung von Sammlungsbeständen vorangetrieben sowie neue digitale Vermittlungsformate entwickelt werden.

Staatsminister Carsten Schneider: „Die Arbeit der Gedenkstätten ist wichtig, weil diese nicht nur Teil unserer historischen Verantwortung sind, sondern auch einen wichtigen Beitrag für unser Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft leisten. Dazu gehört auch, dass wir uns kritisch mit der Geschichte auseinandersetzen und uns unserer Verantwortung bewusst bleiben. Leider sind Rassismus und insbesondere Antisemitismus kein Thema ‚von gestern‘. Mit Hilfe der Digitalisierung können wir neue Wege finden, dass ‚nie wieder‘ zu vermitteln, weil zum einen die Zeitzeugen immer weniger werden und zum anderen die nachwachsenden Generationen Informationen anders aufnehmen und anders mit Medien umgehen und deshalb auch neue didaktische Ansätze einfordern.“

Astrid Ley: „Die Digitalisierung, die zum zentralen Instrument von Information, Transfer und Vermittlung geworden ist, stellt die Gedenkstätten vor große Herausforderungen, die nur mit Hilfe von Drittmittelförderungen zu bewältigen sind. Dank des von Bund und Land geförderten Projekts konnten wir eine online verfügbare Lernanwendung realisieren, die Schülerinnen und Schüler einlädt, sich mit Alltagesgegenständen aus dem Konzentrationslager auseinanderzusetzen. Ein neu entwickelter Medientisch bereitet die Thematik der Schreibtischtäter in der zentralen KZ-Verwaltung als Element einer crossmedialen Ausstellung auf. Mit der Implementierung einer neuen Datenbank-Software werden außerdem künftig alle personen- und objektbezogenen Informationen in einer Anwendung zusammengeführt. Bis die umfangreichen Sammlungsbestände vollständig online recherchierbar sein werden, ist es jedoch noch ein weiter Weg, für den die Gedenkstätten weitere Unterstützung benötigen.“

Jens-Christian Wagner: „Digitalisierung verändert den Wissenserwerb und die Meinungsbildung in der Gesellschaft radikal. Das erfordert neue Bildungskonzepte und -formate. Zur Bestandssicherung der Sammlungen und der baulichen Relikte gehört auch ihre digitale Erfassung und Präsentation. Medialer „Fake History“ muss eine wissenschaftlich begründete, seriöse Information entgegengesetzt werden.“

Seit Anfang 2023 ist die App „Dingen auf der Spur“ online unter https://dingenaufderspur.de/ abrufbar. Die App ist ein digitales Werkzeug zur Unterstützung der Bildungsarbeit, die gemeinsam von den Gedenkstätten Buchenwald und Sachsenhausen in Kooperation mit der „School of Design Thinking“ des Hasso-Plattner-Instituts Potsdam entwickelte wurde. Im Zentrum der Anwendung steht die Erkundung von digitalisierten historischen Objekten (2D/3D) aus den Sammlungen beider Gedenkstätten, die mit ergänzenden Texten, Fotos, Dokumenten und audiovisuellen Medien (historischen Ton- und Filmdokumenten) pädagogisch erschlossen und aufbereitet wurden. Zu den gezeigten Objekten gehören vor allem Alltagsgegenstände aus den Konzentrationslagern, Erinnerungsobjekte aus späterer Zeit und einige künstlerisch gestaltete Objekte von ehemaligen Häftlingen.

Im Rahmen eines Projektbausteins der Gedenkstätte Sachsenhausen wird die zehn Jahre alte Ausstellung über die „Inspektion der Konzentrationslager“ im sogenannten T-Gebäude in Oranienburg überarbeitet und in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Wissensmedien in Tübingen multimedial ergänzt. In Oranienburg war von 1938 bis 1945 der Sitz der SS-Behörde, die das System der Konzentrationslager steuerte und verwaltete. Die Neubearbeitung der Ausstellung will mit Hilfe von Dokumenten die bürokratischen Prozesse in den Mittelpunkt rücken, die hinter den Verbrechen in den Lagern standen. Zentrales neues Medium hierfür ist ein Multi-Touch-Tisch, an dem Besucherinnen und Besucher unterschiedliche Dokumente betrachten und entschlüsseln können. Dieser digitale Medientisch dient dazu, einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu einem eher sperrigen Thema herzustellen und auch Gäste ohne Vorwissen zu einer Beschäftigung mit den Schreibtischtätern des KZ-Systems einzuladen. Die Ausstellung wird im Frühjahr 2024 eröffnet.

In einem weiteren Teilprojekt wird in der Gedenkstätte Sachsenhausen die neue Datenbank-Software APS von Stegmann-Systems implementiert. Die neue Software soll alle personen- und objektbezogenen Informationen und Medien aus allen Sammlungsbereichen – Archiv, Bibliothek, Depot und Mediathek – zusammenführen. Mittelfristig sollen die Sammlungsbestände aller Gedenkstätten der Stiftung für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über Intranet für Recherchezwecke nutzbar sein. Künftig ist auch eine gesteuerte Nutzung über das Internet für die breite Öffentlichkeit geplant. Darüber hinaus wurden rund 100.000 Dokumente und Fotonegative gescannt und die Digitalisate anschließend für die Nutzung mit der neuen Datenbank verlinkt und erfasst.

Im Teilprojekt zur Digitalisierung zentraler Bestände aus Archiven, Bibliotheken und Sammlungen der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora werden verschiedene Bestände erschlossen und dauerhaft erhalten. Bearbeitet werden unter anderem schriftliche Berichte über das Konzentrationslager Buchenwald ab 1945, publizierte Werke der Überlebenden und Video-Interviews aus der Geschichte der beiden Gedenkstätten. Im Projekt werden dafür Verzeichnungsstandards gesetzt und die Verknüpfung mit Normdaten vorangetrieben. Mit dem freien Zugang zu den gewonnenen Daten machen wir die historischen Quellen zur Geschichte der Konzentrationslager für Forschung und Bildungsarbeit digital zugänglich und ermöglichen den Austausch mit anderen Lernorten und Kulturerbe-Institutionen.

Im Sommer 2021 startete ein vom Bund und den Ländern Brandenburg und Thüringen gefördertes Digitalisierungsprojekt, das die Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen und die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora gemeinsam initiiert hatten. Das Projekt der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen wird über einen Zeitraum von vier Jahren von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg mit je 795.500 Euro gefördert. Die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora erhält im gleichen Zeitraum jeweils 407.000 Euro von der Bundeskulturbeauftragten und von der Thüringer Staatskanzlei.

Information: www.sachsenhausen-sbg.de

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