Energie- / Umwelttechnik

Nachhaltigkeitsberichte: Wirtschaft fordert Abkehr von „Lex Wirtschaftsprüfer“

Trotz Protesten der Wirtschaft sollen bei der CSRD-Umsetzung ausschließlich Wirtschaftsprüfer die Berichte prüfen dürfen. TÜV-Verband Umfrage: 79 Prozent der Unternehmen würden technische Prüforganisationen mit der externen Prüfung ihres Nachhaltigkeitsberichts beauftragen. Offener Prüfmarkt senkt Aufwand und Kosten für den Mittelstand. 

Der TÜV-Verband hat einen offenen Markt für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten in Deutschland gefordert. Im aktuellen Gesetzentwurf für die Umsetzung der europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sind bislang ausschließlich Wirtschaftsprüfer dafür vorgesehen. „Für die Prüfung von Nachhaltigkeits-berichten sind technisch-naturwissenschaftliche Kenntnisse notwendig“, sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. „Daher sollten für die externe Prüfung auch technische Prüforganisationen wie TÜV oder DEKRA zugelassen werden.“ Das würde die Prüfkapazitäten erhöhen und zu geringeren Kosten für die Unternehmen führen. Von der Neuregelung sind in Deutschland rund 15.000 überwiegend mittelständische Unternehmen betroffen. Nahezu die gesamte deutsche Wirtschaft unterstützt die Forderung nach einem offenen Prüfmarkt: Bei der Verbändeanhörung zum Gesetzentwurf haben sich 39 Verbände dafür ausgesprochen, darunter BDI, DIHK, ZDH, Bitkom, VDMA und Mittelstandsverbund. Nur 8 Parteien haben sich gegen eine Öffnung ausgesprochen, an der Spitze das einflussreiche Institut der Wirtschaftsprüfer (IdW). „Das Bundesjustizministerium stellt sich bei der CSRD-Umsetzung gegen die Interessen des deutschen Mittelstandes“, sagt Bühler. Für eine Öffnung hat sich auch der Verband für die mittelständische Wirtschaftsprüfung ausgesprochen, da die kleineren Anbieter eine Dominanz der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften fürchten. Bühler: „Es ist nicht im Sinne der deutschen Wirtschaft, das CSRD-Gesetz als Konjunkturprogramm für die ‚Big-Four‘ anzulegen.“

Die europäische CSRD-Richtlinie verpflichtet zunächst große und mittlere Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden dazu, über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu berichten. Bei der Prüfung werden zahlreiche Faktoren beurteilt, darunter ökologische Kriterien wie Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch oder Abfallaufkommen, soziale Standards wie die Arbeitsbedingungen der Belegschaft und auch Standards für eine gute Unternehmensführung, zu denen ethische Grundsätze oder die Verhinderung von Korruption gehören. Die Nachhaltigkeitsberichte werden künftig wie Finanzberichte von externen Stellen geprüft und im Lagebericht veröffentlicht. „Für die Prüfung vieler Nachhaltigkeitskriterien sind technische Kompetenzen erforderlich, die über die rechtlich-betriebswirtschaftliche Kenntnisse für die Prüfung eines Finanzberichts hinausgehen“, betont Bühler. Die EU-Richtlinie lässt den Mitgliedsstaaten die Wahl, wer die Prüfung der Berichte vornehmen darf. „Länder wie Frankreich, Spanien oder Österreich haben sich für einen offenen Prüfmarkt entschieden“, sagt Bühler. Die Zulassung technischer Prüforganisationen würde die Prüfkapazitäten erhöhen und zu besseren Ergebnissen führen, da sich Auditoren zum Beispiel auf technisch komplexe Branchen wie die Chemieindustrie oder die Abfallwirtschaft spezialisieren können. „Ein breiteres Angebot führt zu niedrigeren Kosten für die Unternehmen“, sagt Bühler. Kostendämpfend wirke auch, dass technische Sachverständige zu deutlich geringeren Stundensätzen arbeiten als Wirtschaftsprüfer. 

Laut den Ergebnissen einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 500 Unternehmen ab 20 Mitarbeitenden würden fast vier von fünf Befragten (79 Prozent) eine technische Prüforganisation mit der Prüfung ihres Nachhaltigkeitsberichts beauftragen. Dagegen würden nur 33 Prozent auch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragen und 32 Prozent eine staatliche Behörde. Laut Umfrage erstellt bisher erst jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) in Deutschland einen Nachhaltigkeitsbericht. Vorreiter sind große Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden mit einem Anteil von 45 Prozent. Bei den mittleren Unternehmen (50 bis 249 Mitarbeitende) sind es 26 Prozent und bei den kleinen (20 bis 49 Mitarbeitende) 12 Prozent. Als Herausforderung sehen fast neun von zehn befragten Unternehmen (89 Prozent) den hohen bürokratischen Aufwand. 77 Prozent erwarten Probleme wegen mangelnder personeller Ressourcen und 69 Prozent fehlen die Strukturen für die Erfassung und Aufbereitung der notwendigen Daten. Zwei von drei (66 Prozent) fürchten hohe Kosten, ebenso vielen fehlt derzeit noch das notwendige Know-how für die Erstellung der Berichte.

Klare Mehrheit der Unternehmen sieht Vorteile in Nachhaltigkeitsberichten

Auf der anderen Seite gibt es viele Unternehmen, die neben dem hohen Aufwand auch die Vorteile der neuen Berichtspflicht sehen. 61 Prozent geben an, dass sie mit Hilfe der Berichte ihre Nachhaltigkeit in verschiedenen Bereichen steigern können. „Nachhaltigkeitsberichte schaffen Transparenz und legen Potenziale offen, wie die Unternehmen ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern können“, sagt Bühler. 58 Prozent sehen eine Verbesserung ihres Unternehmensimages als Vorteil und 40 Prozent eine höhere Arbeitgeberattraktivität. Und jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) gibt an, dass ihre Attraktivität für Investoren steigt. Das ist vor allem bei großen Unternehmen ab 250 Beschäftigten mit einem Anteil von 53 Prozent der Fall. „Ökologische und soziale Nachhaltigkeit haben sich auf den Finanzmärkten zu einem wichtigen Kriterium für Unternehmensbeteiligungen entwickelt“, sagt Bühler. Im internationalen Vergleich führen neben der Europäischen Union Länder wie die USA, Japan oder China schrittweise verpflichtende Nachhaltigkeitsberichte ein. 

Aus Sicht des TÜV-Verbands ist ein offener Prüfmarkt die Voraussetzung dafür, die EU-Vorgaben möglichst unbürokratisch und wirtschaftsfreundlich umzusetzen. Mit der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) steht anders als in anderen Ländern eine Institution bereit, die die Kompetenzen technischer Prüforganisationen bestätigen kann. Die TÜV-Organisationen unterstützen Unternehmen bereits seit Jahren bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten. Daneben bieten sie Dienstleistungen wie die Durchführung von Energieaudits, die Einführung von Energiemanagementsystemen oder die Messung des CO2-Fußabdrucks von Unternehmen. Bühler: „Die dabei gewonnenen Daten und Erkenntnisse können direkt in die Nachhaltigkeitsberichte einfließen.“

Die vollständige Studie ist abrufbar unter https://www.tuev-verband.de/pressemitteilungen/nachhaltigkeitsberichte-wirtschaft-fordert-abkehr-von-lex-wirtschaftspruefer.

Methodik-Hinweis: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa im Auftrag des TÜV-Verbands unter 500 Unternehmen ab 20 Mitarbeitenden. Die Fragen und Antwortoptionen sind im Wortlaut in der Präsentation einsehbar. Die Umfrage wurde zwischen Mai und Juli 2024 durchgeführt.

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