Das Problem heißt Rechtsextremismus und nicht Migration
Es braucht dringend ein Umdenken in Redaktionen, denn das bedrohlichste Problem für unsere Gesellschaft lautet Rechtsextremismus und nicht Migration. Höchste Zeit, sich von den rechtspopulistischen Framings zu verabschieden und sich in der Themensetzung auf reale Gefahren zu besinnen.
Guter Journalismus kann viel bewirken: Hunderttausende demonstrieren nach den Berichten über rassistische Deportationspläne und gehen gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Talkshows problematisieren trotzdem das Thema Migration, statt über die Bedrohung für Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte zu sprechen. Darüber können wir uns nur wundern, denn über Rechtsextremisten berichten lässt sich auch, ohne sie zu bestätigen.
Fünf Hinweise für einen kritischen Journalismus über Rechtsextremismus:
- Keine Wortlaut-Interviews: Über die AfD lässt sich berichten, ihre menschenfeindliche Ideologie aufdecken, ohne dass sie in Interviews und Stellungnahmen zu Wort kommen muss. Die AfD ist keine demokratische Partei wie jede andere und sollte auch in der Berichterstattung nicht so behandelt werden. Ihnen die Themensetzung zu überlassen, schadet der Demokratie und hat keinen informativen Mehrwert.
- Möglichst vielen Menschen Zugang zu Informationen verschaffen: Die Correctiv-Recherche wurde in fünf Sprachen übersetzt, damit mehr Menschen Zugang zu den wichtigen Inhalten erhalten. Den Text kann man sich außerdem vorlesen lassen. Ein gutes Beispiel dafür, wie eine inklusive Berichterstattung für alle gelingen kann.
- Keine rechten Kampfbegriffe in der Überschrift: Die Recherche erzielte sehr viel Aufmerksamkeit, auch ohne rechtsradikale Begrifflichkeiten in der Überschrift zu reproduzieren oder rechte Framings unkommentiert zu übernehmen.
- Tiefe Recherche geht vor Schnelligkeit: Die AfD verbreitet Falschinformationen und Verschwörungsmythen. Es ist die Aufgabe von Journalist*innen, diese Falschinformationen richtigzustellen, sie zu widerlegen und demokratiefeindliche Ideologien klar zu benennen. Deswegen braucht Berichterstattung über Rechtsextreme Einordnungen und Expertisen und keine Zitat-Kacheln und O-Töne.
- Betroffene zu Wort kommen lassen: Statt in jeder Sendung über Migration zu diskutieren, müssen viel mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte zu Wort kommen, also diejenigen, die von den Deportationsplänen Rechtsradikaler betroffen sind. Sie müssen vorkommen, um die Bedrohung, die eine rechtsradikale Partei für einen sehr großen Teil der Bevölkerung darstellt, sichtbar und hörbar zu machen.
Was muss jetzt passieren?
Viele Menschen demonstrieren und setzen dadurch ein wichtiges Zeichen gegen den erstarkenden Rechtsextremismus – auch wir als Journalist*innen tragen Verantwortung.
Medienschaffende müssen aufhören, rechtsradikale Narrative und Framings zu reproduzieren, einige Medienhäuser und Redaktionen ihre Strategien im Umgang mit der AfD hinterfragen. Betroffene sollten zu Wort kommen und die kritische Aufmerksamkeit darf nicht verloren gehen. Die Talkshow- oder Brennpunkt-Sendungen zur Gefahr von Rechts sind lange überfällig.
Die Neuen deutschen Medienmacher*innen sind ein ehrenamtlicher Verein, der sich für mehr Vielfalt im Journalismus stark macht. Als bundesweite NGO von Journalist*innen mit und ohne Einwanderungsgeschichte setzen wir uns für diskriminierungskritische Berichterstattung, divers besetzte Redaktionen und gegen Hass im Netz ein.
Mehr unter: neuemedienmacher.de.
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