Buchrezension: Carolin Rückert, Matthias Kerr: Natürlich lernen
Zum Inhalt
Auf rund 250 Seiten stellen die beiden Autoren ihre Gedanken und Erfahrungen zu neuen Lernkonzepten in der (Grund-)Schule vor. Nach einer persönlichen Vorstellung folgt sogleich die dem Buch zugrunde liegende These: Schule geht auch anders! Dazu beschreiben die Pädagogen zunächst die Natur der Kinder, um über die Natur des Lernens zum Kern zu kommen: dem Draußenunterricht in der freien Natur. Ein weiteres Kapitel beschreibt den grundsätzlichen Übergang vom Kindergarten in die Schule und das jahrgangsübergreifende Lernen. Weitere Kapitel widmen sich dem Growth Mindset, dem Lernen ohne Noten und dem Lernen im Team. Stichworte in den folgenden Kapiteln sind das Soziale Lernen, eine gendergerechte Lernumgebung, Medienerziehung und Erziehungspartnerschaft. Das Buch schließt mit Visionen von gelingender Schule und einem Nachwort.
Eltern sollen sich Zeit nehmen und den Kindern Zeit geben, ihre Entwicklung selbst zu steuern. Statt Stress und Notenjagd sollten Eltern tief durchatmen und eine neue Haltung kultivieren, die nicht defizitorientiert ist, sondern das Heranwachsen ermutigend und wohlwollend begleitet. Aber auch die Schule muss sich den neuen Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts stellen. Statt Wettbewerbsorientierung müsse kooperatives und kollaboratives Lernen gefördert werden. Auch das Meta-Lernen wird zu einer unverzichtbaren Fähigkeit werden. Doch Richard Gross, Professor an der Stanford University, stellt angesichts der zu bewältigenden Aufgabe des Umbaus des deutschen Bildungssystems nüchtern fest: „Schools changes slower than churches.“ (Gross bei Rückert/Kerr, S. 141). Es bleibt also viel zu tun.
Zum Buch
Kurz und flott geschrieben, werden alle pädagogisch relevanten Themen einmal angesprochen und eigene Ideen in modernem Stil präsentiert. Die praktische Erprobung ist eine absolute Stärke des Buches. Man spürt den pädagogischen Idealismus der Autoren. Inhaltlich interessant ist die kurze Darstellung der neuen Lernformen wie 4-K-Modell, Design Thinking, Deeper Learning und 21st Century Learner. Hier wird in die Zukunft gedacht und konkret benannt, welche neuen Lernformen die Schule aufgrund der veränderten Lebens- und Arbeitswelt integrieren sollte.
Bei allen motivierenden Ausführungen und Erfahrungen fehlt es dem Buch jedoch an Empirie und zitierten Studien zum Thema Neues Lernen. Dadurch liest es sich eher wie ein Ratgeber als eine wissenschaftlich fundierte Streitschrift. Wer mehr als Impulse und Tipps erwartet, muss woanders suchen. Hier steht die Idee im Vordergrund und der pädagogische Pioniergeist. Fazit: Ein Mut machendes Buch mit informativen Fotos der Draußenschule, das dazu anregt, aus dem Einerlei auszubrechen und einmal etwas Neues zu beginnen. Und natürlich kann man jederzeit dazulernen, ob als Kind oder als Erwachsener.
Claudia Mohr
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