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ADRA Deutschland warnt vor geplanten Kürzungen bei humanitärer Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit

APD | Das Bundesfinanzministerium plant laut der Adventistischen Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA Deutschland aufgrund des Sparkurses der Bundesregierung für die laufende Legislaturperiode weitere deutliche Kürzungen im Bereich der humanitären Hilfe um 30 Prozent und der Entwicklungszusammenarbeit um 25 Prozent. ADRA warnt vor diesen Kürzungen und vor allem vor deren Folgen.

Mehr Steuereinnahmen weniger Entwicklungshilfe

Die Steuereinnahmen der Bundesrepublik steigen, so Andreas Lerg, Pressesprecher von ADRA Deutschland. Für den Januar des laufenden Jahres melde das Bundesfinanzministerium insgesamt gut sechs Prozent mehr Einnahmen als im Vorjahresmonat. Für das Jahr 2024 erwarteten die Steuerschätzer etwas höhere Steuereinnahmen als ursprünglich prognostiziert. Konkret lag die Einnahmeerwartung bereits im Herbst 2023 um 3,8 Milliarden Euro über der Prognose vom Mai 2023. Insgesamt sollen die Steuereinnahmen 2024 erstmals die Billionengrenze überschreiten.

Dennoch fahre das Bundesfinanzministerium in vielen Bereichen einen harten Sparkurs und verlagere den Schwerpunkt auf andere Investitionen wie zum Beispiel Sicherheit. Der Bereich der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sei laut Lerg von den Haushaltseinschnitten besonders betroffen. Denn seit 2022 wären die öffentlichen Mittel für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit bereits um rund 20 Prozent gekürzt worden. Gleichzeitig würden die Krisenherde und die Zahl der Menschen, die auf Unterstützung dringen angewiesen sind, immer weiter zunehmen. ADRA Deutschland warne daher gemeinsam mit anderen Organisationen vor den Folgen dieser anstehenden Kürzungen.

Armut und Not führen zum Verlassen der Heimat

Der drastische Sparkurs erschwere zunächst die humanitäre Hilfe und die Entwicklungsarbeit. In der Folge würden Existenzen und Lebensgrundlagen zerstört und Menschen in den betroffenen Ländern vertrieben. „Wenn Armut und Not zunehmen und sich die Lebensbedingungen verschlechtern, weil es keine ausreichende Unterstützung für Grundbedürfnisse wie Ernährung, Gesundheit, Bildung und Sicherheit gibt, hat das Folgen“, betont Christian Molke, Vorstandsvorsitzender von ADRA Deutschland. „Viele Menschen sehen dann keine andere Möglichkeit mehr, als ihre Heimat zu verlassen, um anderenorts ein besseres Leben zu suchen.“ Durch lokale Krisen und Konflikte, aber vor allem auch durch globale Probleme wie die Klimakrise nehme der Fluchtdruck aus dem Süden in den Norden zu. Eine steigende Zahl von Menschen auf der Flucht schlage sich dann auch direkt und konkret im bundesdeutschen Haushalt nieder. Der Sparkurs könnte das Land am Ende teuer zu stehen kommen.

Auswirkungen der geplanten Kürzungen

VENRO, der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V., in dem ADRA Deutschland Gründungsmitglied ist, hat in einer aktuellen Umfrage unter den knapp 150 Mitgliedsorganisationen abgefragt, wie die Auswirkungen dieser Kürzungen eingeschätzt werden. Hier die Ergebnisse im zusammenfassenden Überblick:

  • Betroffene Bereiche: Armutsbekämpfung, Humanitäre Hilfe auch in „vergessenen Krisen“ und Menschenrechtsarbeit zum Beispiel in Lateinamerika.
  • Ausmaß der Kürzungen: Seit 2022 wurden öffentliche Gelder bereits um rund 20 Prozent gekürzt. Geplante weitere Kürzung von 1,6 Milliarden Euro bis 2025.       Gesamtkürzung um mehr als 25 Prozent innerhalb einer Legislaturperiode.
  • Betroffene Regionen und Länder: Mindestens 40 Länder betroffen. Länder mit „vergessenen Krisen“: Angola, Burundi, Burkina Faso, Demokratische Republik Kongo. Lateinamerika: Nicaragua, Venezuela, El Salvador.
  • Spezifische Auswirkungen: Schwierigkeit, Spenden zu sammeln aufgrund mangelnder Medienaufmerksamkeit. Gefahr für Projekte zur Armutsbekämpfung, Infrastrukturaufbau und Advocacy-Arbeit. In Ländern mit autoritären Regimen ist die Arbeit besonders gefährdet (Beispiel Nicaragua).
  • Finanzielle Entwicklung: Entwicklungshilfefonds (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ): Kürzung von 13.385 Millionen Euro (2021) auf 9.878 Millionen Euro (2025, Vorgabe des Bundesministerium der Finanzen BMF). Humanitäre Hilfe: Kürzung von 2.565 Millionen Euro (2021) auf 1.800 Millionen Euro (2025, Schätzung).
  • Forderungen an die Bundesregierung: Stärkung der finanziellen Unterstützung für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Beibehaltung des Vorjahresniveaus der humanitären Hilfe im Etat des Auswärtigen Amtes (2,7 Milliarden Euro). Anhebung des BMZ-Etats um mindestens eine Milliarde Euro auf 12,2 Milliarden Euro.

Die VENRO-Umfrage zur Auswirkung von Kürzungen ist im Internet zu finden unter https://venro.org/fileadmin/user_upload/Dateien/Daten/Publikationen/Studien_Berichte/VENRO_Umfrage_Folgen_der_Haushaltsk%C3%BCrzungen_2024.pdf

Die geplanten Kürzungen der Bundesmittel für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit könnten gravierende globale und lokale Folgen haben, befürchtet ADRA-Pressesprecher Andreas Lerg. Sie gefährdeten nicht nur die Lebensgrundlagen in den betroffenen Regionen, sondern verstärkten auch den Migrationsdruck nach Europa, was langfristig zu höheren Kosten und sozialen Spannungen führen könne. Auch Demokratieverlust, Klimaschäden und Geschlechterungerechtigkeit könnten die Folge sein − einige der Kernpunkte der ADRA-Arbeit. Die geplanten Kürzungen stünden im Widerspruch zu der im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarung, mindestens 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. ADRA nehme seine Verantwortung weiterhin ernst, sich solidarisch für die Schwächsten einzusetzen und ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen.

Es geht auch anders

Dort, wo Menschen durch eine an den Klimawandel angepasste Landwirtschaft neben der Selbstversorgung auch ein Einkommen durch die Produktion von Nahrungsmitteln sichern können, sinke die Notwendigkeit zur Flucht. Als Beispiel nennt Andreas Lerg den Distrikt Phoukhoud im laotischen Hochland. Er gehört zu den ärmsten Regionen des Landes. Die Menschen leben hauptsächlich von der Landwirtschaft. Wegen des rauen Klimas sind die Ernteerträge gering. ADRA unterstützt die Kleinbauern mit neuen Anbautechniken und klimaangepasstem Saatgut. Sie lernen nachhaltige Methoden, um den Boden besser zu bewirtschaften. Außerdem erhalten sie Tiere, um Viehzucht zu betreiben und ein besseres Einkommen zu erzielen. Von dem Projekt profitieren 10.258 Menschen in 16 Dörfern.

Über ADRA

Die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfswerk ADRA (Adventist Development and Relief Agency) wurde 1956 gegründet und führt weltweit Projekte der Entwicklungszusammenarbeit sowie der humanitären Hilfe in Katastrophenfällen durch. ADRA ist eine nichtstaatliche Hilfsorganisation und wird von der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten getragen. ADRA International besteht aus einem weltweiten Netzwerk mit 118 eigenständigen nationalen Büros und etwa 7.500 hauptamtlichen Mitarbeitenden. Informationen: www.adra.org.  

ADRA Deutschland e. V. mit Sitz in Weiterstadt bei Darmstadt wurde 1987 gegründet und hat rund 50 Angestellte. ADRA Deutschland ist unter anderem Gründungsmitglied des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO), der „Aktion Deutschland Hilft“ und „Gemeinsam für Afrika“. Informationen: www.adra.de.

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