Die Zeit der starken Marken
Der Blick auf die Weltwirtschaft gibt keinen Anlass für Optimismus. Die Wachstumsschwäche der großen Volkswirtschaften setzt sich weiter fort, wobei sich die US-Ökonomie immer noch als die stabilste unter den Schwachen präsentiert. Zwar waren die letzten Wirtschaftswachstumszahlen stark.
„Dennoch ist eine Rezession in den USA immer noch möglich, sollte die Wirkung der hohen Zinsen erst zeitverzögert und stärker als erwartet eintreten“, mahnt Gerlinger. Auch die leichten Erholungstendenzen in der Euro-Industrie Ende des dritten Quartals solle man nicht überbewerten. In besonders schlechter Verfassung sei die deutsche Wirtschaft, „was interessanterweise vom Dax derzeit völlig ignoriert wird“, so Gerlinger.
Die Inflation ist zwar auf dem Rückzug, die Zielwerte der Zentralbanken liegen wieder in greifbarer Nähe. Doch ist dies nur ein Spiegel der geschwächten Konjunktur. Dazu kommt ein gewachsenes politisches Risiko: Im Superwahljahr 2024 werden die Bevölkerungen von Ländern, die drei Viertel der globalen Wirtschaftsleistung erbringen, zu den Urnen gerufen.
Aktien profitierten zuletzt von Zinssenkungshoffnungen, in den USA setzte eine „Fed-Rallye“ ein, der Europa folgte. Für die kommenden Monate aber wächst in den Vereinigten Staaten angesichts schrumpfender Preiserhöhungsspielräume, gestiegener Zinsen und absehbarer Konsumschwäche die Sorge um die Gewinnmargen. „Daher dürften bei Unternehmen die Höhe des Marktanteils, die Positionierung am Markt und ein starker Cashflow in Zukunft eine noch größere Rolle spielen als bisher“, erklärt Gerlinger. „Die Kriterien der ‚starken Marken‘ sprechen also eher für Large Caps und Growth.“ Nebenwerte seien im gegenwärtigen Umfeld nicht unbedingt erste Wahl, könnten jedoch einen Rebound im Falle stark sinkender Zinsen erleben.
Auch diesseits des Atlantiks werden die Gewinnerwartungen für 2024 über kurz oder lang wohl bescheidener ausfallen. „Sinkende Margen dürften 2024 das größte Problem der sehr zyklischen, europäischen Industrie darstellen“, sagt Gerlinger. Die starke Abhängigkeit vom Absatzmarkt China belaste Europa zusätzlich – im Falle einer deutlichen Erholung in China würden aber exportorientierte europäische Aktien profitieren. „In Summe sprechen die schwachen Makrodaten für resiliente, defensive Geschäftsmodelle“, so Gerlinger. Von einer Zinswende wiederum könnten Growth-Titel profitieren, insbesondere US-Technologiewerte. Die Rallye im KI-Sektor könnte sich weiter fortsetzen.
Etwas anders allerdings stellt sich laut Gerlinger die Situation in Japan dar. Der Aktienmarkt notierte zuletzt auf einem 29-Jahres-Hoch. Die Unternehmen profitieren von einer stärkeren Binnenwirtschaft und einem schwachen Yen, der den Export stützt. „Japanische Aktien sind attraktiv bewertet, die Gewinnentwicklung bleibt positiv.“ Die Inflation hat zwar angezogen, allerdings plant die Regierung in Tokio, mit Steuersenkungen gegen die Reallohnverluste vorzugehen. Zu diesem Zweck wurde Ende November ein umgerechnet 100 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket beschlossen. „Japanische Aktien“, so Gerlinger, „sind vor allem im globalen Vergleich interessant.“
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