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„Gender“ statt „sex“, Wille statt Biologie, Geschlechtschirurgie statt Jugendschutz – was das „Selbstbestimmungsgesetz“ bedeutet

Erfordert es die Menschenwürde, dass Selbstauskünfte von Menschen nicht überprüft werden dürfen? Selbst dann nicht, wenn es um offizielle Dokumente geht, die Rechtsansprüche begründen? Nichts anderes behaupten die Verteidiger des jüngst im Bundestag beratenen „Selbstbestimmungsgesetzes“ (Gesetz zur „Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“). Sie argumentieren, dass die Menschenwürde von „transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen“ es erfordere, die „personenstandsrechtliche Geschlechtszuordnung und die Vornamenswahl von der Einschätzung dritter Personen zu lösen“ (§1). „Jede Person, deren Geschlechtsidentität von ihrem Geschlechtseintrag im Personenstandsregister abweicht“, soll vom Standesamt einen anderen Geschlechtseintrag verlangen können. Sie muss nur erklären, dass der neue Eintrag „ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht“ (§2) (1).

Bisher muss die Änderung des Geschlechtseintrags von einem Amtsgericht genehmigt werden, dem Gutachten von zwei Sachverständigen vorzulegen sind. Die Gutachter müssen keine Psychiater sein, auch wenn dies immer wieder behauptet wird. Sie sollten nur „aufgrund ihrer Ausbildung und beruflichen Erfahrung“ die „Probleme des Transsexualismus“ kennen. In der Praxis genügt jede medizinische Ausbildung, sofern überhaupt Anforderungen an die Qualifikation der Gutachter gestellt werden. Denn wie der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) darstellt, wird fast jeder Antrag zugunsten des Antragstellers beschieden (2). Die Gesetzesänderungen wären nicht nötig, wenn es darum ginge, einer kleinen Zahl Betroffener zu helfen. Es scheint um etwas anderes zu gehen: Um einen Paradigmenwechsel in der Rechtsordnung.

Grundlage des Personenstandsrechts soll nicht mehr das, objektiv erfassbare, biologische Geschlecht („sex“) sein, sondern die subjektive Geschlechtsidentität („gender“). Dafür beruft man sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum „Dritten Geschlecht“ (2017). Das behauptet, dass
„sich das Geschlecht nicht allein nach genetisch-anatomisch-chromosomalen Merkmalen bestimmen oder gar herstellen lässt, sondern von sozialen und psychischen Faktoren mitbestimmt wird“ (3).
Diese Aussage ist „Unfug“, wie die Nobelpreisträgerin für Physiologie Nüsslein-Volhard schreibt. (4) Denn sie verwechselt bzw. vermischt die „Geschlechtsidentität“ mit dem biologischen Geschlecht.

Die biologische Geschlechtseinteilung in Männer und Frauen ist durch Chromosomen, Keimdrüsen und Keimzellen determiniert. Sie ist von Geburt an festgelegt und nicht veränderbar (5). Davon zu unterscheiden ist die „Geschlechtsidentität“, ein soziales Konstrukt mit dem sich die „gender studies“ befassen. Soweit diese wissenschaftlich-seriös betrieben werden, beschäftigen sich diese mit dem Einfluss sozialer Rollenerwartungen auf das Leben von Frauen (seltener auch von Männern). Dass diese Rollenerwartungen Verhaltensweisen beeinflussen können, sieht man z. B. in Bezug auf Mutterschaft und Kinderbetreuung. Von dieser Sozialforschung zu unterscheiden ist die Genderideologie, die das (biologische) Geschlecht (sex) „dekonstruieren“ will. Die „binäre“ Einteilung in Frauen und Männer muss überwunden werden, lautet Ihr zentraler Glaubenssatz. Das „Selbstbestimmungsgesetz“ gießt diese Ideologie in Rechtsform.

Welche Folgen das hat, wird immer noch unterschätzt. So könnte eine schwangere Frau ihren Geschlechtseintrag ändern und als rechtlicher „Mann“ ein Kind gebären. Das soll es schon geben. Dem Bundesverband Trans* zufolge haben weltweit bereits Dutzende „trans* Männer“ leibliche Kinder geboren. Nach derzeitigem Recht wäre dieser „trans* Mann“ trotzdem die Mutter des Kindes. Denn nach §1592 BGB ist die Mutter eines Kindes, „die Frau, die es geboren hat“. Der Bundesverband Trans* fordert deshalb die Abschaffung von §1592 BGB, weil er „die Anerkennung von gebärenden Vätern unmöglich macht“ (6).

Der Mutterbegriff des BGB ist aber ein Stabilitätsanker. In einer Zeit, in der die Beziehungen brüchiger und die Familienkonstellationen komplizierter geworden sind, sichert er die Eindeutigkeit der Mutterschaft. Genau das scheint die Anhänger von „Regenbogenfamilien“ zu stören. Sie wollen, dass Kinder von Geburt an zwei Mütter haben können. Auch das will die Ampelkoalition ermöglichen. Dafür plant sie eine Reform des Abstammungsrechts. Damit verbunden sollen auch Eizellspenden und Leihmutterschaften legalisiert werden. Nach dem „Selbstbestimmungsgesetz“ sind das die nächsten Angriffe auf die bürgerliche Gesellschaft, die der FDP-Justizminister als „größte familienrechtliche Reform der letzten Jahrzehnte“ bewirbt (7).

Allen „Reformen“ gemeinsam ist der Glaube, dass die Biologie irrelevant ist. Dass der Wunsch und der Wille das menschliche Dasein bestimmen (sollen). Das betrifft besonders junge Menschen, die nach dem Selbstbestimmungsgesetz ab dem 14. Geburtstag ihren Geschlechtseintrag ändern können. Auch gegen den Willen ihrer Eltern sollen medizinische Eingriffe zur „Geschlechtsumwandlung“ ab 14 Jahren möglich sein. Dabei warnen Kinder- und Jugendpsychiater vor falschen Selbstdiagnosen als „trans“, die sie immer öfter bei Mädchen beobachten. Als Folge dieses „Transhypes“ ist die Zahl der „Operationen zur Genitalorganumwandlung“ rasant gestiegen. Seit 2007 hat die Zahl solcher Operationen an 15-25-Jährigen um mehr als das 15-fache, an 15-20-Jährigen sogar um mehr als das Fünfzigfache zugenommen. Hinter diesen Zahlen verbergen sich Schicksale von körperlich gesunden Mädchen, denen Brüste, Gebärmütter und Eierstöcke entfernt werden. Den Operationen voran geht die Einnahme von Hormonen und GnRH-Analoga („Pubertätsblocker“), die sonst in der Krebstherapie eingesetzt werden (8). Zu dieser Medikation gibt es keine Zahlen. Es fehlt an wissenschaftlicher Evaluation, insbesondere an Langzeitstudien zu „Transitionen“. In einer Zeit, in der sonst „evidenzbasierte“ Medizin gefordert wird, ist das eigentlich ein Skandal. Aber empirische Evidenz würde einen Paradigmenwechsel, der Wunsch und Willkür über die Realität stellt, stören.

(1)  Das Gesetz und die Debatte zur 1. Lesung:
https://dserver.bundestag.de/btd/20/082/2008203.pdfhttps://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw46-de-geschlechtseintrag-976420;
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-11/bundestag-selbstbestimmungsgesetz-debatte-marco-buschmann-union.
(2)  Das Verfahren nach dem Transsexuellengesetz – qz-ts-muc.deRatgeber: Änderung des Namens und Personenstands/ Geschlechtseintrag nach dem Transsexuellen-Gesetz (TSG) (lsvd.de)
(3)  https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/10/rs20171010_1bvr201916.html; Prägnant und kritisch zu dieser Aussage:
https://www.emma.de/artikel/viele-geschlechter-das-ist-unfug-339689
(4)  https://www.emma.de/artikel/viele-geschlechter-das-ist-unfug-339689
(5)  Der Sachverhalt von einer Biologin verständlich erklärt:
https://www.youtube.com/watch?v=Y5Z1na2Nfug.
Zur Debatte um diesen (gecancelten) Vortrag:
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus239715251/Humboldt-Universitaet-Das-sagt-Marie-Luise-Vollbrecht-nach-dem-abgesagten-Vortrag.html.
(6)  https://www.bmfsfj.de/resource/blob/120622/38a582dc96ce82d9508dc0929fd9f2b7/paradigmenwechsel-bv-trans-data.pdf. Ausführlicher hierzu: https://i-daf.org/newsletter/transgender-besonders-betroffen-ist-das-schwache-geschlecht/.
(7)  Siehe dazu im Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“, S. 101 f., S. 116 f. sowie S. 119-120. https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/1f422c60505b6a88f8f3b3b5b8720bd4/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1;
https://www.rnd.de/politik/buschmann-kuendigt-groesste-familienrechtsreform-der-letzten-jahrzehnte-an-44V5IVB2L5L6YXGLUKW22KKMJA.html.
(8)  Siehe hierzu die Abbildungen „Operationen zur „Geschlechtsangleichung“ sowie „Explodierende Zahl von Geschlechtsoperationen an Jugendlichen“. Zur Diskussion unter Medizinern: https://www.aerzteblatt.de/archiv/228699/Transition-bei-Genderdysphorie-Wenn-die-Pubertas-gestoppt-wird.

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