Heute veröffentlicht: Die Ergebnisse des 21. medien.barometers 2023/24
Die Ergebnisse der Studie präsentierte Jeannine Koch, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende des medianet berlinbrandenburg e.V. und Herausgeberin der Umfrage, sowie Helge Jürgens, Geschäftsführer beim Medienboard Berlin-Brandenburg. Moderiert wurde von gregor c. blach, Geschäftsführer von WE DO communication.
Jeannine Koch erkennt positive Aspekte in den Studienergebnissen, aber auch Potenziale: „Es ist erfreulich zu sehen, dass der Geschäftsklimaindex und die Geschäftserwartung für die kommenden 12 Monate, trotz der anhaltenden Herausforderungen durch multiple Krisen, gestiegen sind. Allerdings, mit Blick auf unser diesjähriges Thema, fällt auf: Nur für 54% der befragten Unternehmer*innen nimmt Nachhaltigkeit aktuell einen hohen Stellenwert ein. Dies bedeutet, bei fast der Hälfte der Befragten spielt Nachhaltigkeit bisher nur eine untergeordnete Rolle. Zudem sind die neuen Corporate Social Responsibilty Directive-Richtlinien (CSRD) einem Drittel der Befragten noch gar nicht bekannt. Auch, wenn an vielen Stellen schon Nachhaltigkeit gelebt wird und zahlreiche Maßnahmen umgesetzt werden, so zeigt sich, dass es einiges an Potenzial und Handlungsbedarf gibt. Laut Studie bestehen die meisten Hürden bei den entstehenden hohen Kosten, beim bürokratischen Aufwand und bei den personellen Ressourcen. Hier muss dringend nachgebessert werden. Eine stärkere Informationskampagne, auch hinsichtlich potentieller Förderungen für Unternehmer*innen, und Unterstützung seitens der Politik würde hier zu mehr Sichtbarkeit und Erfolgen führen.“
Helge Jürgens bezeichnet den aktuellen Zustand und die Gesamtentwicklung in den Branchen als erfreulich: „Die Medienbranche der Capital Region ist weiter im Aufschwung! Das wird im aktuellen Geschäftsklimaindex deutlich, und das merken wir auch an unseren steigenden Antragszahlen. Erstmalig sind 2023 Games, XR und innovatives Storytelling mit einer zweistelligen Millionensumme von 12,3 Mio. Euro im New-Media-Bereich gefördert worden. Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema für uns. Seit vergangenem Jahr gelten bundesweit einheitliche ökologische Standards für die audiovisuelle Produktion. Daneben fördert MBB nachhaltige Projekte und Veranstaltungen. Im Bereich Games ermöglichen wir die Abrechnung von Kosten im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsstandards.“
Dies sind die 10 Kernaussagen aus den Studienergebnissen:
1. Während die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage mit 34,5 Punkten etwa auf Vorjahresniveau liegt (35,6), ist die Geschäftserwartung für die kommenden 12 Monate, trotz der Unsicherheiten durch Ukraine- und Nahost-Krieg, Energiekrise, Inflation u.a. von 18,1 Punkten im Vorjahr auf nun 24,1 Punkte gestiegen.
2. Der Geschäftsklimaindex steigt von 126,5 im Vorjahr auf 129,2 Punkte leicht, liegt aber noch unter dem Niveau von vor der Pandemie (2019: 138,7 Punkte). Mit 41 % glauben deutlich mehr Befragte, dass sich ihr Geschäftsfeld in den nächsten 12 Monaten zum Besseren entwickeln wird, als dass es sich schlechter entwickeln wird (25 %). Gut ein Drittel erwartet keine Veränderungen (34 %).
3. In den vergangenen 12 Monaten haben 32 % der Unternehmen ihr Personal aufgestockt, bei 47 % blieb es unverändert und 20 % beschäftigen weniger Personal. 39 % planen für die kommenden 12 Monate zusätzliches Personal einzustellen, während 25 % dies nicht planen.
4. Nachhaltigkeit hat für über die Hälfte der Befragten einen hohen Stellenwert im Unternehmen (54 %), vor allem aufgrund der ökologischen und gesellschaftlichen Verantwortung (je 92 %). Die Mehrheit nimmt dabei auch Mehrkosten in Kauf (55 %) oder akzeptiert sie zumindest teilweise (28 %). Dennoch hat demnach Nachhaltigkeit für 46 % der Unternehmen keinen hohen Stellenwert.
5. Maßnahmen wie Mülltrennung (84 %), Mehrwegprodukte (75 %), stromsparende Leuchten und Geräte (75 %), der Verzicht auf innerdeutsche Flugreisen (71 %), Verminderung der Heiztemperatur im Winter (66 %), Nutzung erneuerbarer Energie (59 %) und ÖPNV-Tickets für Mitarbeitende (56 %) werden bereits mehrheitlich umgesetzt.
6. Viele Unternehmen beklagen Hindernisse bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen wegen hoher Kosten (49 %), bürokratischer Hürden (44 %) und fehlender personeller Ressourcen im Unternehmen (42 %).
7. Nur ein Viertel der Unternehmen hat eine Abteilung bzw. Fachkraft für Nachhaltigkeit eingeführt (25 %). Diese erfüllt verschiedene Aufgaben, wie z.B. die Konzeption und Durchführung von Nachhaltigkeitsprojekten (67 %) oder der Vermittlung von Nachhaltigkeitsanalysen an Vorgesetze (52 %). Schulungen für Nachhaltigkeit werden von 23 % der Unternehmen angeboten.
8. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die am 1. Januar 2024 in Kraft trat, kennen rund drei Viertel der Unternehmen entweder gar nicht (34 %) oder lediglich namentlich (42 %). Derzeit sind zwar erst 9 % der befragten Unternehmen qua ihrer Größe berichtspflichtig, doch bereits 2026 werden auch viele kleinere Unternehmen direkt betroffen sein – und als Auftragnehmer von berichtspflichtigen Unternehmen können sie durch das Lieferkettengesetz schon jetzt verpflichtet sein, eine nachhaltige Unternehmensführung nachzuweisen. Hier gibt es ein Informationsdefizit.
9. Ein Drittel der Unternehmen wünscht sich mehr (unbürokratische) Unterstützung von der Politik (34 %), insbesondere in den Bereichen Infrastruktur (32 %), Finanzierung (25 %) sowie in der Informationsbereitstellung (22 %).
10. Die wichtigsten Themen für die kommenden 12 Monate sind für die befragten Unternehmen eine wirtschaftliche Stabilisierung (37 %), die Gewinnung von Fachkräften (36 %) sowie die Gewinnung von Kund*innen und die Steigerung des Umsatzes (34 %). Gleich danach folgen die Themen Nachhaltigkeit und Modernisierung (je 29 %).
In der anschließenden Panel-Diskussion mit vier Wirtschaftsvertreterinnen wurden die Ergebnisse eingeordnet und vertieft. Zu Gast waren:
- Gesa Beck, Geschäftsführerin von ABCircular GmbH
- Ina von Holly, Regionalvertreterin Berlin & Forumssprecherin für Nachhaltigkeit beim Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA und Geschäftsführerin bei WE DO communication
- Laila Lala, Green Consultant & Gründerin von Greenigma
- Joanna Maciejewski, Projektleiterin Nachhaltigkeitsaudit bei Goldmedia GmbH, Nachhaltigkeitsberaterin bei oekoding
Gesa Beck legt den Fokus auf die Bedeutung von Nachhaltigkeit: „Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur Umwelt- und Klimaschutz, sondern die Erfüllung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Bedürfnisse aller Menschen weltweit – jetzt und zukünftig. Wir können alle mit einfachen Mitteln zu einer nachhaltigen Welt beitragen und heute zu handeln ist fast schon zu spät.“
Dass Unternehmen positive Effekte erzielen können, wenn sie nachhaltige Maßnahmen ergreifen, betont Ina von Holly: „Die Umfrage des medien.barometer 2023/24 bestätigt die Erkenntnisse des Forum Nachhaltigkeit im GWA, die im Green Guide festgehalten sind. Denn über 60 % der Verantwortlichen in Unternehmen, sagen laut GWA-Studie, dass sie ab 2026 Agenturen ohne Engagement nicht mehr beauftragen werden. Das Gleiche gilt für Mitarbeitende: Sie erwarten von ihrer Agentur, dass sie Verantwortung übernimmt. Der Anspruch an Agenturen und Unternehmen durch die Transformation steigt.“
Joanna Maciejewski sieht eine Verantwortung bei den Unternehmen: „Unsere Welt verändert sich und der Klimawandel ist eine Folge unserer Lebens- und Wirtschaftsweise. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle, die Bereitschaft, einen positiven Beitrag zu leisten und das kritische Hinterfragen der Risiken des Geschäftsmodells sind entscheidend, damit Unternehmen auch in 5, 10 oder 20 Jahren noch bestehen können. Mittlerweile gibt es immer mehr bezahlbare und zielgruppengerechte Hilfestellungen, um sich dem Thema strukturiert zu nähern.“
Laila Lala sieht Potenziale vor allem in der Filmwirtschaft: „Gerade in der Filmbranche, die sehr emissionsstark ist, muss ökologische Nachhaltigkeit vermehrt Beachtung finden. Seit dem Inkrafttreten des aktuellen Filmfördergesetzes (01/2022) ist dies in den Regularien zur Vergabe von Geldern durch Bund und Ländern verankert. Gleichzeitig haben viele Sender und Produktionsfirmen die Selbstverpflichtung unterschrieben, anhand der ökologischen Mindeststandards zu produzieren. Eine Neuerung, welche in ihrer Umsetzung noch Verbesserungspotential aufweist – global gesehen jedoch ein gigantischer Schritt, dem hoffentlich viele folgen.“
Das vollständige medien.barometer 2023/24 mit allen Zahlen und Grafiken sowie Informationen zum aktuellen Geschäftsklimaindex finden Sie ab sofort hier zum Download.
Über das medien.barometer:
Das medien.barometer beleuchtet die Stimmung und die wirtschaftliche Entwicklung einzelner Teilbranchen des Clusters IKT, Medien, Kreativwirtschaft in der Hauptstadtregion. Seit 2004 nimmt die Befragung die aktuellen Einschätzungen sowie die Zukunftsaussichten der Berliner und Brandenburger Unternehmen aus der Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft in den Blick. Das medien.barometer trägt damit dazu bei, die Entwicklungen in den Branchen jährlich zu verfolgen und über einen Zeitraum abzubilden. Es erlaubt Dynamiken und Trends aufzuspüren, die Standortarbeit zu evaluieren und Standortaktivitäten abzuleiten. 181 Unternehmen aus Berlin und Brandenburg haben sich 2023/24 an der Befragung beteiligt.
Das medien.barometer ist eine Initiative des medianet berlinbrandenburg e.V. Die aktuelle Befragung wird sowohl vom Medienboard Berlin-Brandenburg als Förderer als auch von der Investitionsbank Berlin (IBB) als Partner unterstützt. Das durchführende Institut ist House of Research.
medianet berlinbrandenburg e.V. ist ein Netzwerkverein der Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft mit rund 450 Mitgliedsunternehmen. Die sich daraus ergebenden über 2.000 Multiplikator*innen bilden einen wichtigen Teil dieser Branchen ab. medianet gestaltet gemeinsam mit den Mitgliedern des Netzwerks, der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ein Miteinander auf Augenhöhe in der Metropolregion Berlin-Brandenburg und über die Landesgrenzen hinaus. Es stärkt die Standorte als Arbeitgeberregionen, ist Impulsgeber*in, Unterstützer*in, Macher*in und vernetzt Akteure interdisziplinär auf dem gemeinsamen Weg in die digitale Zukunft. Mehr Infos unter www.medianet-bb.de.
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