Finanzen / Bilanzen

Was ist die 4-Prozent-Regel?

Wer früher aus dem Arbeitsleben aussteigen will, steht schnell vor der Frage, wie viel Geld er eigentlich für die finanzielle Freiheit ansparen müsste. Wissenschaftler des Trinity College in den USA beschäftigten sich bereits 1998 mit dieser Thematik. Das Ergebnis in vereinfachter Form: Wer das 25-Fache seiner jährlich benötigten Ausgaben angespart hat, kann in den Ruhestand gehen. Die Begründung: Liegt die spätere Entnahmerate bei höchstens vier Prozent, reicht das angesparte Vermögen mindestens 30 Jahre. Für dieses Ergebnis hatten die Forscher zahlreiche 30-Jahres-Zeiträume und den Kursverlauf eines Portfolios mit je 50 Prozent US-Aktien und Anleihen ausgewertet.

Benötigen Sie also beispielsweise monatlich 2.000 Euro für den Lebensunterhalt, müssten Sie 600.000 Euro auf der hohen Kante haben, wenn Sie in den Ruhestand gehen wollen. Diese Summe entspricht einer monatlichen Entnahmerate von vier Prozent des Vermögens und wird auch als Safe Withdrawal Rate – übersetzt: sichere Entnahmerate – bezeichnet, wie Frugalist Noelting auf seiner Webseite www.frugalisten.de erläutert.

Die Studienergebnisse sind jedoch nicht 1:1 auf Deutschland übertragbar, weil beispielsweise die Besteuerung von Kapitalerträgen nicht berücksichtigt wurde. Zudem ist die Studie mittlerweile fast 30 Jahre alt und seinerzeit waren die Zins- und Renditeniveaus andere als heute. Und es wurden ausschließlich US-Aktien und Anleihen untersucht. Hinzu kommt, dass die 4-Prozent-Regel nur dann anwendbar ist, wenn das angesparte Vermögen lediglich 30 Jahre reichen soll. Wollen Sie beispielsweise bereits mit 40 Jahren in den Ruhestand gehen, würden Sie mit dieser Regel zu wenig ansparen, da die Betrachtung nur bis zum Alter von 70 Jahren reicht. Gleichwohl lässt sich aus der Formel ein erster Anhaltspunkt für den ungefähren Kapitalbedarf ableiten.

Wie viel Geld brauche ich, um von den Zinsen leben zu können?

Vereinfacht lässt sich sagen, dass Sie von den Zinsen beziehungsweise Erträgen leben können, wenn diese mindestens so hoch sind, dass Sie mit dieser Summe Ihre Lebenshaltungskosten bestreiten können. Hat ein Frugalist beispielsweise ein in Dividenden-ETFs angelegtes Vermögen von 600.000 Euro angespart und schütten diese jährlich insgesamt drei Prozent aus, erhält er unter Berücksichtigung der Kapitalertragsteuer lebenslang monatlich 1.113 Euro. Diese Summe dürfte für die wenigsten reichen, um alle Lebenshaltungskosten abzudecken.

Je nach Alter kann es angesichts des hohen benötigten Kapitalstocks eine Option sein, anstelle der lebenslangen Auszahlungen der Erträge einen begrenzten Zeitraum für die Berechnungen zu definieren. „Wer an einen Entnahmeplan denkt, sollte statistisch gesehen bei der Lebenserwartung von mindestens 80 Jahren ausgehen. Allerdings muss man immer mit dem Risiko leben, dass der Kapitalstock irgendwann aufgebraucht ist, falls man ein hohes Alter erreicht“, erläutert Ralf Scherfling, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Finanzen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Um dieses Risiko abzufedern, sei beispielsweise ein Stufenplan mit unterschiedlich hohen Entnahmen in verschiedenen Lebensphasen denkbar. Wer beispielsweise 50 Jahre alt ist, könnte 40 Jahre als Zeitraum für die Entnahme wählen und sich dann monatlich rund 1.895 Euro auszahlen.

Hilfe beim Durchrechnen verschiedener Szenarien bietet der Frugalisten (Finanzielle Freiheit) Rechner von biallo.de. Damit können Sie ermitteln, wie viel Geld Sie anlegen müssen, damit Sie zu einem Zeitpunkt X eine Rente in bestimmter Höhe erhalten. Umgekehrt können Sie auch anhand von Angaben zur Sparrate berechnen, wie viel Rente Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt oder ab wann Sie eine bestimmte Rente erreichen können.

Damit Sie mit dem Rechner möglichst realistische Ergebnisse erzielen, sollten Sie vorab folgende Fragestellungen durchgehen:

1. Möchte ich überhaupt nicht mehr arbeiten oder die Arbeitszeit lediglich reduzieren?

Ist Letzteres der Fall, können Sie im Eingabefeld „monatlicher gewünschter Rentenbetrag“ die Lebenshaltungskosten abzüglich des geschätzten monatlichen Einkommens eingeben.

2. Wie hoch wird meine gesetzliche Rente später voraussichtlich sein?

Je nachdem, wie Ihr beruflicher Werdegang bisher aussah, haben Sie möglicherweise bereits Rentenpunkte gesammelt und erhalten jährlich von der Deutschen Rentenversicherung eine Übersicht über die zu erwartende Rente. Darin ist zu einen die zu erwartende Rente aufgeführt, die Sie aufgrund der bisherigen Arbeitsjahre bereits garantiert erhalten werden. Zum anderen steht darin auch die Rente, die Sie erwarten können, wenn Sie bis zum Rentenbeginn Beiträge wie im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre zahlen. Dieser Betrag ist für Frugalisten eher zu vernachlässigen, da sie eben nicht bis zur Rente wie bisher arbeiten möchten.

Je nachdem, wie hoch Ihre zu erwartende Rente ausfällt, können Sie die monatliche Sparrate anpassen. Beträgt diese beispielsweise 800 Euro und benötigen Sie monatlich zum Leben 1.800 Euro, reduziert sich Ihr monatlicher Kapitalbedarf aus angespartem Vermögen auf 1.000 Euro. Sie müssen also weniger ansparen als ohne gesetzlichen Rentenanspruch.

3. Wie wird sich die Inflation entwickeln?
Wie sich die Inflationsrate entwickeln wird, kann niemand mit Sicherheit vorhersagen. Wenn Sie heute beispielsweise mit 1.500 Euro im Monat auskommen und sehr optimistisch von durchschnittlich ein Prozent Inflationsrate in den kommenden 20 Jahren ausgehen, bräuchten Sie bei unveränderten Ausgaben monatlich rund 1.830 Euro. Läge die Inflationsrate dann jedoch bei durchschnittlich zwei Prozent, würden Sie in 20 Jahren monatlich schon 2.229 Euro benötigen, um ohne Einschränkungen über die Runden zu kommen. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie die Inflation einschätzen sollen, hilft Ihnen der Frugalisten-Rechner von biallo.de. Dieser verwendet für die Berechnungen auf Wunsch automatisch die durchschnittliche Inflationsrate der Jahre 1991 bis 2021 in Höhe von 1,7207 Prozent. Diese ist zwar nicht brandaktuell, dafür aber auch nicht verzerrt durch die außergewöhnlich hohe Inflation aufgrund der Gaskrise im Herbst 2022.

4. Wie wird sich meine persönliche Situation verändern?
Je nachdem, ob Sie bereits Familie haben oder nicht, könnte sich Ihr monatlicher Kapitalbedarf erhöhen oder reduzieren. Sind sie beispielsweise Single, könnten die monatlichen Ausgaben mit Gründung einer Familie Haben Sie bereits Kinder in Ausbildung, dürften die Ausgaben hingegen in absehbarer Zeit sinken.

Möchte ich das Kapital verbrauchen oder soll der Kapitalstock später unangetastet bleiben?
Je nachdem, ob Sie Ihre Ersparnisse später nach und nach verbrauchen möchten oder nicht, hat dies erheblichen Einfluss auf die Sparrate. Wollen Sie später beispielsweise ausschließlich von den Zinsen und Dividenden Ihrer Geldanlagen leben, müssen Sie weitaus mehr ansparen, müssen sich allerdings auch keine Gedanken darüber machen, wie alt Sie voraussichtlich werden.

Ein Beispiel: Benötigen Sie monatlich 1.500 Euro zum Leben in den kommenden 40 Jahren und gehen Sie von einer Verzinsung des Kapitals von fünf Prozent aus, müssen Sie rund 375.827 Euro auf der hohen Kante haben. Wollen Sie dieses Kapital unangetastet lassen, müssten Sie hingegen rund 491.550 Euro ansparen.

Tipp: Mit der sogenannten 50-30-20-Regel stellt Ihnen biallo.de eine interessante Möglichkeit vor, wie Sie Ihre monatlichen Ausgaben stets im Griff behalten. Diese Sparmethode stellt sicher, dass Sie Vermögen aufbauen, während alle notwendigen Ausgaben gedeckt sind.

Den kompletten biallo.de Ratgeber zu diesem Thema gibt es hier: https://biallo.link/m0zbyufr/

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