Wann kann ein Zwangsgeld wegen Unvollständigkeit eines Nachlassverzeichnisses festgesetzt werden?
Ein Mann setzt seine Ehefrau zu seiner Alleinerbin ein. Seine enterbte Tochter macht gegen diese ihren Pflichtteil geltend und erhebt eine sog. Stufenklage, im Rahmen derer die Erbin auf Antrag der Tochter zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses verurteilt wird. Als das notarielle Verzeichnis nach einem halben Jahr immer noch nicht vorliegt, lässt die Tochter gegen die Alleinerbin ein Zwangsgeld verhängen. Die Alleinerbin wehrt sich dagegen mit dem Einwand, sie habe den Notar beauftragt und mehrmals telefonisch bzgl. des Nachlassverzeichnisses nachgefragt. Als die Alleinerbin kurze Zeit später das Nachlassverzeichnis vorlegt, will die Tochter den Zwangsgeldbeschluss aufrechterhalten, da sie bei der Aufnahme des Verzeichnisses nicht zugezogen wurde.
Zu Unrecht, entscheidet das Gericht. Zwar kann ein Pflichtteilsberechtigter verlangen, bei der Aufnahme eines notariellen Verzeichnisses hinzugezogen zu werden. Ein Zwangsgeld kann aber nur wegen eines z. B. durch ein Urteil titulierten Anspruchs verhängt werden. Es ist daher nach überwiegender Ansicht erforderlich, dass die Pflicht, der Pflichtteilsberechtigten die Anwesenheit bei der Aufnahme des notariellen Verzeichnisses zu gestatten, tituliert, d. h. im Urteil aufgenommen ist. Jedenfalls kann der Pflichtteilsberechtigte die Wiederholung der Errichtung unter seiner Hinzuziehung nur dann verlangen, wenn er vor der Erstellung sein Anwesenheitsrecht geltend gemacht hatte. An beidem fehlte es hier. Die Verhängung eines Zwangsgeldes ist daher nach Vorlage des Verzeichnisses nicht mehr gerechtfertigt.
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