EMI: Abschwung der Industrie schwächt sich im November weiter ab
Wie der US-amerikanische Finanzdienstleister weiter mitteilte, legte der EMI im Berichtsmonat zwar zum vierten Mal in Folge zu und notierte nach 40,8 im Oktober aktuell bei 42,6 Punkten. Dennoch liegt er weiter deutlich unter der Referenzlinie von 50,0.
„Der EMI wird zu einem echten Geduldsspiel. Schließlich verharrt er schon seit Juni 2022 unter der 50-Punkte-Wachstumsschwelle. Nach dem mittlerweile 18 Monate anhaltenden Negativtrend stellt sich zunehmend die Frage, woher die Impulse für den Aufschwung der deutschen Industrie kommen sollen, betonte BME-Hauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov. Denn auch die Weltwirtschaft schwächele weiter und belaste damit den deutschen Außenhandel. „Gleichzeitig kommen hausgemachte innenpolitische Probleme wie die von der Ampelkoalition zu verantwortende Haushaltskrise hinzu. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürfte fest geplante staatliche Investitionen stoppen und insbesondere das Verarbeitende Gewerbe in zusätzliche Bedrängnis bringen. Alles in allem keine guten Aussichten für den Rest des Wirtschaftsjahres und darüber hinaus“, so Frau Melnikov abschließend.
„Die Trendwende in der deutschen Industrie zeichnet sich ab. Der EMI ist zuletzt wieder angestiegen – so wie in vielen anderen Ländern auch“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Der Rückgang der Energiepreise sei auch für die deutsche Industrie eine wichtige Entlastung. Nach Stagnation werde das deutsche BIP 2024 wieder zulegen. „Wir erwarten einen Anstieg um 1,3 Prozent“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.
„Licht und Schatten liegen nah beieinander für die deutsche Konjunktur. Es gibt berechtigte Hoffnungen, dass der konjunkturelle Tiefpunkt im vierten Quartal erreicht wird. Gleichzeitig steigen die konjunkturellen Risiken durch die Haushaltskrise nach dem Verfassungsgerichtsurteil deutlich an. Ob die konjunkturelle Trendwende wirklich stattfinden kann, wird sich letztlich auch an den Weichenstellungen der Politik entscheiden“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, dem BME.
„Die Aussichten in der Industrie bleiben weiterhin pessimistisch. Mit einem schnellen und kräftigen Aufschwung ist erstmal nicht zu rechnen. Ein Cocktail aus hohen Zinsen, weiterhin hohen Energiepreisen, Bürokratie, Fachkräftemangel und einer schwächelnden Nachfrage belastet die Unternehmen. Zusätzlich verstärkt aktuell auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik und seine Folgen die Verunsicherung der Unternehmen. Ein schwacher Hoffnungsschimmer ist immerhin der weitere Rückgang der Inflation und der Erzeugerpreise“, teilte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen dem BME mit.
Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise gab Dennis Rheinsberg, Direktor – Energy & Industrials der IKB Deutsche Industriebank AG, dem BME folgende Einschätzung: „Auch im November ergab sich ein ähnliches Bild wie in den Vormonaten: Die börsennotierten Industrierohstoffe tendierten überwiegend seitwärts, lediglich der Ölpreis zeigte eine stärkere Bewegung und sank im Monatsmittel November um 7,5 Prozent gegenüber dem Vormonat. Entsprechend verzeichnete der EMI-Teilindex Einkaufspreise einen weiteren Rückgang. Von konjunktureller Seite sind kurzfristig keine stimulierenden Impulse zu erwarten.“
Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:
Produktion: Die Schrumpfungsrate der Produktion hat sich im November erneut abgeschwächt. So entfernte sich der saisonbereinigte Teilindex weiter vom Tief im September und kletterte auf den höchsten Stand seit Mai. Die Sektor-Daten zeigen, dass sich die Fertigung im Konsumgüter- und im Investitionsgüterbereich jeweils einem stabilen Niveau genähert hat, sodass der Vorleistungsgüterbereich nun der Hauptschwachpunkt ist.
Auftragseingang: Hersteller, deren Produktionsrate niedriger war, schrieben dies meist der Nachfrageflaute und dem damit einhergehenden Rückgang im Auftragseingang zu. Die Anzahl der Neuaufträge ist nun schon seit 20 Monaten rückläufig und wie in der jüngsten Vergangenheit lag dies laut EMI-Umfrageteilnehmern vor allem an der Unsicherheit unter den Kunden, dem anhaltenden Lagerabbau und der schleppenden Baukonjunktur. Zwar fiel das Minus im historischen Vergleich wieder kräftig aus, es schwächte sich aber zum dritten Mal in Folge ab und war so geringfügig wie seit Mai nicht mehr.
Auftragseingang Export: Auch die Nachfrage aus dem Ausland ging im Berichtsmonat weniger stark zurück als zuletzt. Hier wurden die geringsten Einbußen seit April verzeichnet. Dennoch meldeten erneut fast doppelt so viele Unternehmen einen Rückgang (31 Prozent) im Vergleich zu denen, die Exportzuwächse verbuchten (16 Prozent). In vielen Fällen wurden die enttäuschenden Verkaufszahlen in Europa als Ursache genannt.
Geschäftsaussichten: Den jüngsten Daten zufolge hellt sich der Geschäftsausblick im Verarbeitenden Gewerbe Deutschland zusehends auf. Demnach hat sich der dazugehörige Teilindex weiter von seinem 10-Monatstief im September entfernt und den höchsten Stand seit Mai erreicht. Nichtsdestotrotz rangiert er immer noch im negativen Bereich und spiegelt die Sorgen vieler Manager hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage im In- und Ausland, der schwachen Baubranche, der hohen Kosten sowie der anhaltenden geopolitischen Spannungen wider.
Beschäftigung: Der Stellenabbau in der Industrie hält nicht nur seit fünf Monaten an, er hat sich auch beschleunigt und fiel so kräftig aus wie seit über drei Jahren nicht mehr. Rund 18 Prozent der EMI-Umfrageteilnehmer meldeten ein Minus und begründeten dies meist damit, dass befristete Verträge nicht verlängert und Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen haben, nicht ersetzt wurden. Die Beschäftigung sank in allen drei erfassten Teilbereichen.
Einkaufspreise: Der saisonbereinigte Teilindex Einkaufspreise notierte – wie in jedem Monat seit Februar 2023 – auch im November unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten und signalisierte den stärksten Rückgang seit drei Monaten. Neben der anhaltend schwachen Nachfrage über die gesamte Lieferkette hinweg berichteten einige Manager auch von rückläufigen Rohstoffpreisen und Rabatten seitens der Zulieferer.
Verkaufspreise: Die durchschnittlichen Verkaufspreise sinken seit mittlerweile einem halben Jahr. Zahlreichen Umfrageteilnehmern zufolge war vor allem der harte Wettbewerb um Neuaufträge ein Faktor. Darüber hinaus gaben einige Unternehmen die niedrigeren Einkaufspreise an ihre Kunden weiter. Der Rückgang schwächte sich zum dritten Mal in den vergangenen vier Monaten ab und fiel so geringfügig aus wie seit Juni nicht mehr.
Über den EMI: Der HCOB Einkaufsmanagerindex Deutschland (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Er ist eine Momentaufnahme der Geschäftssituation im Verarbeitenden Gewerbe und ein gewichteter Durchschnitt der Messwerte für Neuaufträge, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormateriallager. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird von S&P Global, einem börsennotierten US-amerikanischen Finanzdienstleistungskonzern, erstellt und beruht auf der Befragung von rund 500 Einkaufsleitern und Geschäftsführern der Verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (S&P Global US Manufacturing PMI).
Der 1954 gegründete Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) ist ein führender Fachverband und Netzwerkpartner für Einkaufs-, Supply-Chain- und Logistikverantwortliche in Deutschland und Europa. Er zählt in 38 Verbandsregionen rund 10.000 Mitglieder – vom Einzelunternehmen über den Mittelstand bis zum Konzern – aus allen Branchen und Sektoren. Das Volumen der von den Verbandsmitgliedern beschafften Waren und Dienstleistungen beträgt jährlich rund 1,25 Billionen Euro. Das entspricht knapp einem Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Die Verbandsziele des BME sind der Know-how-Transfer durch Erfahrungsaustausch, die Aus- und Weiterbildung von qualifizierten Fach- und Führungskräften sowie die Förderung neuer Erkenntnisse, Verfahren und Techniken an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis.
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