Caritas-Journalistenpreis 2023 geht an Oskar Paul
In seiner Serie „Chillen, Party, Sucht: Vom Erwachsenwerden mit Drogen“ setzt sich Oskar Paul mit einer gesellschaftlichen Wirklichkeit auseinander, der besonders Jugendliche und junge Erwachsene ausgesetzt sind. Über vier Wochen beleuchtete er in 14 Einzelbeträgen das Thema Drogen und Drogenmissbrauch in einer Breite und Tiefe, die nach Auffassung der Jury keine Fragen offenlässt. Die Jury überzeugte sowohl die bewundernswerte Rechercheleistung als auch die unglaublich facettenreichen und informativen Formen der Darstellung. Ob ein Interview mit einer Suchtberaterin, Protokolle, in denen Betroffene selbst von ihrer Drogenabhängigkeit erzählen oder Porträts von Menschen, die sich von ihrer Drogensucht befreien konnten: Oskar Paul bedient sich meisterhaft aller journalistischen Stilformen, um seinen Leserinnen und Lesern die Drogenproblematik anschaulich nahezubringen, bis hin zu einem Besuch bei einer Familie, deren Sohn vor kurzem durch eine Überdosis starb. Seine Serie zeichnet nach Auffassung der Jury einen aufklärenden und präventiven Charakter aus und weist damit weit über die Bodenseeregion, in der sie angesiedelt ist, hinaus.
Mit dem Radiofeature „Von leeren Häusern und neuer Hoffnung – Alleinsein im Alter“ nähert sich Patrick Batarilo einem Phänomen, das zwar vielfach anzutreffen, aber noch kaum im öffentlichen Bewusstsein angekommen ist. Es geht um das Alleinsein, um Einsamkeit im Alter, wenn familiäre Verhältnisse und Beziehungen sich verändern. Mit seinem Aufnahmegerät begleitet er seine 77-jährige Mutter und vier ihrer Freundinnen, die nach dem Tod des Partners und dem Auszug der Kinder allein in der heimischen Wohnung leben, durch deren Alltag. Die Hörerinnen und Hörer erleben dabei offene und unternehmungslustige Frauen, die auch gerne einmal singen, aber trotzdem am Ende des Tages oft von der Einsamkeit eingeholt werden. Nach Auffassung der Jury gelingt es dem Autor hervorragend, über das Radio behutsam und doch sehr eindrücklich zu vermitteln, wie sich Alterseinsamkeit anfühlt, aber auch, wie die vier Frauen sich gegen Momente der Verzweiflung zu wehren und dennoch erfüllt zu leben versuchen. Damit wirft er ein pointiertes Schlaglicht auf ein bislang noch weitgehend unbeachtetes, gleichwohl aber wichtiges soziales wie gesellschaftliches Thema.
Für die TV-Reportage „Wir kämpfen für dich – Wenn Eltern ihre Kinder pflegen“ hat Kai Diezemann mit seinem Team über zwei Jahre vier Familien begleitet, deren Kinder schwere Beeinträchtigungen haben. Mit einer bemerkenswerten, aber nie voyeuristisch daherkommenden Nähe nimmt der Film den Zuschauenden hinein in das tägliche Leben von pflegenden Eltern, das in seinen Höhen und Tiefen Außenstehenden meist verborgen bleibt. Denn neben dem anstrengenden Alltag müssen sie immer wieder Kämpfe mit Behörden und Kassen ausfechten, um Unterstützung, Hilfsmittel und Therapien für die bestmögliche Versorgung und Betreuung ihrer Kinder zu bekommen. Das ist oft traurig und zermürbend. Zugleich erzählt der Film sehr berührend von der Liebe und Hingabe, mit der die Eltern immer für ihre behinderten Kinder da sind, auch wenn sie dadurch in ihrer persönlichen Lebensgestaltung sehr eingeschränkt sind und mitunter sogar pflegebedingt in Armut zu fallen drohen. Nach Auffassung der Jury schafft es der Film von Kai Diezemann in herausragender Weise, die Zuschauerinnen und Zuschauer emotional an den belastenden, aber auch beglückenden Erfahrungen von pflegenden Eltern, die über sich hinauswachsen, teilhaben zu lassen.
Mit ihrem Beitrag „Nicht mehr in Ordnung“ eröffnet Lisa Petrich überraschend neue, erhellende Zugänge in die klischeebehaftete Lebenswelt von Messies. Deren Wohnungen strotzen nach gängiger Auffassung vor dreckigem Geschirr, quillen über vor lauter Müll und Unrat, sind durchwabert von stickigem Mief und Gestank. Welche Nöte und Probleme dahinterstecken können, kommt eher selten zur Sprache. In bester journalistischer Manier hat sich die Autorin ein eigenes Bild gemacht. Sie hat mit betroffenen Menschen gesprochen, die sich der Reporterin gegenüber öffnen und erzählen, warum das Klischee oft nicht der Lebenswirklichkeit entspricht und wieso eine Entrümpelung häufig alles schlimmer macht. Mit ihrer gut recherchierten und geschriebenen Reportage bricht Lisa Petrich vorherrschende Klischees auf, weckt Sympathie und Verständnis für die Betroffenen und trägt so dazu bei, (Vor)Urteile in der Bevölkerung neu zu sortieren, so die Jury.
Der Caritas-Journalistenpreis Baden-Württemberg wird von den beiden Caritasverbänden für die Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart vergeben. Mit der Auszeichnung würdigt die Caritas im Land Autorinnen und Autoren für herausragende publizistische Beiträge aus dem sozialen Bereich. Für den 35. Caritas-Journalistenpreis lagen insgesamt 105 Wettbewerbsbeiträge aus Presse, Hörfunk, Fernsehen und Online-Medien vor, aus denen eine unabhängige Jury die Preisträgerinnen und Preisträger ermittelte. Die Verleihung der Preise erfolgt am 1. Februar 2024 in Stuttgart im Rahmen der Jahresauftaktveranstaltung der Caritas Baden-Württemberg.
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