Heimlicher Herrscher des Fußballplatzes
Warum Felix Brych bei der jüngsten Veranstaltung der Reihe „Learning from Legends“ auf dem TUM Campus Heilbronn ein Video dieser Szene vorführt? Um zu zeigen, dass der technische Fortschritt im Fußball für die Unparteiischen ein Segen sein kann. Aber auch um deutlich zu machen, dass Künstliche Intelligenz menschliche Schiedsrichter vorerst nicht ersetzen kann: „KI kann entscheiden, ob der Ball im Strafraum oder außerhalb war, aber nicht abwägen, ob Reus den Ball noch bekommen hätte.“
Mutig und entscheidungsfreudig
Natürlich will Brych dem Publikum im fast voll besetztenHörsaal auch verdeutlichen, dass Schiedsrichter oft unter enormem Druck und in kurzer Zeit handelnmüssen. „Wenn du eine Entscheidung treffen willst, musst du mutig sein“, sagt der promovierte Jurist daher auf die Frage von Moderator Markus Hermsen-Huykenach den wichtigsten Erkenntnissen aus seinen Erfahrungen als Schiedsrichter. Mut nennt er als Grundvoraussetzung und fügt hinzu: „Fokussierung und eine professionelle Vorbereitung auf ein bestimmtes Spiel oder Event sind entscheidend. Als Leader musst du immer wissen, wo du stehst.“
Brych weiß, wovon er redet, schließlich hat der gebürtige Münchner den Rekord von 344 Bundesligaeinsätzen eingestellt und bei 69 Champions League-Spielen auf dem Platz gestanden. Sein Karrierehöhepunkt sollte die WM 2018 werden, für die ihn die FIFA nominiert hatte. Doch das Turnier wurde zu einer riesigen Enttäuschung: Nach nur einem Spiel, bei dem ihm einige Fehler unterliefen, wurde er nach Hausegeschickt. „Ein Jahr habe ich gebraucht, um mich zu erholen“, erinnert sich Brych. Doch gerade aus der bitteren Erfahrung habe er eine wichtige Lektion gelernt: „Akzeptiere deine Fehler und schlag‘ zurück.“ Schließlich gab es doch noch ein Happy End: Der heute 48-Jährige durfte zur EM 2021 fahren und dort fünf Partien leiten. Am Jahresende wurde er als Weltschiedsrichter ausgezeichnet – zum zweiten Mal in seiner Karriere.
Viel aus Rückschlägen gelernt
Der Weg nach oben sei niemals ein Selbstläufer gewesen, verdeutlicht Brych: „Man wird nicht in dieses Spiel hineingeboren. Aber wenn du deine Komfortzone nie verlässt, kommst du nicht voran.“ Stück für Stück habe er sich seine Karriere aufgebaut – mit klarem Fokus und hoher Professionalität. Aus Rückschlägen habe er oft mehr gelernt als aus Erfolgen und stets die Überzeugung behalten: „Nach dem Tal ist der nächste Berg noch höher als der davor.“
Mit seinen optimistischen Statements und dem authentischen Auftreten kommt Brych bei den Studierenden bestens an. Bei einer vorangegangenen Podcast-Aufzeichnung und in der abschließenden Fragerunde löchern sie ihn so richtig. „Eine selbstbewusste Körpersprache ist entscheidend. Die Spieler müssen fühlen, dass der Schiedsrichter stark ist“, sagt er etwa auf die Frage nach der Kommunikation auf dem Platz. Manchmal bleibt Brych diplomatisch: Wer die Europameisterschaft in diesem Jahr gewinnt, möchte er nicht voraussagen, auch wenn er Deutschland gerne mindestens im Halbfinale sehen würde.
Bleibt noch die Frage über die Pläne nach der aktiven Karriere, die Gastgeber Daniel Gottschald, Geschäftsführer der TUM Campus Heilbronn gGmbH, stellt. Hier hat Brych klare Vorstellungen: „Wenn ich meine Karriere in zwei bis drei Jahren beende, möchte ich gerne das Wissen, das ich im Laufe der Jahre gesammelt habe, an junge Menschen weitergeben. Ich würde gerne meine Tätigkeiten als Speaker in Unternehmen ausbauen. Und ich möchte mich in der Ausbildung junger Schiedsrichter engagieren.“
Die Reihe „Learning from Legends“ auf dem TUM Campus Heilbronn wird am 4. November 2024 mitSternekoch Norbert Niederkofler fortgesetzt.
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