Medizinische Physik in ihrer ganzen Vielfalt – Spannende Fachtagung der DGMP in Magdeburg ging mit großem Erfolg zu Ende
Eindrucksvoller Kongressauftakt!
Ein erstes Highlight hatten die Kongresspräsidenten direkt zur Eröffnung vorbereitet – angekündigt war eine „Experimentelle Überraschung“: Eine aus zwei Hälfen bestehende Metallkugel, wie sie auch auf dem diesjährigen Tagungslogo angedeutet zu erkennen war, wurde als historisches Exponat von Mitarbeitern der Otto-von-Guericke-Stiftung in den Raum getragen. Zur Freude der Kongressteilnehmer wurde der spektakuläre Halbkugel-Versuch des berühmten Naturwissenschaftlers zur Kraft des Luftdrucks auf die evakuierte Kugel durchgeführt – live und vor aller Augen als Mitmach-Experiment. Statt der Kraft der 24 Pferde, die Otto von Guericke im Jahr 1657 öffentlichkeitswirksam einsetzte, um die beiden Halbkugeln auseinanderzu-ziehen, versuchte sich zunächst der DGMP-Vorstand beim Tauziehen. Erst unterstützt vom Beirat und immer mehr Mitgliedern der Jungen Medizinphysik und weiteren Kongressteilnehmern, sprangen die Halbkugeln beim kollektiven Kräftemessen mit einem lauten Knall auseinander, begleitet vom großen Applaus der Zuschauenden – ein eindrucksvoller Kongressauftakt!
Die wachsende Bedeutung der Medizinphysik stellte Prof. John Damilakis, Präsident der International Organisation for Medical Physics (IOMP), in den Vordergrund seines Grußwortes. „It’s great to meet so many colleagues and friends“, hieß es angesichts der guten Stimmung im Kreise international renommierter Fachleute. Prof. Jens Strackeljan, Rektor der Otto-von- Guericke-Universität, stellte auf dem Kongress in Magdeburg einen ansteigenden Frauenanteil fest. Prof. Dr. Martin Fiebich, Präsident der DGMP, bedankte sich bei den Kongresspräsidenten für das sorgfältig ausgesuchte Programm und den schönen Tagungsort und hielt eine Laudatio auf Dr. Georg Stamm, Göttingen, den diesjährigen Preisträger des Expertenpreises der DGMP.
Schwerpunkt radiologische Bildgebung
In insgesamt 51 wissenschaftlichen Sessions, 287 Vorträgen, über 80 Postervorstellungen und 9 Industriesymposien bekamen die Teilnehmer an vier Kongresstagen einen aktuellen Überblick über neueste Forschungen in der Medizinischen Physik, ihre Auswirkungen und Anwendungen. Mit Vorträgen zu allen Bereichen der Medizinischen Physik legten die Tagungsleiter, beide vor allem tätig im Bereich Röntgendiagnostik, in diesem Jahr einen größeren Schwerpunkt auf die radiologische Bildgebung. Von der Ultrahochfeld-MRT über molekulare Bildgebung und Diagnostik, die neuesten Entwicklungen der Strahlentherapie und Dosimetrie bis hin zur Physik der Audiologie – das Spektrum des Programms war breit. Ein weiterer Fokus lag auf der Forschung im Bereich der molekularen Verfahren, um die personalisierte Medizin weiter zu verbessern.
Der Kongress profitierte davon, dass beide Kongresspräsidenten zwei verschiedene Pole repräsentieren: die universitäre Forschung mit Christoph Hoeschen und die klinische Praxis mit Kerstin Jungnickel. Für Medizinphysiker:innen, die mit den Ärzt:innen und MTRs in den Kliniken und Praxen zusammenarbeiten, diente die Jahrestagung so auch der Fortbildung. Dabei ging es nicht nur um die praktische Umsetzung des Strahlenschutzes, sondern auch darum, was mit neuen Techniken möglich ist. Zum Beispiel gab es zur Spektral-CT, einer neuen Technik der Computertomographie, die verschiedene Energiebereiche des Röntgenspektrums getrennt zur Bildgebung einsetzt, eine eigene Sitzung.
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz war ein weiterer Schwerpunkt der Tagung. Es wurde gezeigt, wie die Bildqualität der Magnetresonanztomographie den schon sehr guten Kontrast im Bereich der Weichteile, insbesondere im Gehirn, immer noch weiter verbessert werden kann. Bei den neuen Computertomographen ging es darum, die Auflösung zu erhöhen, um mit weniger Dosis und weniger Rauschen eine immer bessere Bild-qualität zu bekommen. Die Tagung machte deutlich, dass der Prozess qualitativ hochwertiger diagnostischer Verfahren und präziser, schonender und spezialisierter Therapie-Optionen auf Grundlage der Medizinphysik immer noch weiter voranschrei-tet. KI ermöglicht neue Ansätze in der Strahlentherapie, um einen Tumor so präzise wie möglich zu bestrahlen und das restliche Gewebe so weit wie möglich zu schonen.
Als eine weitere Entwicklung wird mit KI auch wieder eine verstärkte Annäherung zwischen der Bildgebung und der Strahlentherapie versucht, indem Informationen aus der Bildgebung direkt übertragen werden, um die Dosisverteilung der Bestrahlung genauer anzupassen. „Solche adaptiven Strahlentherapieverfahren setzen sich immer mehr durch, in verschiedenen Kombinationen mit einem MRT oder mit CT-Systemen“, so Christoph Hoeschen. „Die Implementierung dieser Verfahren und die bestmögliche Anwendung erfährt durch KI möglicherweise einen bedeutenden Schub“. Ganz wichtig sei allerdings die Qualitätssicherung der KI-Algorithmen, um Fehlinformationen zu vermeiden.
Personalisierte Medizin war ebenfalls ein großes Thema mit verschiedenen technologischen Ansätzen. Am Rande der vielfältigen Tagung wurden vier Führungen angeboten, als besonderes Highlight die zum 7-Tesla-Connectome. Damit hat die Otto-von-Guericke-Universität den europaweit leistungsstärksten Magnetresonanztomographen und ist nunder führende Standort für bildgestützte Hirnforschung.
Junge Medizinphysik – Nachwuchs stark vertreten
Zur guten Stimmung beim Kongress trugen auch die Jungen Medizinphysiker:innen (jMP) bei, die wieder intensiv in das Programm mit eingebunden waren. Neben einer Session mit Erfahrungsberichten zur Qualifizierung und zum Eintritt in den Arbeitsmarkt gab es spannende Beiträge von Spezialisten und individuelle Coachings. Gut besucht waren die Refresherkurse mit praktischem Update medizin-physikalischer Grundlagen in verschiedenen Themenbereichen und die jMP-Sessions.
Besonders gut besucht war in diesem Jahr das Young Investigator Forum, bei dem 6 junge Wissenschaftler:innen ihre Forschungsergebnisse vortrugen. Neben dem Young Investigator Award wurden auch Preise für die beste Masterarbeit, Dissertation, das beste Poster und der Behnken-Berger-Preis für die beste Forschungsarbeit vergeben. Mit dem höchsten Preis der DGMP, der Glocker Medaille wurde Frau Prof. Sibylle Ziegler ausgezeichnet, die für ihre herausragende Arbeit im Bereich der Medizinischen Physik geehrt wurde.
Auf dem Messegelände Magdeburg konnten die Kongressteilnehmer auch am Rande der Sitzungen unkompliziert miteinander in Kontakt kommen. Kerstin Jungnickel hob die besondere Bedeutung von Medizinphysikerinnen und Medizinphysikern im praktischen Bereich hervor: „In den Kliniken und Praxen sind wir im Moment „Goldstaub“. Wir sind einfach deutlich zu wenige und brauchen unbedingt Nachwuchs!“ Das Interesse an diesem interdisziplinär ausgerichteten Beruf ist auch bei Frauen groß. Bei dem erfolgreich und mit viel Spaß durchgeführten Schülertag, der wieder von Prof. Dr. Markus Buchgeister von der Berliner Hochschule für Technikgeleitet wurde, konnten naturwissenschaftlich interessierte Schüler das besondere Berufsfeld der Medizinphysik kennenlernen.
Auch in diesem Jahr durfte der Gesellschaftsabend nicht fehlen. Rund 200 Personen nahmen an dem Abendessen in der Festung Mark teil, welches nahtlos in eine große Tanzparty überging. Insgesamt prägte wissenschaftlicher und kollegialer Austausch diese Tagung der kurzen Wege, wobei auch – DGMP goes Green sei Dank – auf eine nachhaltige Durchführung geachtet und der unvermeidliche CO2-Fußabdruck kompensiert wurde.
Ausblick Medizinphysik-Kongress 2024
Die Fortführung der spannenden Diskussionen im gesamten Bereich der Medizinphysik mit Teilnehmern aus ganz Europa ist vom 11. bis 14. September 2024 zu erwarten. Dann laden die Tagungspräsidentinnen Prof. Dr. Katia Parodi (Präsidentin des 3-Länderkongresses der DGMP, ÖGMP und SGSMP) und Dr. Yolanda Prezado (Kongresspräsidentin der EFOMP) zum European Congress of Medical Physics in Verbindung mit der 3-Ländertagung der deutschsprachigen Medizinphysikgesellschaften nach München ein.
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