Diskussion zur EU-Chemikalienstrategie in Brüssel
Die DG GROW stellte dar, dass aus ihrer Sicht die Prozesse der Regulierung verändert werden müssen, um den vielen und zunehmenden Einzelbeurteilungen entgegenzuwirken. Dazu sollen Beschränkung und Autorisierung durch Generalisierungen vereinfacht in die Umsetzung gelangen. Es wurde klar, dass die Kommission Einzelfallbetrachtungen vermeiden will. Dies soll die Durchsetzung in den Mitgliedsstaaten erleichtern. Außerdem soll es auch für KMUs leichter werden – was jedoch nicht plausibel wurde.
Ein Vertreter der ECHA wies darauf hin, dass unverändert tausende Nachfragen zu Registrierungen, Beschränkungen und Autorisierungen beim REACH Helpdesk eingehen, auch zu bereits fortgeschrittenen Fällen wie Chromtrioxid. Warum dies trotz hoher Anstrengungen der ECHA zur Aufklärung über Q&As sowie Guidelines der Fall ist, wurde nicht hinterfragt. Vielmehr wird auch hier erwartet, durch mehr generische, allgemeine Regulierungsmaßnahmen zu einer Verbesserung zu gelangen.
Sowohl seitens der Politik als auch der Industrie kam deutliche Kritik am Vorgehen und den Schlussfolgerungen von Kommission und ECHA. Insbesondere mit Bezug auf den PFAS-Beschränkungsentwurf bezweifelten viele Teilnehmer, dass die neuen Ansätze zielführend sind. Befürchtet wird eine weitere Belastung der Wirtschaft. Der Vertreter eines der größten KMUs in Familienhand in Europa stellte plastisch die Folgen der derzeitigen Vorgehensweise (Beispiel PFAS und Autorisierungen) an einem konkreten Produkt dar. Er forderte die Kommission auf, Regeln zu setzen, die auch erfüllt werden können.
Ein weiterer Kritikpunkt – vorgetragen durch SMEunited – war die Abkehr vom Risk-based-approach zum Hazard-based-approach, wodurch zum Beispiel jede Einstufung in CLP sofort weitreichende Folgen in die Lieferketten zeigen muss.
Die REACH-Revision ist im Arbeitsprogramm bis Ende 2024 nicht enthalten. Dennoch wurde in der Diskussion festgestellt, dass Konzepte davon weiter implementiert und ausgearbeitet werden (Generic-risk-concept, Vereinigung von Autorisierung und Beschränkung, Essential Use etc.).
Aufschlussreich war dazu das Eingeständnis, dass sich Abgeordnete und Kommission gemeinsam auf die möglichen Anforderungen des in 2024 neu gewählten Parlaments vorbereiten wollen unter anderem auch durch Ausgestaltung der REACH Revision.
Insgesamt kamen viele zur Einschätzung, dass weder DG GROW noch DG ENV noch ECHA sich der Konsequenzen ihrer Vorgehensweisen bewusst sind. Sie sehen keine Notwendigkeit, von den bisherigen Prozessen abzuweichen. Trotz der zunehmenden Schwierigkeiten sind sie anscheinend der Auffassung, ein „Mehr vom Gleichen“ würde zur Verbesserung führen. Zu PFAS- und ggf. CrO3-Beschränkung wurden beispielsweise ausgeführt, sie seien „nun im Prozess“, ausgelöst durch Mitgliedstaaten. Ein Hinterfragen der Sinnhaftigkeit des Beschränkungsvorschlags kam weder den DGs noch der ECHA als Expertenbehörde in den Sinn.
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass das Problembewusstsein in der EU-Exekutive nach wie vor schwach entwickelt ist. Gerade die weitreichenden, indirekten Folgen der Regulierungen werden nicht wahrgenommen und teilweise willkürlich negiert. Ein grundsätzliches Hinterfragen der Regulierungsansätze findet nicht statt. Auch eine Überprüfung der eigenen Zielerreichung findet nicht statt.
Doch auch Parlamentarier benötigen eine beständige, zuverlässige Information, um Folgen und Notwendigkeiten korrekt einschätzen zu können. Noch bestehen einige Missverständnisse, die auch der ZVO auszuräumen versuchen wird.
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