Dritte Akzeptanzstudie: Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung nehmen den Tourismus in MV als wichtig wahr
Dazu Tobias Woitendorf, Tourismusbeauftragter des Landes und Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern: „Mecklenburg-Vorpommern ist in erster Linie Urlaubsland, in dem der Tourismus ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig ist. Deshalb ist eine funktionierende Tourismuskultur, die durch ein ausgewogenes Miteinander zwischen Einwohnern und Gästen geprägt ist, unabdingbar. Nur wenn Tourismus gut ausbalanciert, verstanden und akzeptiert ist, kann er für das Land auch in Zukunft stabil laufen.“ Dr. Sabina Seeler, Lehrkraft an der FH Westküste und Vorstandsmitglied im Deutschen Institut für Tourismusforschung (DI Tourismusforschung), ergänzte: „Die Wichtigkeit des Tourismus als Wirtschaftsfaktor wird durch Einwohner*innen Mecklenburg-Vorpommerns auch im Bundesvergleich deutlich höher eingestuft – während auf Bundesebene 48 Prozent der Einwohner*innen zustimmten, sind es in Mecklenburg-Vorpommern 61 Prozent – nur in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg sind die Zustimmungen noch höher. Hingegen wird der Tourismus in MV deutlich seltener als Treiber der eigenen Lebensqualität und einer lebenswerten Umwelt verstanden.“
Jeder vierte Einwohner erkennt Wichtigkeit des Tourismus für sich persönlich
„Wenn mit 26 Prozent nur rund jeder vierte Einwohner die Wichtigkeit des Tourismus auch für sich persönlich erkennt, haben wir offenbar ein Übersetzungsproblem“, so Woitendorf weiter. In diesem Zusammenhang verwies er auf die aktuellen Berechnungen zum Wirtschaftsfaktor Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern, nach denen die Branche einen Bruttoumsatz von rund 7,1 Milliarden Euro pro Jahr generiert. „Das ist Geld, das im Wesentlichen von außen in das Land eingebracht wird und das Leben in Mecklenburg-Vorpommern an vielen Stellen befördert“, sagte Tobias Woitendorf. Das mangelnde Bewusstsein, dass der Tourismus auch persönlichen Nutzen stiften, spiegelt sich auch im so genannten Tourismusakzeptanzsaldo persönlich (TAS-P) wider. Bezogen auf die persönlichen Belange werden die Auswirkungen des Tourismus durch die Mehrheit der Einwohnerinnen und Einwohner als neutral eingestuft – dies ist auch auf Bundeebene der Fall. Insgesamt unterliegt das „Tourismusakzeptanzsaldo persönlich“ geringeren Schwankungen. Allerdings zeige sich laut Dr. Sabrina Seeler erstmalig auf Bundesebene auch hier eine sinkende Akzeptanz – maßgeblich durch den Anstieg neutraler Nennungen. Im Bundeslandvergleich seien Schwankungen des TAS-P-Wertes zwischen +17 und +30 ermittelbar.
Indifferenz oder das Phänomen der neutralen Mitte
44 Prozent der Befragten gaben an, weder direkt von den positiven, als auch nicht direkt von den negativen Auswirkungen des Tourismus betroffen zu sein. Die Gründe für die neutrale Haltung gegenüber dem Tourismus sind vielfältig: 20 Prozent sagten, dass sie die Auswirkungen auf sich persönlich nicht einstufen können und sich dementsprechend neutral äußern möchten, 18 Prozent sehen eine Balance zwischen positiven und negativen Auswirkungen; für 16 Prozent ist der fehlende Tourismus an ihrem Wohnort ausschlaggebend für die neutrale Haltung, 2 Prozent wählten die Antwort „Sonstiges“. Dr. Sabrina Seeler erklärte dazu: „Auch auf Bundesebene ist der Anteil der Neutral-Nennungen seit Erstmessung im Jahr 2019 deutlich gestiegen – der Anteil wahrgenommener negativer Auswirkungen geht zwar zurück, allerdings werden positive Auswirkungen auch zum Teil deutlich seltener erkannt.“
Einstellung zum Tourismusaufkommen insgesamt
Die Hälfte der Befragten bewertet Anzahl der Touristen insgesamt als „die richtige Menge“. 21 Prozent finden, es sind „zu wenige“, 15 Prozent finden, es sind „zu viele“ Gäste im eigenen Wohnort. Hier gibt es im Vergleich zur letzten Messung nur marginale Schwankungen. Dabei werden Tagestouristen im Vergleich zu Übernachtungsgästen etwas häufiger als „zu viele“ wahrgenommen. Ausländische Touristen werden am stärksten als „zu wenige“ in Mecklenburg-Vorpommern wahrgenommen.
Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung des Tourismus
Die Tourismusakzeptanz fällt bei jüngeren Einwohnern geringer aus als bei älteren: Für sich persönlich erkennen 17 Prozent der unter 35-Jährigen überwiegend negative Auswirkungen durch den Tourismus. Demgegenüber weisen Einwohner mit einem wirtschaftlichen Bezug zum Tourismus auch eine höhere Tourismusakzeptanz auf.
Wahrnehmung positiver Auswirkungen des Tourismus
Insgesamt herrscht eine hohe Zustimmung zur wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus im Nordosten. Die Top 5 (kaum Veränderung zum Vorjahr) der wahrgenommenen positiven Aspekte des Tourismus sind folgende: 75 Prozent sehen, dass der Tourismus die lokale Wirtschaft fördert, für 70 Prozent zeichnet er für ein positives Image verantwortlich, 62 sagen, dass er attraktive Arbeitsplätze schafft, für 57 Prozent trägt er zum Erhalt der Kultur, für 54 Prozent zum Erhalt der Infrastruktur bei. „Die wahrgenommenen positiven Effekte des Tourismus sind im Vergleich zum Vorjahr etwas gesunken, was teils auch mit den aktuellen Veränderungen in der Weltzusammenhängen kann“, sagte Woitendorf.
Wahrnehmung negativer Auswirkungen des Tourismus
Die wahrgenommenen negativen Effekte des Tourismus sind folgende: Für 58 Prozent der Befragten vergrößert der Tourismus die Verkehrsprobleme, für 54 Prozent trägt er zur Belastung der Natur bei, für 45 Prozent werden durch den Tourismus Dinge teurer, für ebenso viele sind es oft zu viele Gäste zur selben Zeit am selben Ort, und für 44 Prozent ist es durch die Gäste zu voll. Dabei ist festzustellen, dass im Vergleich zum Vorjahr auch die negativen Effekte weniger stark wahrgenommen werden. Handlungsbedarf sehen Einwohner bei der Verkehrsproblematik (50 Prozent), bei der Mitbestimmung bei touristischen Plänen (34 Prozent) sowie bei der Verbesserung des Umweltschutzes (34 Prozent).
Die Insel Usedom zeigt vergleichsweise stark erhöhte Zustimmungswerte zu den empfundenen negativen Auswirkungen des Tourismus. Neben Verkehrs- und Umweltbelastungen und Preissteigerungen fällt insbesondere der Aspekt des touristischen Wohnens ins Auge: 73 Prozent stimmen der Aussage zu, dass zu viel Wohnraum auf Usedom für Touristen genutzt wird. Für Mecklenburg-Vorpommern insgesamt ergeben sich hier nur 25 Prozent. Auch auf Rügen und in Rostock werden die negativen Effekte überdurchschnittlich stark wahrgenommen – die positiven Effekte jedoch genauso. In der Region Mecklenburg-Schwerin sind nicht nur die wahrgenommenen positiven Effekte des Tourismus weniger stark ausgeprägt, auch die negativen Effekte werden weniger gesehen als in anderen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns.
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