Kunst & Kultur

Miron Schmückle. Flesh for Fantasy

 

1. DEZEMBER 2023 BIS 14. APRIL 2024
Sammlung Gegenwartskunst
Pressevorbesichtigung: Freitag, 1. Dezember 2023, 9.30 Uhr

Der rumänisch-deutsche Künstler Miron Schmückle (*1966, Sibiu/Hermannstadt) gehört zu den singulären Protagonisten der Gegenwartskunst. Aufgewachsen in Rumänien unter Ceaușescu, träumte sich der Künstler bereits als Kind in andere Welten, die durch den Eisernen Vorhang jedoch für immer unerreichbar schienen. Die früh einsetzende Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte einerseits wie mit der Flora und Fauna ferner Länder andererseits mündete in einem einzigartig kohärenten künstlerischen Werk. Das Städel Museum zeigt vom 1. Dezember 2023 bis 14. April 2024 eine Einzelausstellung von Miron Schmückle mit rund 30 Werken, darunter auch erstmals neu entstandene Arbeiten.

Schmückles Bilderkosmos war von Anfang an mit der Vorstellung von Urwald und Dschungel verbunden und oszilliert zwischen feinmalerischem Hyperrealismus und unverstelltem Eskapismus, präziser Naturbeobachtung und überbordender Vorstellungskraft. Die geradezu wissenschaftlich-botanische Herangehensweise seiner Pflanzendarstellungen täuscht über die Tatsache hinweg, dass seine komplexen Schöpfungen nicht der Natur entstammen, sondern der Fantasie. Sie basieren auf seinem Verständnis und seinen Beobachtungen der Natur mit ihren vielfältigen Farben, Formen und Beschaffenheiten von Oberflächen. Seine Arbeiten weisen Verbindungen zu Florilegien und Parallelen zur Pflanzen- und Stilllebenmalerei der Renaissance und des Barock auf, wie sie in den Kunst- und Wunderkammern gesammelt wurde.

Mit der eigens für die Ausstellung Flesh for Fantasy angefertigten Serie Cosmic Attractors (2023) lässt der Künstler das Publikum an der räumlichen und zeitlichen Komplexität seiner floralen Fantasiegebilde teilhaben, die er stets dreidimensional denkt: Durch die Anordnung unterschiedlicher großformatiger Ansichten und Erscheinungsformen ein- und derselben Pflanzenkomposition im Raum entsteht eine Installation, in der die Besucher den Pflanzen beim Wachsen förmlich zuschauen können.

Philipp Demandt, Direktor des Städel Museums und Kurator der Ausstellung: „Mit seinen hyperrealistischen und zugleich fantastischen Zeichnungen von Pflanzen und Gewächsen reiht sich der Künstler Miron Schmückle in eine kunsthistorische Tradition ein, in der die genaue Beobachtung und Wiedergabe der Natur zentrale Themen sind. Werke von Maria Sybilla Merian oder Georg Flegel und auch das Paradiesgärtlein aus der Sammlung des Städel Museums sind herausragende Beispiele, die mit den feingliedrigen Zeichnungen von Miron Schmückle in Verbindung stehen. Seine Mischwesen aus Pflanzen- und Tierwelt amalgamieren Duft und Gift, Schönheit und Vergänglichkeit, Anatomie und Sexualität zu einem ebenso überzeitlichen wie aus der Zeit gefallenen Gesamtwerk zwischen Wahrheit und Erfindung, Leben und Tod.“

Für seine labyrinthischen Pflanzenkompositionen fertigt Miron Schmückle zunächst detaillierte Studien einzelner Elemente wie Blätter, Wurzeln, Blüten, Zweige und Blattranken an, die er im nächsten Schritt zu stimmigen Strukturen zusammenfügt. Die Verbindungen gleichen über- und untereinander angelegten Wegen, die sich über das gesamte Blatt verfolgen lassen. Sie laden dazu ein, einzelne Details und gleichzeitig die Komposition als Ganzes zu betrachten.

In Schmückles Vorstellung haben die Pflanzengebilde eine Vorder- und eine Rückseite und sind dreidimensionale Objekte. Herzstück der Ausstellung im Städel Museum ist die Pflanzenkomposition der vierteiligen Werkserie Cosmic Attractors (2023), die auf der Mittelachse des Ausstellungsraumes platziert ist und dessen architektonische Elemente aufgreift. In der Mitte des Raumes, dem Eingang zugewandt, hängt das zentrale Werk der Serie, Cosmic Attractors I, recto. Auf der Rückseite befindet sich Cosmic Attractors I, verso, die Rückansicht der Komposition. Durch die Darstellung verschiedener Wachstumsphasen fügt Schmückle der räumlichen Dimension noch eine zeitliche hinzu: Cosmic Attractors II an der gegenüberliegenden Spiegelwand (John Armleder, Mosaic Mirror Wall Piece, 1991– 2012) zeigt das Luftgebilde gespiegelt und in einem weiterentwickelten Zustand. Dreht sich der Besucher um, entdeckt er das vierte Werk zwischen den beiden Eingangstüren: Cosmic Attractors – Nachstudie ist zwar das Spiegelbild von Cosmic Attractors I, recto, zeigt aber die Pflanzengestalt am Anfang ihres Wachstums und ist daher kleiner als die anderen Darstellungen der Serie.
Der Titel Cosmic Attractors ist den Ideen des Philosophen Emanuele Coccia (*1976) entlehnt, der die Blüte nicht als Sexualorgan der Pflanze, sondern als Boudoir beschreibt, in dem der Akt der Befruchtung stattfindet. Die schöpferische Kraft der Blüte in der Natur offenbart sich in den Metamorphosen, die sie durchläuft, um die Aufmerksamkeit der Welt mit einer beispiellosen Extravaganz an Farben und Formen auf sich zu ziehen. Das Konzept des Universums findet sich auch in Schmückles Werken wieder, mit ihrer sich ewig erneuernden Energie, die in einem kosmischen Moment mündet und sich mit dem Wissen um die den Zeichnungen zugrundeliegenden Fantasie umso mehr steigert. Seine Pflanzenkompositionen haben keine Rangordnung, in der ein Oben, Unten oder eine Mitte auszumachen wäre. Diese hierarchische Freiheit der Formationen wird am Beispiel des Diptychons Se sustinet ipsa II (2013) deutlich: Egal wie die beiden Werke angeordnet sind, durch die arrangierten Verästelungen besteht immer eine Verbindung zueinander.

Die Präzision und Genauigkeit seiner Werke stellen Miron Schmückle bei großen Formaten vor eine besondere Herausforderung. Wochenlang verbringt der Künstler damit, Entwürfe auf Skizzenbögen mit Bleistift vorzuzeichnen. Danach entsteht eine Kompositionsskizze im Maßstab 1:1, die auf den Malkarton übertragen wird. Die Ausmalung der Vorzeichnungen dauert dann mehrere Wochen oder Monate. Das titelgebende Werk der Ausstellung Flesh for Fantasy ist mit einer Größe von ca. 2 × 3 Metern die größte Arbeit der Präsentation im Städel Museum – seine Fertigstellung nahm mehr als sechs Monate in Anspruch.

Miron Schmückles Werke sind ein maltechnisches Hybrid: Obwohl er Tusche und Bleistift verwendet, ist seine über viele Jahre entwickelte Technik aus der Ölmalerei abgeleitet. Schmückle schichtet und kombiniert Farben mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften wie wasserlösliche Aquarelle und Gouachen mit Pigmenten, die durch das Mischen mit z. B. Temperabindemittel wasserfest werden. Ähnlich verhält es sich mit den Farbtuschen, die beim Trocknen wie dünne Lackschichten binden. Schmückles komplexe Technik ermöglicht es, bestimmte Farbtöne delikat ineinander fließen zu lassen und andere zu überlagern, wodurch eine komplexere Lichtbrechung entsteht und die gedämpften Farbtöne an Tiefe gewinnen. Die Aquarellfarben werden vom Künstler untypisch pastos aufgetragen, wodurch die Farbsättigung trotz der Schichtung transparent bleibt. Miron Schmückle (*1966, Sibiu/Hermannstadt) wuchs in Rumänien in einem deutsch-rumänischen Elternhaus während der Ceauşescu-Diktatur auf. 1988 flüchtete er über Ungarn nach Deutschland und studierte in den Jahren 1991–1996 an der Muthesius Kunsthochschule Kiel in den Klassen für Keramik bei Professor Johannes Gebhardt und für Experimentelle Malerei bei Professorin Renate Anger. Im Jahr 1994 absolvierte Miron Schmückle ein Gaststudium an der Hochschule für bildende Künste (HFBK) Hamburg in der Klasse für Performance bei Marina Abramović. Anschließend trat er einen Lehrauftrag an der Sankt Petersburger Theaterakademie (Interstudio – Zarskoje Selo) an. Er lebt und arbeitet seit 2008 in Berlin. Mit einer Studie zu Joris Hoefnagels (1542–1600) Kabinettminiaturen wurde er 2016 am Institut für Kunstwissenschaften der Muthesius Kunsthochschule Kiel promoviert. Miron Schmückles Werke wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland und im Ausland gezeigt, u. a. in der Kunsthalle München, im Kunstmuseum Bayreuth, im Brukenthal National Museum in Hermannstadt, in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, im Sprengel Museum Hannover sowie im Haus der Kulturen der Welt, Berlin. Arbeiten von ihm befinden sich in mehreren öffentlichen wie auch privaten Kunstsammlungen.

STÄDEL INVITES MIRON SCHMÜCKLE
Live-Event mit dem Künstler, Musik & Drinks

Am Freitag, dem 1. Dezember 2023 spricht der Direktor des Städel Museums und Kurator der Ausstellung Philipp Demandt mit Miron Schmückle über seine Ausstellung Flesh for Fantasy. Kurzführungen laden die Besucher ein, die Sammlung des Städel und spannende Verbindungen zu den Werken des Künstlers zu entdecken. Drinks und ein DJ-Set runden den Abend ab.
Tickets kosten 5 Euro und sind im Online-Shop unter shop.staedelmuseum.de erhältlich. Restkarten an der Abendkasse, Einlass ab 18.30 Uhr, Beginn 19 Uhr.

Die Veranstaltungsreihe STÄDEL INVITES findet zu Ausstellungen ausgewählter zeitgenössischer Künstler in Partnerschaft mit BMW statt.

Ausstellungsdauer: 1. Dezember 2023 bis 14. April 2024
Kurator: Dr. Philipp Demandt (Direktor, Städel Museum)
Ort: Städel Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt am Main
Information: staedelmuseum.de
Besucherservice: +49(0)69-605098-200, info@staedelmuseum.de
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do 10.00–21.00 Uhr
Sonderöffnungszeiten: Aktuelle Informationen zu besonderen Öffnungszeiten unter staedelmuseum.de

Tickets und Eintritt: Tickets sind online buchbar unter shop.staedelmuseum.de. Eintrittspreis 18 Euro, ermäßigt 16 Euro; Gruppen ab 10 regulär zahlenden Personen: 16 Euro pro Person; freier Eintritt für Kinder unter 12 Jahren. Für alle Gruppen ist generell eine Anmeldung unter Telefon +49(0)69-605098-200 oder info@staedelmuseum.de erforderlich.

Katalog: Zur Ausstellung erscheint im Verlag Hatje Cantz ein von Miron Schmückle und Philipp Demandt herausgegebener Katalog in deutscher, englischer und rumänischer Sprache mit einem Vorwort von Philipp Demandt, einem Essay von Carl Friedrich Schröer und einem Gespräch zwischen Miron Schmückle und Simon Elson, 148 Seiten, 64 Abbildungen, 60 Euro 

Überblicksführungen: Einstündige Führungen in der Ausstellung finden jeden ersten und dritten Samstag im Monat jeweils um 14.00 statt; Tickets für die Überblicksführungen sind im Online-Shop unter shop.staedelmuseum.de erhältlich, Restkontingente je nach Verfügbarkeit an der Kasse. Aktuelle Informationen zu den Überblicksführungen sowie zu den Öffnungszeiten unter staedelmuseum.de

@staedelmuseum auf Social Media: #staedel auf Instagram / YouTube / TikTok / Facebook / LinkedIn / 
STÄDEL STORIES: Noch mehr Geschichten und Hintergründe zur Sammlung und den Sonderausstellungen zum Lesen, Sehen und Hören unter stories.staedelmuseum.de

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Städel Museum
Dürerstraße 2
60596 Frankfurt am Main
Telefon: +49 (69) 605098-0
Telefax: +49 (69) 605098-111
http://www.staedelmuseum.de

Ansprechpartner:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: +49 (69) 605098-268
Fax: +49 (69) 605098-188
E-Mail: presse@staedelmuseum.de
Für die oben stehende Pressemitteilung ist allein der jeweils angegebene Herausgeber (siehe Firmenkontakt oben) verantwortlich. Dieser ist in der Regel auch Urheber des Pressetextes, sowie der angehängten Bild-, Ton-, Video-, Medien- und Informationsmaterialien. Die United News Network GmbH übernimmt keine Haftung für die Korrektheit oder Vollständigkeit der dargestellten Meldung. Auch bei Übertragungsfehlern oder anderen Störungen haftet sie nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Nutzung von hier archivierten Informationen zur Eigeninformation und redaktionellen Weiterverarbeitung ist in der Regel kostenfrei. Bitte klären Sie vor einer Weiterverwendung urheberrechtliche Fragen mit dem angegebenen Herausgeber. Eine systematische Speicherung dieser Daten sowie die Verwendung auch von Teilen dieses Datenbankwerks sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die United News Network GmbH gestattet.

counterpixel