Hunderttausende Demonstranten gegen Rechts – und nun?
Was folgt aus den Massen-Demonstrationen? Wie geht es weiter? Gemeinhin sind Demonstrationen mit konkreten Forderungen verbunden. Gewerkschafter gehen auf die Straße für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen und die Bauern demonstrieren für den Erhalt ihres Agrardiesel. Doch die Demonstrationen gegen rechts hatten keinen gemeinsamen Forderungskatalog. Ihre Gemeinsamkeit bestand lediglich im nebulösen „gegen rechts“. Wer oder was war mit „rechts“ gemeint? Für die Mehrheit sicherlich die AfD. Aber wie mit der AfD umgegangen werden soll, blieb auch bei den Demonstrationen im Unklaren. Die Forderung nach Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD, wie sie die Bundestagung der CDA-CGB-Arbeitsgemeinschaft beschlossen hat und wie sie jetzt auch der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion Mustafa Güngör erhoben hat, war kein Anliegen der Demonstrationen. Daher verwundert es nicht, wenn neben SPD, Linkspartei und Grünen auch CDU und FDP ihre Mitglieder zur Beteiligung an den Demonstrationen gegen rechts aufgerufen haben.
Wenn gemeinsam gegen rechts demonstriert wird, stellt sich nicht mehr die Frage, wer schuld ist am Erstarken des Rechtsextremismus in Deutschland. Politikverdrossenheit und nachlassendes Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen, wie sie eine Studie der Körber-Stiftung im letzten August belegt hat, werden durch ein gemeinsames Feindbild kaschiert. Doch wie lange? Der CGB befürchtet, dass die Massendemonstrationen nur Strohfeuer bleiben werden, wenn sich an der Politik in Deutschland nicht Grundlegendes ändert, wovon derzeit nicht auszugehen ist. Der harte Kern der Rechtsextremisten in Deutschland, etwa 10 Prozent der Wähler, ist unbelehrbar und lässt sich von Demonstrationen und Mehrheitsmeinungen nicht beeinflussen. Bleiben die ca. 20 Prozent Wählerinnen und Wähler, die zumindest für rechtsextremes Gedankengut empfänglich aber keine Stammwähler rechtsextremer Parteien sind. Bei diesem Personenkreis besteht zumindest die Chance, dass aufgrund der Demonstrationen auch Alternativen zur AfD in Erwägung gezogen werden. Man darf deshalb auf die nächsten Wahlumfragen gespannt sein. Eins dürfte aber bereits jetzt klar sein: Eine Abkehr von der AfD muss nicht eine Hinwendung oder Rückkehr zu den etablierten Parteien bedeuten. Protest kann auch als Nichtwähler oder die Hinwendung zu neuen Alternativen demonstriert werden. Hier sieht der CGB Gefahren. Er befürchtet, dass Wähler, die nicht als rechtsextrem gelten wollen, sich der WerteUnion zuwenden könnten, die nicht so schnell als verfassungsfeindlich gebrandmarkt werden kann, da sie von einem Ex-Verfassungsschutz-Präsidenten geführt wird, oder der neuen Partei der populären Sarah Wagenknecht.
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