Finanzen / Bilanzen

IWH-Insolvenztrend: Höchstwert bei Firmenpleiten im Dezember

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ist im Dezember stark angestiegen, zeigt die aktuelle Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Es war der höchste Wert für einen Dezember seit Beginn der Datenerfassung im IWH-Insolvenztrend im Jahr 2016. Für die kommenden Monate rechnet das IWH mit weiter steigenden Insolvenzzahlen.

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Dezember 2023 bei 1 078 (vgl. Abbildung 1). Das sind 10% mehr als im November und knapp ein Viertel mehr als im Dezember des Jahres 2022. Die Zahl der Insolvenzen lag 24% über dem Dezember-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Im Dezember wurde der höchste Wert des Jahres 2023 erreicht. Wie von der IWH-Insolvenzforschung im Spätsommer prognostiziert, wurde das vierte Quartal damit zum insolvenzstärksten Quartal des vorigen Jahres. Das vierte Quartal weist normalerweise die wenigsten Insolvenzen eines Jahres auf.

Schließungen großer Arbeitgeber führen oft zu hohen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im Dezember gemeldet wurde, ca. 9 600 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäf­tigten in den größten 10% der Unternehmen liegt damit auf dem Niveau der Vor­monate und dem eines durchschnittlichen Dezembers (vgl. Abbildung 2). Die meis­ten Arbeitsplätze entfallen im Dezember auf Insolvenzen in der Industrie und bei unternehmensnahen Dienstleistungen.

Die dem Insolvenzgeschehen vorlaufenden IWH-Frühindikatoren erreichten im Dezember den zweiten Monat in Folge einen neuen Höchststand. Das IWH erfasst Frühindikatoren seit Januar 2020. „Die hohen Werte im Dezember markieren nicht das Ende steigender Insolvenzzahlen. Für die kommenden Monate erwarten wir weiter steigende Zahlen“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Struktur­wandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung. Die Zahl der in­solventen Personen- und Kapitalgesellschaften war seit den historischen Höchst­ständen vor etwa 20 Jahren stark zurückgegangen. Selbst bei einem weiteren mo­deraten Anstieg der Insolvenzzahlen in diesem Jahr läge das Insolvenzgeschehen noch immer im normalen Bereich, erläutert Müller.

IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik

Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindi­kator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffe­ner Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenz­forschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesell­schaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz be­troffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verläss­lich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab. Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem wer­den auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbst­ständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haf­tende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet. Die Zahl der Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.

Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.

Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenz­trend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.

Über Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)

Die Aufgaben des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) sind die wirtschaftswissenschaft­liche Forschung und wirtschaftspolitische Beratung auf wissenschaftlicher Basis. Das IWH betreibt evi­denzbasierte Forschung durch eine enge Verknüpfung theoretischer und empirischer Methoden. Dabei stehen wirtschaftliche Aufholprozesse und die Rolle des Finanzsystems bei der (Re-)Allokation der Pro­duktionsfaktoren sowie für die Förderung von Produktivität und Innovationen im Mittelpunkt. Das Insti­tut ist unter anderem Mitglied der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose, die halbjährlich Gutachten zur Lage der Wirtschaft in der Welt und in Deutschland für die Bundesregierung erstellt.

Das IWH ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 97 eigenständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Aufgrund ihrer gesamt­staatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Weitere Informationen unter www.leibniz-gemeinschaft.de.

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