Nach erneuter Stellungnahme des LWL: „Denkmalschutz-Behauptung für Villa Diering nach wie vor mehr als fragwürdig“
Mit großem Befremden nehmen der Eigentümer der Villa, Gustav Upmeyer, und die FIM Gruppe als Projektentwickler eine erneute Stellungnahme des LWL zur angeblichen Denkmalschutzwürdigkeit des 1938/39 errichteten Gebäudes zur Kenntnis. So könne der LWL nach wie vor nicht belegen, warum der Denkmalschutz im öffentlichen Interesse liegen soll.
Zuvor hatte eine gutachterliche Stellungnahme im Auftrag des Eigentümers die Denkmalwertbegründung bei einem Ortstermin im Herbst 2023 nach eingehender Prüfung widerlegt. Der Gutachter Dr. Geerd Dahms kam zu dem Ergebnis, dass die von der Unteren Denkmalschutzbehörde behauptete Denkmalschutzwürdigkeit der Villa Diering einer objektiven Prüfung nicht standhält.
Zahlreiche Änderungen, Umbauten und Umnutzungen
Dr. Dahms verweist unter anderem auf zahlreiche Umbauten bzw. bauliche Änderungen im Zuge von Umnutzungen, den Austausch der ursprünglichen Holzfenster durch Kunststoffvarianten sowie auf einen Zementputz der Außenmauer, der als grobkörniger Kratzputz anstelle des bauzeitgemäßen hellen Außenputzes aufgebracht wurde. Darüber hinaus gab es signifikante Änderungen am Dach sowie an den Außentreppen zu den Eingängen an der Südostseite, einen angeblichen „Freiplatz“ (LWL), der aber erst in den 1970er Jahren angelegt wurde, und nicht zuletzt eine Garage, die „durch An- und Umbauten in ihrem Erscheinungsbild erheblich verunstaltet wurde“, wie es in der gutachterlichen Stellungnahme des unabhängigen Experten heißt.
Im Innern wurden bauzeitgemäße Küchen und Bäder entfernt und Wanddurchbrüche geschaffen, um die Nutzungen auf allen Ebenen neu aufzuteilen. Hinzu kommen zahlreiche architektonische Details, die von den Bauzeichnungen bzw. bauzeitlichen Plänen erheblich abweichen. Hierzu nennt der Gutachter u. a. die Formen und Ausführungen der Fenster. Statt der laut Bauzeichnungen vorgesehenen Holzfenster mit Stichbogenstürzen fand Dr. Dahms beispielsweise nur Kunststofffenster mit geradem Sturz vor.
Im Hinblick auf den architektonischen Hintergrund verweist der Gutachter auf die Tatsache, dass der Verfasser der Entwurfszeichnungen aus dem Juli 1938 laut Bauakte ein Vertrauensarchitekt der nationalsozialistischen Deutschen Arbeitsfront (DAF) war. Das Fehlen einer besonderen architekturhistorischen Einordnung stellt somit für Dr. Dahms wie auch für den Grundstücksbesitzer Upmeyer und die Projektentwickler bereits die Schutzwürdigkeit erheblich infrage. Lediglich für die Denkmalbehörde scheine dies allerdings keine Rolle zu spielen.
Bestandsgebäude und ursprüngliche Planung der Villa „stimmen nur rudimentär überein“
Der Eigentümer und FIM sehen in der erneuten Stellungnahme des LWL „eine fadenscheinige Rechtfertigung ihrer vorherigen Behauptung mit dem Ziel, in diesem Verfahren das Gesicht zu wahren, indem sie ihre Sichtweise durchdrücken“, so Robert Hase, Projektleiter bei FIM. „Dabei ignoriert der LWL in der neuesten Version seiner Denkmalschutz-Behauptung auch, dass der aktuelle Zustand des Gebäudes mit den ursprünglichen Planungen nur noch rudimentär übereinstimmt. Inwieweit der Originalzustand des Gebäudes jemals der ursprünglichen Planung entsprochen hat, ist kaum noch nachvollziehbar“, so Robert Hase weiter.
Schon die Überprüfung der Schutzwürdigkeit im Rahmen der Feststellung des Bebauungsplans 2007 kam zu dem Ergebnis, dass lediglich der Baumbestand im Vorgarten zu schützen sei. Dies hat FIM in sämtlichen Plänen für den Neubau auf diesem Grundstück konsequent berücksichtigt.
Noch immer sei es aus Sicht der Projektentwickler unerklärlich, dass aufgrund der Initiative einer ehemaligen Mieterin der Villa eine neue Denkmalschutzbewertung im Jahr 2023 überhaupt vorgenommen wurde. Die Mieterin sei in diesem Fall – im Gegensatz zum Eigentümer – gar nicht antragsberechtigt gewesen und habe damit ausschließlich persönliche Interessen verfolgt. Ein öffentliches Interesse am Denkmalschutz hingegen sei auch heute noch nicht erkennbar.
Unzulässiger Druck der Verwaltung auf Ratsmitglieder?
Dessen ungeachtet schreitet das Denkmalschutzverfahren fort. Am 13.02.2024 wird sich der Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Halle mit dem Antrag des LWL auf Denkmalschutz für die Villa Diering beschäftigen. Fünf Wochen später steht das Thema auf der Tagesordnung der Ratssitzung. Robert Hase sagt hierzu: „Vonseiten des Bauamts Halle wird den Ratsmitgliedern nun suggeriert, dass sie gar keine Entscheidungsbefugnis haben. Ihre Rolle bestehe demnach nur darin, die Vorlage einfach abzunicken.“
In der Beschlussvorlage der Verwaltung heißt es beispielsweise: „Anders als der Rechtsanwalt des Eigentümers vorträgt, besteht kein Ermessen der Stadt.“ Robert Hase hält dagegen: „Es mag sein, dass die Verwaltung für sich selbst keinen Ermessensspielraum sieht. Dies gilt jedoch keinesfalls für den Rat! In unserer Demokratie treffen auch auf kommunaler Ebene immer noch die gewählten Vertreter der Bürger die wesentlichen Entscheidungen. Ansonsten könnte man sich die Abstimmungen ja auch sparen. Wir haben daher kein Verständnis dafür, dass die Ratsmitglieder der Stadt Halle in der Beschlussvorlage gleich mehrfach derartig unter Druck gesetzt werden.“
Verlorene Planungssicherheit und ein „Gefühl der Enteignung“
Weiterer Druck sei vor allem für den Eigentümer und einige Käufer entstanden. Infolge der vom Kreis Gütersloh am 26.01.2023 ausgesprochenen Baugenehmigung für das Wohnbauprojekt Am Laibach hatte FIM mit der Vermarktung der insgesamt zehn neu zu schaffenden Wohneinheiten mit KfW-40-Standard begonnen und schnell Interessenten gewonnen.
„Sieben Wohneinheiten sind bereits durch verbindliche Vereinbarungen vergeben“, sagt Gustav Upmeyer. „Eine Käuferin hat zum Beispiel ihr Wohneigentum inzwischen veräußert, weil sie sich darauf verlassen hat, hier bald einziehen zu können. Nun steht sie sprichwörtlich auf der Straße und muss auf unbestimmte Zeit zur Miete wohnen, weil die Unterschutzstellung den Neubau blockiert. Nicht nur für sie, sondern auch für mich stellt diese bürokratische Schikane einen erheblichen finanziellen Schaden dar. Ich fühle mich, als ob ich enteignet wurde“, so der 93-jährige Privatier.
Ihm und der FIM Gruppe wird im Falle einer Bestätigung der Denkmalschutzbewertung durch den Rat nur der juristische Weg offenbleiben. Der Immobilieneigentümer hat im Mai 2023 vor dem Verwaltungsgericht Minden fristwahrend Klage gegen die Stadt Halle eingereicht, um die damals noch vorläufige Unterschutzstellung des Gebäudes aufheben zu lassen. Dieses Verfahren ruht zurzeit und wird gegebenenfalls nach dem Ratsbeschluss wieder aufgenommen. Laut FIM und dem Eigentümer steht hier ein Schadenersatz in Millionenhöhe im Raum.
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Die in Bissendorf bei Osnabrück beheimatete FIM Finanz- und Immobilienmanagement GmbH (FIM Gruppe) wurde 1998 gegründet und fungiert mit weiteren Niederlassungen in Münster und Gevelsberg sowie auf Mallorca schwerpunktmäßig als Immobilienmakler. Die Wurzeln des Unternehmens finden sich sowohl in der Tätigkeit als Finanz- und Versicherungsmakler als auch im Immobilienmanagement. Auf dieser Basis verlagerten der Firmengründer Nihad Muracevic und sein Team den Schwerpunkt im Laufe der Zeit immer stärker auf die klassische Maklertätigkeit.
So sieht sich die FIM Gruppe als Vermittler zwischen verschiedenen Interessenten: Käufern und Verkäufern von Immobilien, Mietern und Vermietern oder auch zwischen Bauherren, Architekten, Baufirmen, Kreditinstituten und vielen weiteren Akteuren rund um Grundstücke sowie den Bau und die Nutzung von Gebäuden aller Art.
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