Kunst & Kultur

New Positions | Art Cologne 2023

In den Förderkojen werden auf der diesjährigen ART COLOGNE 20 herausragende künstlerische Positionen präsentiert. Eine Fachjury wählte dafür aus zahlreichen Bewerbungen die überzeugendsten Positionen aus.

In diesem Jahr engagierten sich in der Jury Anja Casser – Direktorin des Badischen Kunstvereins in Karlsruhe, Nadine Droste – Direktorin des Bielefelder Kunstvereins, Krist Gruijthuijsen – Direktor der KW Institute for Contemporary Art in Berlin und Thomas Scheibitz – Künstler und Professor an der Kunstakademie Düsseldorf.

Das „Förderprogramm für junge Künstlerinnen und Künstler NEW POSITIONS auf der ART COLOGNE“ wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages mit einem Projektzuschuss von 35.000 EUR.

Bereits seit 1980 existiert dieses einzigartige Förderprogramm der ART COLOGNE. Seitdem konnten damit knapp 1.000 Künstlerinnen und Künstler jeweils auf einer Fläche von 25 m2 ihre Kunstwerke einem breiten Publikum präsentieren.

Auch in diesem Jahr liegt das Durchschnittsalter der Künstlerinnen und Künstler ganz im statistischen Mittelfeld mit 36 Jahren, wobei diesmal sowohl die jüngste Künstlerin – Ambra Durante bei Galerie Friese – als auch der älteste Künstler – Erwin Kneihsl bei Guido Baudach – des gesamten bisherigen Förderprogramms zu vermerken sind. Die Künstlerinnen überwiegen in diesem Jahr gegenüber ihren männlichen Kollegen mit einem Verhältnis 13:7. Die Malerei ist die traditionell am stärksten vertretene Gattung. In diesem Jahr liegt sie jedoch gleichauf mit objekthaften Arbeiten, Skulpturen und Installationen. Hinzu kommen Arbeiten auf Papier und Fotografie. Die Förderkojen funktionieren wie kuratierte Einzelausstellungen, umfassen überwiegend mehrere Werke, Werkgruppen oder Installationen – in allen Medien.

Hervorzuheben ist das Engagement der Galerien: Über Jahre engagieren sie sich kontinuierlich für junge, noch nicht etablierte oder im Kunstmarkt bislang nicht gewürdigte Positionen von herausragender künstlerischer Qualität und ermöglichen diesen mit ihren Vorschlägen immer wieder den Sprung in das Förderprogramm. Exemplarisch sind hier zu nennen: Eigen + Art (Berlin-Leipzig), fiebach minninger (Köln), Galerie Friese (Berlin), Galerie Ernst Hilger (Wien), Jahn & Jahn (München), Christine König Galerie (Wien), Galerie Christian Lethert (Köln), alexander levy (Berlin), Galerie Nagel Draxler (Köln) und Van Horn (Düsseldorf).

Die vom BVDG regelmäßig durchgeführten Evaluationen bestätigen eine Zielsetzung des Förderprogramms: Mehr als 80% der geförderten Künstlerinnen und Künstler arbeiten auch nach drei bis fünf Jahren noch mit ihrer Galerie zusammen.

19 der insgesamt 20 Förderkojen sind in Halle 11.2, die Förderkoje für Sophie Esslinger bei der Galerie Ernst Hilger ist in Halle 11.1. platziert.

Die 20 NEW POSITIONS auf der ART COLOGNE 2023 sind
(in alphabetischer Reihenfolge der Künstler:innnen)

Die Galerie Anke Schmidt stellt mit Rey Akdogan eine in Deutschland geborene und in New York und Montréal lebende Künstlerin vor. „Subtraktionen“ nennt sie Ihre aktuellen Objekte und Installationen, die sich mit einem Phänomen menschlicher Wahrnehmung beschäftigen: Das als wichtig und interessant Erachtete wird fokussiert, während das Hintergründige nur unbewusst wahrgenommen und unscharf gestellt wird. Diese Hintergründe untersucht Akdogan und präsentiert daraus einzelne Elemente, die durch eine Art Collagetechnik des Übereinanderschichtens und Kombinierens ihre Bedeutung wiedererlangen und neue Beziehungen entwickeln.

Die Christine König Galerie aus Wien präsentiert in ihrer Förderkoje Gemälde und Objekte der 1978 in Tadschikistan geborenen Künstlerin Rimma Arslanov. Sie lebt in Düsseldorf und wurde im vergangenen Jahr mit dem Förderpreis für Künstlerinnen der Kunsthochschule für Medien Köln geehrt. In ihren traumartigen Bildwelten und Installationen zeigt Arslanov alltägliche Dinge wie Vorhänge oder Möbel, zu denen Elemente aus einer surreal verfremdeten Welt kommen. Diese Interventionen stören das Lineare und scheinbar Klare und schaffen bühnenhafte, geheimnisvolle Szenerien.

Die Schweizer Künstlerin Céline Ducrot, Jahrgang 1992, studierte Malerei in Leipzig und wird bei Kadel Wilborn gezeigt. Sie bleibt ganz beim analogen Tafelbild und arbeitet mit Airbrush. Die Figuren in ihren Gemälden gehen – solo oder in kleinen Gruppen – alltäglichen Dingen nach: Wir sehen sie beim Sport, beim Inhalieren, Haareschneiden, in der Sauna. Scheinbar vertraute Situationen entgleiten ins Surreale, Ungewisse. Dinge und Akteure erscheinen kühl und hermetisch. Sie arbeitet auch als Illustratorin für Print-Medien, wofür sie 2018 einen Schweizer Design-Preis erhalten hat.

Galerie Friese aus Berlin stellt die jüngste Künstlerin des Förderprogramms vor. Ambra Durante wurde 2000 in Genua geboren und lebt seit 2007 in Berlin. Sie veröffentlichte 2020 im Wallstein Verlag ihre Graphic Novel „Black Box Blues“ – eine Erzählung über den Grund, am Leben zu trauern und wie es sich dennoch weiterführen lässt. Die Künstlerin zeichnet auf jedes Material: auf Leinwand, Karton, Einkaufstüten, Schießkarten. Was sie zur Hand hat, verwendet sie für ihre ebenso einfachen wie komplexen Bildgeschichten.

Die Künstlerin Marta Dyachenko wird von Dittrich und Schlechtriem präsentiert. Sie wurde 1990 in Kiew geboren, studierte Architektur und bildende Kunst mit dem Schwerpunkt Bildhauerei an der Universität der Künste Berlin, wo sie auch lebt. In ihren Installationen arbeitet sie häufig mit modellhaften Skulpturen in der Landschaft. Im Fokus ihres Schaffens steht das Verhältnis von Natur und Mensch und der gesellschaftlich konstruierte Blick auf Landschaft und urbane Räume. Sie erhielt 2021 das Bernhard-Heiliger-Stipendium mit einer anschließenden Ausstellung im Kunsthaus Dahlem.

Die Galerie Ernst Hilger stellt die Malerin Sophie Esslinger vor. Sie wurde 1996 in Linz geboren und studiert – nach einem Literatur- und Kunststudium in Wien – zurzeit Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie. Sie setzt sich mit der Malerei als künstlerischem Mittel auseinander und untersucht das Spannungsfeld ihrer formalen Möglichkeiten und Grenzen. Ihre Arbeiten zeigen einen zügigen, gestischen und raumgreifenden Farbauftrag mit definierten Konturen und eröffnen Bildräume, die über das auf dem Bild Gezeigte weit hinausreichen.

Jonas Fahrenberger ist bei der Galerie Nagel Draxler zu sehen. Fahrenberger wurde 1995 geboren und studiert seit 2015 an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Der Künstler erschafft Objekte und Collagen, die in einem Mix aus grellen Motiven und lauten Slogans Fragmente des täglichen Lebens fixieren und kritisch hinterfragen. Sehnsüchte und Glücksversprechen sind ebenso wie das Scheitern zentrale Themen seiner Kunst. Das Rubbellos als Chance und verpuffter Traum findet seine thematische Parallele in den glänzenden Fassaden der Wolkenkratzer Frankfurts, deren Reflexe nur verheißungsvoller Lichtschein sind.

Der österreichische Maler Eiko Gröschl wird von der Wiener Charim Galerie vorgestellt. Er wurde 1992 in Graz geboren und schloss sein Studium an der Kunstakademie bei Erwin Bohatsch in Wien ab, wo er auch lebt. Erste Inspirationen für seine poetisch-traumhaft erscheinenden Arbeiten holt sich Gröschl bei Erkundungen durch die Stadt Wien oder das Umland. Einzelne Elemente seiner Beobachtungen werden zu Ausgangspunkten der Landschaftsszenen, manchmal taucht eine menschliche Figur, Pflanzen oder ein Architekturfragment auf. Die Gemäldeoberflächen sind rau, zerkratzt und opak und scheinen aus einer anderen Zeit zu stammen.

Die Galerie Christian Lethert präsentiert den Schweizer Künstler Roman Gysin. Er wurde 1984 in Möhlin geboren und lebt in Zürich. Mit seinen skulpturalen Werken hinterfragt Gysin tradierte Wahrnehmungsmuster. Die Dekoration, das Unheimliche, der Fetisch, das Alltägliche und das Unscheinbare – all diese Momente finden sich in seinen Wandarbeiten, Skulpturen und Installationen. Die Faszination für dekorative Phänomene im Alltag, denen der Künstler auf seinen Recherchen begegnet und die er fotografisch dokumentiert, bilden den Ausgangspunkt seiner Arbeiten.

Simon Herkner bei der Galerie Elisabeth & Reinhard Hauff wurde 1986 geboren und schloss sein Studium an der Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste bei Reto Boller ab. Er untersucht die formalen Möglichkeiten der Bildhauerei an den Schnittstellen von Objekt, Skulptur und Installation. Dabei nutzt er sowohl industriell gefertigte Rohlinge und gebrauchte Materialien von Schrottplätzen und Baustellen, als auch Produkte der Konsumkultur wie Kleidung, Accessoires und Verpackungen. Gebrauchsspuren aller Art auf den glänzenden Oberflächen aus Metall und PVC oder auf Kartonagen werden bewusst eingesetzt. Essentielle Bedeutung für seine installativen Arbeiten hat der Akt des Aufbauens und Inszenierens der Raumensembles selbst, in denen Herkner auch mit Sound und Musik experimentiert.

Die Galerie Guido W. Baudach stellt Erwin Kneihsl vor. Er wurde 1952 in Wien geboren, arbeitete viele Jahre in Berlin und lebt nun wieder in Wien. Kneihsl ist bereits seit Mitte der 1970er-Jahre als Künstler aktiv ist und hatte zahlreiche Ausstellungen in Deutschland, doch nur sehr Wenigen ist er bekannt. Sein Œuvre umfasst heute hauptsächlich fotografische Arbeiten. Diese sind, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, schwarz-weiß, ausschließlich analog und handgemacht. Sowohl was die Aufnahmen, als auch was die Ausführung der Abzüge betrifft, handelt es sich um Unikate. Seine Sujets sind über die Jahre hinweg konstant geblieben: Puppen, Architekturen, Motive aus der Natur. In ihrer formalen Reduzierung entwickeln sie einen emblematischen Charakter, der sie hochaktuell erscheinen lässt.

Arthur Löwen wurde 1987 in Orsk, Russland, geboren. Er schloss sein Studium der Malerei in Braunschweig bei Walter Dahn ab. Seine Bilder durchlaufen im Entstehungsprozess verschiedene Phasen. So trägt der Künstler auf der Vorderseite der Leinwand dünne Farblagen auf, die von einer letzten kontrastierenden Schicht bedeckt werden. Während diese noch feucht ist, bedeckt er den Bildträger mit einem saugfähigen Tuch. Darauf arbeitet er weiter. Löwen thematisiert immer auch den Malakt an sich, nutzt Sprache als zusätzliches künstlerisches Mittel und versteht Malerei als Formation und nicht als eine Gattung. Arthur Löwen wird von der Galerie fiebach, minninger aus Köln vorgestellt.

Irina Orjovan, vertreten von COSAR, wurde 1988 in der Republik Moldau geboren und schloss nach Stationen an den Kunstakademien in Turin und Rom die Münchener Akademie als Meisterschülerin von Gregor Hildebrandt ab. 2020 erhielt sie den Bayerischen Kunstförderpreis. Ihre Gemälde und Skulpturen besitzen eine strenge, emblematische Formensprache, die von subtilen Farbkontrasten unterstrichen wird. Orjovan bedient sich technischer Profile, wie etwa Kurvenlinealen, und konstruiert offene, zum Teil architektonisch wirkende Strukturen. So entstehen minimalistische Kompositionen, die Raumsituationen evozieren.

Michèle Pagel wurde 1985 in Werdau geboren. Sie studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, an der Universitá di Brera in Mailand und an der Akademie der Bildenden Künste in Wien Bildhauerei. Pagels Plastiken und Objekte erscheinen wie Versteinerungen gesellschaftlicher Diskurse, wie positive Relikte, Erinnerungsstücke und Nachweise komplexer Entwicklungen. Ausgeführt in Keramik, Stahl und Beton schaffen die Skulpturen Allegorien für Ereignisse aus der Vergangenheit, die als Fundstücke neu belebt werden und ihre Wirkung entfalten. Michèle Pagel wird von der Wiener Galerie MEYER*KAINER präsentiert.

Natalie Paneng wurde 1996 in Johannesburg geboren und absolvierte ein Studium der Theaterwissenschaften. Die Künstlerin arbeitet multimedial mit Sound, Design, Mode und mit den Mustern und Narrativen ihrer südafrikanischen Herkunftskultur. Sie inszeniert Räume, Situationen, Handlungen und Identitäten, in denen sich Realität und Virtualität mischen und zu denen sie selbst souverän und eindrucksvoll agiert. Die Arbeiten von Natalie Paneng werden von der Galerie EIGEN + ART vorgestellt.

Jonas Roßmeißl, geboren 1995 in Erlangen, studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, wo er lebt und arbeitet. Für seine material- und formbezogenen Skulpturen nutzt Roßmeißl digitale Bildfindungsprozesse. Er gehört zu jenen Künstlern, für die eine intensive Phase der Recherche, der fast wissenschaftlichen Erforschung und der Aneignung von Technologien eine Voraussetzung für künstlerisches Arbeiten ist. Seine komplexen Inszenierungen aus Objekten und Skulpturen bedürfen der Beschäftigung – ein schnelles Foto erfasst hier nichts und daher unterbindet er das Knipsen auch schon mal mit einem Störsender. Roßmeißel wird von Klemm’s aus Berlin präsentiert.

Die 1985 in Köln geborene Bildhauerin Ulrike Schulze zeigt bei VAN HORN zart farblich gefasste Skulpturen, die sich einer sofortigen Erfassung ihrer Form entziehen. Sie müssen von allen Seiten betrachtet werden und sind doch in keinem Moment eindeutig. Die Künstlerin bezeichnet die Prinzipien des Schaffens dieser Skulpturen als ein „Loslassen“ und „präzisen Kontrollverlust“. Entsprechend fordern die Objekte vom Betrachter Zeit und die Bereitschaft des Sich-Einlassens.

Die Galerie Jahn und Jahn stellt Gülbin Ünlü vor. Die Künstlerin studierte ab 2012 an der Akademie der Bildenden Künste unter anderem bei Markus Oehlen und schloss ihr Studium 2018 mit einer prämierten Diplomarbeit ab. 2021 erhielt sie das Münchener Stipendium für Bildende Kunst, 2022 den Förderpreis für Bildende Kunst München und 2023 den bayerischen Kunstförderpreis. In ihren Arbeiten entfaltet die Künstlerin einen Bilderkosmos, den sie selbst als „Post-Sci-Fi-Orient“ bezeichnet. Unter Verwendung künstlicher Intelligenz werden unterschiedlichste kunsthistorische Traditionen mit popkulturellen Bezügen und autobiografischen Kontexten zu fiktionalen Narrationen verknüpft. Ünlü nutzt Fragmente und Motive aus vielfältigen Bedeutungszusammenhängen und scheinbar widersprüchlichen Wirklichkeiten und verwebt sie zu einem komplexen Gegenwartsgespinst.

Die 1992 geborene Malerin Lisa Vlaemminck bei der Galerie rodolphe janssen wurde an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Gent ausgebildet, wo sie 2015 ihren Abschluss machte. Sie erschafft in ihren farbenfrohen Arbeiten bizarr geheimnisvolle Stillleben, die von Objekten, Lebewesen und Pflanzen bevölkert werden. Dabei scheinen diese wesenhaften Dinge zugleich in mikroskopisch kleinen, vielfach vergrößerten Räumen als auch in solchen mit kosmischen Dimensionen zu agieren.

Sinta Werner, geboren 1977, studierte Malerei an der Kunsthochschule Berlin Weißensee, schloss das Goldsmiths College in London und die Universität der Künste Berlin als Meisterschülerin ab. Im Fokus ihres Schaffens steht der geometrische Rationalismus der Architektur der funktionalistisch geprägten Moderne. Sie untersucht in Ihren Werken die Beziehungen zwischen Zwei- und Dreidimensionalität, Realität und Abbild, physischer Präsenz und Projektion und die Verzahnung von virtuellem und realem Raum. In ihren Foto-Collagen, Installationen und Skulpturen irritiert und täuscht sie das Auge des Betrachters durch Doppelungen, durch die Konstruktion von Scheinräumen oder den Einsatz von Spiegeln. Sinta Werner wird von alexander levy gezeigt.

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