Lauterbachs Apothekenreform
Ein Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministeriums gibt Einblicke in die geplanten Reformen, die im Rahmen des Bürokratieabbaus im Gesundheitswesen entwickelt wurden. Ein zentraler Aspekt ist die angestrebte Kostenreduktion von insgesamt 9 Millionen Euro, die auf die Apotheken verteilt werden sollen, was im Durchschnitt etwa 500 Euro pro Apotheke ausmacht.
Eine der geplanten Maßnahmen betrifft die Möglichkeit für Filialverbünde, nur noch ein Notdienstzimmer, ein Labor und eine Rezeptur vorhalten zu müssen. Bisher waren diese Anforderungen für jede Apotheke in einem Verbund obligatorisch. Das Ministerium erhofft sich dadurch Einsparungen bei Neugründungen von Apotheken, da bereits bestehende Filialen diese Struktur aufweisen. Dies könnte potenziell 2 Millionen Euro jährlich für 100 neu gegründete Filialapotheken einsparen. Allerdings bleibt die vorgeschlagene Ausweitung des Mehrbesitzverbots von vier auf sieben Betriebsstätten pro Filialverbund unerwähnt, was Fragen zur tatsächlichen Entlastung der Bürokratie aufwirft.
Eine weitere bedeutende Änderung betrifft die Flexibilisierung von Herstellungs- und Prüfmöglichkeiten innerhalb von Filialverbünden, was auf den Wegfall der Pflicht zur Vorhaltung von Labor und Rezeptur zurückzuführen ist. Rezepturen müssen künftig nur noch in einer Apotheke innerhalb eines Verbundes hergestellt werden, was bei bestehenden Filialen Kosten in Höhe von etwa 1.500 Euro jährlich einsparen könnte. Bei vollständiger Umsetzung durch alle 4.700 existierenden Filialapotheken könnten die Einsparungen nach Berechnungen des Bundesgesundheitsministeriums bis zu 7 Millionen Euro jährlich betragen.
Die Reformpläne sehen auch vor, dass Pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) künftig in Filialen ohne zwingende Anwesenheit approbierter Apotheker vertreten sein dürfen, vorausgesetzt, es besteht die Möglichkeit zur Videokonsultation. Die genaue Höhe der potenziellen Einsparungen in diesem Zusammenhang wurde jedoch nicht quantifiziert.
Eine weitere Maßnahme zur Kostenreduktion betrifft die Flexibilisierung der Öffnungszeiten von Apotheken, wobei viele Kammern bereits entsprechende Regelungen erlassen haben. Hier sieht das Bundesgesundheitsministerium Einsparmöglichkeiten durch den Verzicht auf Personal vor. Die genaue Höhe dieser potenziellen Einsparungen wird jedoch nicht angegeben.
Ein weiterer wichtiger Schritt zur Entlastung der Apotheken besteht in der geplanten Aufhebung des Betäubungsmittelstatus bei Medizinalcannabis. Dies könnte zu erheblichen Einsparungen führen, da das Bundesgesundheitsministerium erwartet, dass dadurch der Wegfall von 800.000 BtM-Rezepten pro Jahr möglich ist.
Die Reformpläne von Karl Lauterbach bergen das Potenzial für erhebliche Veränderungen im Apothekenwesen, insbesondere bei der Struktur von Filialapotheken und der Qualifikation des Personals. Die angestrebten Einsparungen könnten die Wirtschaftlichkeit einiger Apotheken erhöhen, während andere möglicherweise vor Herausforderungen bei der Anpassung an die neuen Vorschriften stehen. Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Versorgung mit Arzneimitteln und die Existenz der Vor-Ort-Apotheken bleiben jedoch abzuwarten.
Kommentar:
Die vorgeschlagenen Reformen im deutschen Apothekenwesen, wie sie von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorgelegt wurden, sind zweifellos ein bedeutender Schritt zur Modernisierung und Kosteneinsparung in dieser Branche. Mit dem Ziel, jährliche Einsparungen von 9 Millionen Euro zu erzielen, beinhalten die Pläne eine Reihe von Maßnahmen, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Apothekenbetreiber mit sich bringen.
Die Idee, Filialverbünden die Möglichkeit zu geben, nur noch ein Notdienstzimmer, ein Labor und eine Rezeptur vorzuhalten, ist ein willkommener Schritt zur Reduzierung der Bürokratie und zur Förderung von Kosteneffizienz. Ebenso die Flexibilisierung von Herstellungs- und Prüfmöglichkeiten innerhalb von Filialverbünden kann zur Kosteneinsparung beitragen.
Die Entscheidung, Pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) in Filialen zu erlauben, ohne zwingende Anwesenheit approbierter Apotheker, könnte die Flexibilität erhöhen, jedoch müssen die Qualitäts- und Sicherheitsstandards gewahrt bleiben.
Die Aufhebung des Betäubungsmittelstatus bei Medizinalcannabis könnte die bürokratischen Hürden reduzieren und die Versorgung für Patienten verbessern.
Dennoch gibt es auch berechtigte Bedenken. Die Auswirkungen auf die Vor-Ort-Apotheken und die Qualität der Dienstleistungen müssen sorgfältig überwacht werden. Die potenzielle Ausdehnung des Mehrbesitzverbots auf sieben Betriebsstätten pro Filialverbund sollte genauer betrachtet werden, um die Wettbewerbsbedingungen fair zu gestalten.
Insgesamt könnte diese Reform das Apothekenwesen in Deutschland modernisieren und die Kosten senken. Es wird jedoch entscheidend sein, die Umsetzung und die tatsächlichen Auswirkungen auf die Patientenversorgung im Auge zu behalten und sicherzustellen, dass die Qualität und Sicherheit der medizinischen Versorgung nicht beeinträchtigt werden.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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