Finanzen / Bilanzen

Gesetzliche Rentenversicherung ist für Freiberufler und Handwerker oft Pflicht

Nicht jeder, der selbständig arbeitet, kann seine Altersvorsorge automatisch frei wählen und aus dem gesetzlichen Rentensystem aussteigen. 330.000 Selbstständige und Freiberufler sind in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert – darunter rund 178.000 Künstler sowie 61.800 Handwerker (Stand 2022). Manche Berufsgruppen betrachtet der Gesetzgeber als schutzbedürftig und verpflichtet sie daher, in die gesetzliche Rente einzuzahlen, auch wenn sie als Selbstständige unterwegs sind. Dazu zählen einige Freie Berufe sowie bestimmte Handwerker. Zu den Pflichtversicherten gehören:

  • Lehrer, Erzieherinnen, Coaches und Trainerinnen ohne versicherungspflichtige Beschäftigte (ein Minijob bis 538 Euro Monatsverdienst ist erlaubt)
  • Pflegepersonen ohne versicherungspflichtige Arbeitnehmer
  • Hebammen und Entbindungspfleger
  • Seelotsen
  • Hausgewerbetreibende
  • Küstenschiffer und Küstenfischer
  • Selbstständige ohne versicherungspflichtige Beschäftigte, die nur für einen Auftraggeber tätig sind
  • Handwerker und Gewerbetreibende wie Maurer, Zimmerer, Installateure, Heizungsbauer, Bäcker, Optiker und Friseure, die in die Handwerksrolle eingetragen sind
  • Künstler und Publizisten

Diese Liste ist nicht abschließend. Ob sie in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen, sollten Freiberufler und Handwerker daher prüfen lassen, bevor sie den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Sie müssen sich bei der Rentenkasse melden. Stellt die Behörde Jahre später – etwa nach einer Betriebsprüfung – fest, dass Selbstständige keine Beiträge zur gesetzlichen Rente entrichtet haben, obwohl sie dazu verpflichtet wären, drohen hohe Nachzahlungen und Säumniszuschläge. Denn die Rentenkasse darf Beiträge bis zu vier Jahre rückwirkend erheben. Handwerker können sich jedoch von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen, wenn sie 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt haben. 

Wie hoch sind die Beiträge zur Rentenkasse?

Pflichtversicherte Selbstständige zahlen entweder den pauschalen Regelbeitrag, den das BMAS jährlich festlegt, oder 18,6 Prozent ihres durchschnittlichen Arbeitseinkommens bis zur gültigen Beitragsbemessungsgrenze – derzeit mindestens 100,07 Euro und maximal 1.404,30 Euro. Der Regelbeitrag beträgt aktuell 644,49 Euro (Ost) sowie 657,51 Euro monatlich (West). Wer höhere oder niedrigere Gewinne nachweist, kann auch einen einkommensgerechten Beitrag vereinbaren. Für Gründer und Gründerinnen gilt eine Ausnahme: Sie müssen in den ersten drei Jahren ihrer Selbstständigkeit nur die Hälfte des Regelbeitrags zahlen, wenn sie einen entsprechenden Antrag stellen. Sie sparen damit in der Anfangsphase Geld, erwerben aber auch geringere Rentenansprüche.  

Im Unterschied zu Angestellten, sind Selbstständige ihr eigener Chef. Somit beteiligt sich aber auch kein Arbeitgeber an den Versicherungsbeiträgen. Selbstständige müssen den Betrag allein finanzieren. Einen Sonderfall stellen pflichtversicherte Künstler und Publizisten dar. Sie müssen sich bei der Künstlersozialkasse (KSK) anmelden. Diese ist kein Leistungsträger, kümmert sich aber – ähnlich wie ein Arbeitgeber – um das Abführen der Sozialversicherungsbeiträge und bezuschusst diese. KSK-Mitglieder zahlen nur den halben Beitragssatz.     

Ärzte und Steuerberater zahlen in berufsständische Versorgungswerke ein

Manche Freie Berufe wie Apotheker, Notare, Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Psychotherapeuten, Ärzte und beratende Ingenieure haben eigene berufsständische Versorgungswerke. Diese sichern die Alters-, Erwerbsminderungs– und Hinterbliebenenversorgung dieser Berufsgruppen ab. Zahlen Freiberufler in eine solche Altersvorsorge der Kammer ein, können sie sich von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen. Steuerberater oder Zahnärzte zahlen häufig deutlich mehr in ihr Versorgungswerk ein als gesetzlich Versicherte in die Rentenkasse. Ihre Beiträge orientieren sich in der Regel am Höchstbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung. Entsprechend fallen auch die späteren Renten oft höher aus.     

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