Ist die Einkommensanrechnung beim Grundrentenzuschlag bei Ehepaaren verfassungswidrig?
Was ist der Grundrentenzuschlag?
Seit dem 1. Januar 2021 können Rentner unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschlag zu ihrer Rente erhalten, wenn sie mindestens 33 Jahre mit Grundrentenzeiten vorweisen können. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Durchschnittswert der Entgeltpunkte aus den Grundrentenbewertungszeiten unterhalb bestimmter Höchstgrenzen liegen muss.
Der Zuschlag zur Grundrente wird zusätzlich zur Altersrente gezahlt. Die Deutsche Rentenversicherung prüft bei allen Rentnern automatisch, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und berechnet die Höhe des Zuschlags individuell. Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erhalten rund 1,3 Millionen Menschen einen Zuschlag zur Grundsicherung im Alter in Höhe von durchschnittlich 86 Euro monatlich.
Wann kürzt die Deutsche Rentenversicherung den Grundrentenzuschlag?
Das Einkommen wird auf den Grundrentenzuschlag angerechnet. Eine Kürzung des Grundrentenzuschlags erfolgt, wenn bestimmte Freibeträge überschritten sind. Bei Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften ist das Einkommen beider Partner zu berücksichtigen. Daher kürzt die Deutsche Rentenversicherung den Zuschlag zur Grundrente in vielen Fällen oder es kommt gar nicht zur Auszahlung.
Beispiel für die Kürzung mit den seit 1. Januar 2024 geltenden Freibeträgen
Bei einem monatlichen Einkommen von bis zu 1.375 Euro für Alleinstehende und bis zu 2.145 Euro bei Ehepaaren zahlt die Rentenversicherung den Grundrentenzuschlag in voller Höhe. Übersteigt das Einkommen den Freibetrag, werden 60 Prozent des darüber liegenden Einkommens angerechnet.
Liegt das Einkommen bei Alleinstehenden über 1.759 Euro und bei Ehepaaren über 2.530 Euro monatlich, wird der übersteigende Teil in voller Höhe angerechnet.
Welches Einkommen ist bei der Anrechnung zu berücksichtigen?
Bei der Einkommensanrechnung ist das zu versteuernde Einkommen laut Steuerbescheid zu berücksichtigen. Zusätzlich lassen sich Kapitalerträge bei Überschreiten des Sparerfreibetrags sowie der steuerfreie Teil der Rente berücksichtigen.
Urteil des Landessozialgerichts
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat bestätigt, dass die Anrechnung des Ehegatteneinkommens verfassungsgemäß ist. Geklagt hatte eine Frau, die im Grundrentenzuschlag einen Verstoß gegen das Grundgesetz sah, da Verheiratete und Unverheiratete ungleich behandelt würden. Das LSG entschied zwar, dass die Frau grundsätzlich einen Anspruch auf den Grundrentenzuschlag hat, dieser aber aufgrund des Einkommens ihres Ehemannes nicht ausgezahlt wird (Urteil vom 30.01.2024, L 18 R 707/22).
Das Ziel des Gesetzgebers sei es, neben der Anerkennung der Lebensarbeitsleistung auch die bessere finanzielle Versorgung der Versicherten zu berücksichtigen. Da das Einkommen beider Ehegatten über dem Grundsicherungsbedarf liegt, ist die Kürzung des Grundrentenzuschlags rechtmäßig. Nach Auffassung des Gesetzgebers sind Ehegatten aufgrund ihrer gegenseitigen Unterhaltspflicht bessergestellt als Alleinstehende.
Wichtiger Hinweis für Neu-Rentnerinnen und -Rentner
Das Finanzamt übermittelt die steuerpflichtigen Einkünfte auf Anforderung an die Deutsche Rentenversicherung. Rentnerinnen und Rentnern selbst müssen nur die Kapitalerträge oberhalb des Sparer-Pauschbetrags an die Deutsche Rentenversicherung übermitteln, wenn diese nicht bereits im zu versteuernden Einkommen enthalten sind.
Beim Grundrentenzuschlag kommt es auf das Einkommen des vorletzten Jahres an oder – falls es dem Finanzamt noch nicht bekannt ist – sogar auf das Einkommen des vorvorletzten Jahres. Wenn ein bis zuletzt berufstätiger Neu-Rentner seine Rente beantragt, kann es daher sein, dass er im schlechtesten Fall erst nach drei Jahren den Grundrentenzuschlag in Anspruch nehmen kann.
Andreas Islinger, Leiter der Rentenberatung bei Ecovis München rät daher: „Es kann durchaus von Vorteil sein, wenn Rentner und Rentnerinnen mit Anspruch auf einen Grundrentenzuschlag möglichst schnell ihre Steuererklärungen abgeben. So lassen sich die höheren Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit im Einzelfall schneller ausblenden.“
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