Kunst & Kultur

Dialogtreffen: Kamerun und Deutschland

Elf deutsche Museen der Weltkulturen, Delegierte des Interministeriellen Komitees für die Rückführung illegal ausgeführter Kulturgüter sowie Vertreter:innen traditioneller Königshäuser aus Kamerun sprechen im „Dialogtreffen: Kamerun und Deutschland” im Linden-Museum Stuttgart bis 16. Januar über mögliche Wege der Rückgabe von Kulturgütern nach Kamerun und über eine nachhaltige Zusammenarbeit. Die baden-württembergische Wissenschafts- und Kunstministerin Petra Olschowski sowie Rékia Nfunfu Ngeh, die Leiterin der kamerunischen Delegation, haben gemeinsam mit dem Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, Prof. Dr. Markus Hilgert, und Repräsentant:innen des Bundes den von den Museen unter Federführung des Linden-Museums Stuttgart initiierten Dialog der Museen am 15. Januar offiziell eröffnet.

Dieser Dialog mit Kamerun ist ein elementarer Bestandteil der Aufarbeitung der deutschen Sammlungsbestände aus kolonialen Kontexten, der sich die deutschen Museen verpflichtet fühlen. Das Gespräch unter Beteiligung der offiziellen und der zivilgesellschaftlichen Seite soll hierbei breite Möglichkeiten der Verständigung eröffnen. Am Treffen nehmen Vertreter:innen der Museen aus Berlin, Bremen, Braunschweig, Frankfurt, Hannover, Hamburg, Köln, Leipzig, Mannheim, München und Stuttgart teil. Das Dialogtreffen wird durch die Kulturstiftung der Länder gefördert.

Deutschland ist im Besitz von etwa 40.000 Kulturgütern aus Kamerun, von denen viele während der deutschen Kolonialherrschaft auf unethische Weise in unsere Museen gelangt sind. Verschiedene traditionelle Gemeinschaften in Kamerun fordern die Rückgabe ihres Kulturgutes und haben Gespräche mit einzelnen Museen begonnen. Im Oktober besuchten erstmals Vertreter:innen des neu gegründeten nationalen „Interministeriellen Komitees für die Rückführung illegal ausgeführter Kulturgüter“ die Museen in Berlin, Bremen, München und Stuttgart.

Um ein gesamtdeutsches Vorgehen der Museen in dieser Frage zu ermöglichen, hat das Linden-Museum in Stuttgart – als Bewahrer der größten kamerunischen Sammlung in Deutschland – die Leitung einer Museumsgruppe übernommen, die aktiv diesen Dialog aufgreift und gemeinsam nach Wegen der Restitution und nachhaltiger Kooperation mit Kamerun sucht. In dieser Museumsgruppe sind die deutschen Museen vertreten, die jeweils mehr als 500 kamerunische Objekte in ihren Sammlungen beherbergen.

Beteiligte Museen sind das Ethnologische Museum Berlin, das Grassi Museum für Völkerkunde zu Leipzig, das Landesmuseum Hannover, das Linden-Museum Stuttgart, das MARKK – Museum am Rothenbaum, Kulturen und Künste der Welt in Hamburg, das Museum Fünf Kontinente in München, das Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln, die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, das Städtische Museum Braunschweig, das Weltkulturen Museum in Frankfurt am Main und das Übersee-Museum Bremen.

Am Vormittag des 15. Januar 2024 nahmen neben der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württembergs, Petra Olschowski, auch Vertreter:innen des Auswärtigen Amtes sowie des Amtes der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder Prof. Dr. Markus Hilgert am Dialogtreffen teil.

Ziel des Dialogtreffens in Stuttgart ist es, im persönlichen Austausch mit kamerunischen Delegierten den Prozess eines transparenten Dialogs einzuleiten und eine Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu schaffen.

Die Delegation aus Kamerun wird im Anschluss an das Dialogtreffen in Stuttgart die Museen in Frankfurt (17.1.), Köln (18.1.), Hannover (19.1.), Leipzig (20.1.), Berlin (23.1.) und Hamburg (25.1.) besuchen.

Stimmen zur Eröffnung des Dialogtreffens

Rékia Nnunfu Ngeh, Delegationsleiterin, Interministerielles Komitee für die Rückführung illegal ausgeführter Kulturgüter

„Das Stuttgarter Treffen zur Erörterung der Rückgabe kamerunischer Kulturgüter hat für die kamerunische Seite mehrere Ziele, nämlich

– die zentrale Rolle des Staates Kamerun im Prozess der Rückgabe von Kulturgütern zu bekräftigen

– die Roadmap, mit der das Interministerielle Komitee beauftragt wurde, vorzustellen

– die kamerunische Strategie für die Rückführung von Kulturgütern vorzustellen.”

Petra Olschowski, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden- Württemberg

„Der baden-württembergischen Landesregierung ist die Restitution von Kulturgütern aus kolonialem Kontext ein zentrales politisches Anliegen. Das begangene Unrecht bedauern wir zutiefst – hierfür übernehmen wir die historische Verantwortung. In den vergangenen Jahren hat sich Baden-Württemberg deshalb auch im Bund stark engagiert, einige Rückgaben konnten wir bereits auf den Weg bringen. Ich freue mich daher sehr, dass der offizielle Auftakt zum gemeinsamen Dialogprozess mit Kamerun heute hier in Stuttgart stattfindet. Das Treffen ist der erste, und daher umso wichtigere Schritt, den formalen Austausch zwischen den Museen in Deutschland und den Vertreterinnen und Vertretern aus Kamerun, insbesondere auch den zuständigen staatlichen Stellen, aufzunehmen. Ich danke den beteiligten Museen für ihre Initiative und unseren Gästen aus Kamerun für ihre Bereitschaft, mit uns in den Dialog zu treten. Als Land werden uns auch in diesen Prozess zur Rückgabe von Kulturgütern nach Kamerun und zur künftigen Zusammenarbeit mit ganzer Kraft einbringen.“

Baden-Württemberg ist innerhalb der Kulturministerkonferenz federführend für das Thema Koloniales Erbe.

Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Bundesrepublik Deutschland „Die Rückgabe von Kulturgütern aus deutschen Sammlungen ist ein wesentlicher Bestandteil der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit in Kamerun. Die Bundesregierung schätzt die enge Zusammenarbeit mit der kamerunischen Regierung in dieser Frage, insbesondere mit dem Interministeriellen Komitee, das den Rückgabeprozess auf kamerunischer Seite koordiniert. Die Vorstellungen Kameruns sind hierbei für uns maßgebend.

Mit einem dritten Treffen innerhalb von vier Monaten, diesmal in Stuttgart, führen beide Seiten das Gespräch fort – auf Ebene der Regierungen, der Museen und der Zivilgesellschaft. Wir hoffen, dass diese Begegnungen die Verständigung über den Rückgabeprozess befördern und damit auch Wege einer intensiveren kultur- und gesellschaftspolitischen Zusammenarbeit beider Länder für die Zukunft eröffnen werden.“

Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien

„Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte im partnerschaftlichen Dialog mit den Herkunftsländern und -gesellschaften soll aus Sicht der Bundesregierung auch einen Beitrag für eine gemeinsame Zukunft zwischen Europa und Afrika leisten. Deswegen freue ich mich, dass das Dialogtreffen zwischen Deutschland und Kamerun stattfindet. Das ist nicht nur ein wichtiger Schritt, um sich über mögliche Wege zur Rückgabe von Kulturgütern nach Kamerun zu verständigen. Der Austausch kann auch dazu beitragen, das Fundament zu legen für nachhaltige Kooperationen mit Kamerun. Ich wünsche den Teilnehmenden daher viel Erfolg, anregende Diskussionen und nützliche Erkenntnisse für die zukünftige Zusammenarbeit.”

Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder

„Die Rückgabe von Kulturgütern, die im Zuge des Kolonialismus entwendet wurden, stellt ein Vorhaben von gesamtstaatlicher Bedeutung dar. Ich freue mich, dass die Museen die Initiative für einen ersten großen Austausch ergriffen haben, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Die Kulturstiftung der Länder als Sitz der Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten versteht sich als wichtiger Ansprechpartner in Fragen der Restitution für Betroffene in den Herkunftsstaaten sowie als beratender Partner für die deutschen Museen.“

Gemeinsames Statement der elf Museen: „Die größten kamerunischen Sammlungen außerhalb des Landes befinden sich in deutschen Museen. Elf dieser Institutionen haben sich mit unseren kamerunischen Partner:innen zusammengetan, um einen Dialog über Restitution und unser koloniales Erbe zu initiieren. Wir erwarten, dass dieses Treffen Vertrauen und eine fruchtbare langfristige Zusammenarbeit schafft.”

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