„Ein schwarzer Tag für die suizidwilligen Betroffenen“
Damit wurde gerade der Wunsch der beiden Kläger, keine Hilfe Dritter in Anspruch nehmen zu wollen, sondern freiverantwortlich im Kreise ihrer Familien ein suizidgeeignetes Medi-kament zu sich zu nehmen, unmöglich gemacht. Roßbruch, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben ist, kündigte Verfassungsbeschwerde an. Roßbruch: „Ich befürchte nur, dass die beiden Kläger eine weitere gerichtliche Entscheidung nicht mehr er-leben werden.“
Zu den politischen Konsequenzen meint der DGHS-Präsident: „Das heutige Urteil beinhaltet meines Erachtens ein deutliches Signal an den Bundesgesetzgeber, nun endlich eine verfas-sungskonforme Neuregelung des Betäubungsmittelgesetzes zu verbschieden.“
Die Kläger – ein Mann aus Rheinland-Pfalz und ein Mann aus Niedersachsen – hatten seit 2017 (wie mehr als 200 weitere Personen) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medi-zinprodukte (BfArM) um eine Ausnahmegenehmigung zum Erwerb für Natrium-Pentobarbital gebeten. Auf Weisung des damaligen Bundesgesundheitsministers waren sämtliche Anträge abgelehnt worden. Es habe zudem ein Versagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) vorgelegen, urteilte später das zuständige Ver-waltungsgericht. Anfangs noch sieben Personen hatten den Klageweg beschritten.
Bereits in der mündlichen Verhandlung am 26.10.2023 war mit Harald Mayer, einem der beiden noch lebenden Kläger, erörtert worden, ob das Grundrecht auf selbstbestimmtes Ster-ben berührt ist, wenn der Zugang zu dem am wirksamsten eingeschätzten Mittel vom Staat verweigert wird. In der geübten Praxis greifen helfende Ärzte in Deutschland zurzeit auf an-dere ähnlich wirksame Medikamente zurück, die jedoch nur intravenös eingesetzt werden können. Natrium-Pentobarbital hat sich in der Schweiz bewährt, gilt als sanft und zuverläs-sig. Zudem kann es intravenös oder oral eingenommen werden.
Das Oberverwaltungsgericht hatte am 02.02.2022 das Begehren der Kläger abgelehnt und begründet, dass ein zumutbarer Zugang zu freiwillig bereitgestellter Suizidhilfe bereits be-stehe. Infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 (zur Verfas-sungswidrigkeit des in § 217 StGB geregelten Verbots der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung) habe sich die Möglichkeit, den Wunsch nach selbstbestimmtem Sterben zu verwirklichen, wesentlich verbessert. Das ärztliche Berufsrecht steht der Suizidhilfe nicht mehr generell entgegen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung war eine Revision möglich gewesen, die Roßbruch wahrnahm.
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