Familie & Kind

Enddatum für die Liebe: Weshalb die meisten Beziehungen am 11. Dezember scheitern und wie ein liebevolles Weihnachtsfest gelingt

Lichterglanz, Glühwein, Punsch und dann auch noch so richtiges Winterwetter dazu. So stellen sich viele Menschen die Vorweihnachtszeit vor. Da liegt doch neben Lebkuchenduft auch Romantik in der Luft! Oder etwa nicht?

An keinem Tag im Jahr so viele Trennungen wie am 11. Dezember
Nicht alle Menschen fühlen sich beseelt in der Adventszeit. Für manche ist es auch einfach Stress. Vor allem auch in der Partnerschaft. Und das schlägt sich in nackten Zahlen nieder. Statistisch gesehen trennen sich die meisten Paare am 11. Dezember. Das geht aus einer Facebook-Erhebung. An keinem anderen Tag im Jahr änderten so viele Mitglieder ihren Status von „in einer Beziehung“ zu „Single“. Aber kann das wirklich stimmen? Warum trennen sich ausgerechnet so kurz vor Weihnachten so viele von ihren Lebensgefährt:innen?

Bilanz ziehen zum Jahresende
Dr. Sarah Seidl ist Professorin für Psychologie an der SRH Fernhochschule. Sie erklärt: „Im Dezember schauen wir zurück und ziehen Bilanz: Was lief gut, was hat sich noch immer nicht geändert, wonach sehne ich mich, was soll anders werden im neuen Jahr? Und manchmal ist es dann eben auch die Beziehung, die uns unzufrieden macht. Der Partner hat bisher wieder kein einziges Geschenk besorgt, die besinnliche Adventszeit ist geprägt von Stress und Streit. Möchte ich mir das noch ein weiteres Mal antun oder braucht es einen klaren Cut?“

Der Kinder wegen: Eltern warten eher noch die Weihnachtsfeiertage ab
Bei der Aussicht auf die Weihnachtsfeiertage wird es nicht entspannter. Seidl: „Wir verbringen viel Zeit miteinander, sitzen aufeinander. Wenn nun Konflikte sowieso schon schwelen, ist es genau der passende Moment, um zu eskalieren. Bei Paaren mit Kindern werden häufig die Weihnachtstage noch gemeinsam verbracht, den Kindern zuliebe. Aber gerade auch in frischen Partnerschaften oder in Partnerschaften, in denen (noch) keine Kinder da sind, kann solch ein emotional aufgeladener Zeitpunkt das Zünglein an der Waage sein, um zu entscheiden, ob man mit dem Menschen an seiner Seite weiterhin zusammen durchs Leben gehen möchte. Oder eben nicht.“

Erwartungen vs. Realität: Harter Kontrast unterm Christbaum
Haben wir vielleicht zu hohe Erwartungen an das Fest? Prof. Dr. Seidl sagt deutlich: „Ja, unbedingt. Und das ist auch kein Wunder. Schauen Sie sich die momentane Werbung in der Vorweihnachtszeit an: nur lächelnde Gesichter, strahlende Kinderaugen, aufmerksame Paare, Glitzer und Feenstaub wohin das Auge reicht. Soweit zur Vorstellung. Und dann kommen wir heim in die Familien und erleben genau das Gegenteil: Die Partnerin hat keine Zeit für einen, weil im Büro der Jahresabschluss gemacht werden muss, mindestens ein Kind ist auf jeden Fall krank, man selbst hält sich nur mit einem Medikamentencocktail noch über Wasser und die Wohnung erstrahlt noch lange nicht im festlichen Glanz. Es ist dieser Kontrast, der uns vermittelt: Es ist noch nicht genug. Die Erwartungen, die dieses Fest mit sich bringt, sind bei den meisten unglaublich hoch. Und Erwartungen, die nicht erfüllt werden oder überhaupt nicht erfüllt werden können, wandeln sich in Enttäuschung.

Weniger Erwartung = entspannte Weihnachten?
„Und genau davon gilt es sich zu lösen, von dieser utopischen Sicht auf das Weihnachtsfest: Die Familie bleibt die gleiche wie das ganze Jahr: Opa schmeckt das Essen nicht, die Mutter fühlt sich allein gelassen mit all den Aufgaben, die Kinder streiten sich. Das ist normal, das ist Familie und Leben und eben wir als Menschen. Daran ändert auch Weihnachten nichts. Und oft haben wir eben doch diese Vorstellung davon: wir wünschen uns friedliche Weihnachten, ein Weihnachten in Harmonie und Liebe. Und klammern damit einen wesentlichen Aspekt von Beziehung und miteinander leben aus: Konflikte, unterschiedliche Vorstellungen, sich aneinander reiben.

Würden wir dies von vorneherein akzeptieren, dann würde das Fest entspannter werden, weil es eben nicht mehr den Anspruch hat, perfekt sein zu müssen.“

Checkliste: Das können Sie tun, um Weihnachtsstress zu vermeiden
Was können wir tun, um in der Familie ein harmonisches Fest zu zelebrieren? Hierzu hat Seidl die wichtigsten Tipps zusammengetragen:

  • Kommunizieren Sie klare Erwartungen.
  • Klären Sie im Vorfeld, was Ihnen wichtig ist. Was macht für den Einzelnen Weihnachten aus? Reden Sie darüber mit ihrem Partner und in den Familien! Wie stellen sich die Eltern Weihnachten vor, was wünschen sich die Kinder? Ist uns ein Festessen an Heiligabend wichtig, für das die Erwachsenen den halben Tag in der Küche stehen und vorbereiten? Gehört zu Weihnachten für uns das blitzblank geputzte Haus? Oder geht es uns darum, Zeit miteinander zu verbringen?
  • Damit fühlt sich jeder der Familie gesehen. Der pubertierende Jugendliche hat andere Prioritäten als die Schwiegermutter, als das Kindergartenkind. Und wenn jede dieser Unterschiedlichkeiten auch gesehen wird und da sein darf, dann ist jedes Familienmitglied auch eher bereit Kompromisse einzugehen.
  • Schreiben Sie Ihr Weihnachten neu. Alte Rituale dürfen abgeschafft und neue eingeführt werden. Was brauchen Sie als Paar, was würde Ihnen wieder mehr Verbundenheit geben? Statt sich in das enge Korsett aus Weihnachtstraditionen zu zwängen, brechen Sie aus und finden Sie Ihre kleinen Fluchten.
  • Setzen Sie sich hin und überlegen: was können wir gut? Und was macht dem Jeweiligen Spaß? Wo liegen die Fähigkeiten und Stärken des Einzelnen der Familie: Schwiegervater macht das beste Tiramisu auf Erden, die große Tochter und die Mutter schreiben im Nu alle Weihnachtskarten. Die Fünfjährte hat das Staubsaugen gerade für sich entdeckt. Damit gewinnt das Weihnachtsfest vielleicht nicht den Award bei „Schöner Wohnen“, doch es wird bunt und vielfältig, so wie wir als Familie eben auch bunt und oft chaotisch sind.
  • Gestehen Sie sich gegenseitig Freiräume zu. Nur weil Weihnachten ist, müssen wir nicht drei Tage aneinanderkleben. Und nur weil wir drei Tage aufeinander hocken, heißt das nicht, dass dies ein Zeichen unserer großen Liebe zueinander ist und umgekehrt. Wir haben alle unseren Alltag, unsere Verpflichtungen und es tut jedem einzelnen gut, sich die Zeit zu nehmen für Sport, für ein gutes Buch oder ein entspanntes Bad. Damit laden wir unsere Akkus wieder voll und können danach wieder besser aufeinander zu gehen.
  • Planen Sie zeitliche Puffer ein. Warum nicht drei Tage vorher schon Urlaub nehmen und ein bisschen Paar-Zeit gemeinsam genießen, bevor Schule und Kindergarten schließen? Die Geschenke bewusst in Ruhe einpacken, statt am 23.12. hektisch nach dem Geschenkpapier zu suchen beginnen.

Doch bei allen guten Vorsätzen, kann es dann doch mal passieren. Der Streit ist eskaliert. Wie bekommt man es jetzt trotzdem noch hin, harmonisch Weihnachten zu feiern? Prof. Dr. Seidl listet auf:

  • Prävention ist hier natürlich die beste Strategie: Wie entschärfe ich potenzielle Streitsituationen? Jede und jeder in der Familie kennt die Garanten für schlechte Laune unterm Baum. Kann man diese dieses Mal außen vorlassen?
  • Abstand und die Emotionen runterkühlen. Vielleicht gibt es jemanden, der vermitteln kann. Und manchmal ist es einfach besser, eine Situation zu verlassen und zu einem späteren Zeitpunkt das Thema wieder auszunehmen.
  • Aktivitäten entspannen: Warum nicht mit der Familie Schlittschuhlaufen gehen, einen Spaziergang im Wald oder einen Ausflug auf die Alb? Wenn wir aktiv sind, und miteinander etwas erleben und uns selbst als miteinander verbunden fühlen, dann kommt es weniger zu Streit als in der klassischen Situation in den eigenen vier Wänden.
  • Fördern Sie Ihre Gemeinschaft miteinander, schenken Sie sich also Zeit und echtes Interesse aneinander- das sind die Dinge, nach denen sich jeder Mensch sehnt und die Weihnachten für jeden einzelnen schön werden lassen.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Lieben ein wundervolles Weihnachtsfest!

Und wenn Sie mehr Interesse an unseren Themen, zum Beispiel aus dem Bereich Psychologie haben, lesen Sie doch gern in die Themenwelt Psychologie der SRH Fernhochschule – The Mobile University.

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