Steuerliche Gesetzesänderungen zum Jahreswechsel 2024: Was Sie im Blick behalten sollten
Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums
Am 18. Oktober 2024 hat der Bundestag das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums verabschiedet. Steuerpflichtige werden durch die darin beschlossenen Änderungen bereits rückwirkend für den gesamten Veranlagungszeitraum 2024 profitieren, vor allem
- von einem höheren Grundfreibetrag (Erhöhung um 180 Euro auf 11.784 Euro) und
- einem gestiegenen Kinderfreibetrag (Erhöhung um 228 Euro auf 6.612 Euro).
Lohnsteuerlich sollen die Änderungen in der Abrechnung für Dezember 2024 umgesetzt werden, um Aufwände und Kosten für Änderungen einzelner Abrechnungen zu vermeiden. Die aufwendige Nachberechnung für Januar bis November 2024 entfällt damit. „Arbeitnehmer werden die Anpassungen bei der Dezember-Überweisung des Arbeitgebers deutlich spüren, da sich darin die beschlossenen Änderungen rückwirkend für das gesamte Jahr 2024 auswirken“, sagt Ecovis-Steuerberater Ralf Adamitza in Stralsund.
Die Entlastungen sollen auch über den Veranlagungszeitraum 2024 hinaus gesetzlich festgeschrieben werden. Dies wird voraussichtlich in Kürze mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) beschlossen. Weitere Erhöhungen von Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag sowie die Anpassung der übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs werden für 2025 und 2026 mit diesem Gesetz umgesetzt.
Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG)Änderungen bei der Steuerklasse für Ehepaare
Das SteFeG enthält noch weitere steuerliche Änderungen. Für Ehegatten wichtig ist beispielsweise die geplante Überführung der Steuerklassen III und IV in die Steuerklasse IV mit Faktorverfahren. Vereinfacht ausgedrückt wird dabei ein Faktor berechnet, der auf dem gemeinsamen Einkommen der Eheleute basiert und dann auf beide angewendet wird. Das verteilt die Steuerlast gleichmäßiger und vermeidet hohe Nachzahlungen oder Rückerstattungen am Jahresende.
Verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten
Außerdem gibt es für Steuerpflichtige weiterhin vorteilhafte Abschreibungsmöglichkeiten. Zukünftig können sie Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten bis 5.000 Euro (bislang 1.000 Euro) in einen Sammelposten einstellen, der dann über fünf Jahre (bislang drei Jahre) gewinnmindernd aufzulösen ist. Die degressive Abschreibung für bestimmte Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens soll darüber hinaus bis 2028 fortgeführt werden.
Anzeigepflicht bei innerstaatlichen Steuergestaltungen
Umstritten ist die mit dem SteFeG geplante Einführung von Anzeigepflichten bei innerstaatlichen Steuergestaltungen. Nachdem dieses Vorhaben im Wachstumschancengesetz im Frühjahr 2024 gescheitert war, ist der Regelungsentwurf nun erneut in ein Gesetzgebungsverfahren eingeflossen. Der Bund der Steuerzahler kritisiert das den Steuerpflichtigen und Steuerberatern damit entgegengebrachte Misstrauen. Weiterhin sind für die Maßnahme eine Vielzahl praktischer Anwendungsfragen offen. „Es bleibt also abzuwarten, ob die Meldepflicht tatsächlich umgesetzt wird“, sagt Adamitza.
Reformgesetz der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge
Um über die gesetzliche Rente hinaus im Alter abgesichert und versorgt zu sein, investieren viele Deutsche in zusätzliche Altersvorsorge. Der Staat fördert die betriebliche und private Altersvorsorge dabei durch verschiedene Maßnahmen. Aufgrund niedriger Zinsen, hoher Kosten und vielfach mangelnder Transparenz ist die Anzahl an privaten Altersvorsorgeverträgen in den letzten Jahren zurückgegangen. Mit dem Gesetz zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (kurz: pAV-Reformgesetz) soll dies für Steuerpflichtige wieder attraktiver werden. Das BMF hat hierzu am 30. September einen Referentenentwurf veröffentlicht. Mehr dazu in unserem Beitrag.
Welche steuerlichen Änderungen sind mit der Reform verbunden?
An der grundsätzlichen steuerlichen Behandlung von Altersvorsorgeprodukten soll festgehalten werden. Beiträge in der Ansparphase werden demnach weiterhin steuerlich freigestellt, während die Besteuerung nachgelagert in der Auszahlungsphase erfolgt. Die komplizierte individuelle Mindesteigenbeitragsberechnung für den Erhalt der maximalen Zulage entfällt. Stattdessen wird die Zulagenförderung beitragsproportional ausgestaltet. Künftig wird somit die Höhe der Beitragsleistungen stärker berücksichtigt, was Anreize zu mehr Eigensparleistungen setzen soll. Wer Kinder hat, kann zudem von einer beitragsproportionalen Kinderzulage profitieren.
Der Sonderausgabenabzug bleibt erhalten (§ 10a EStG). Er ermittelt sich aus den Eigenbeiträgen zuzüglich der zustehenden Zulagen. Eine Günstigerprüfung zwischen der Auswirkung des Sonderausgabenabzugs und der Zulagenförderung wird weiterhin stattfinden.
Insgesamt sollen die Maßnahmen Anreize schaffen, verstärkt in private Altersvorsorge zu investieren.
Zweites Zukunftsfinanzierungsgesetz
Bereits Ende August hat das BMF einen Referentenentwurf zum Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG II) veröffentlicht. In diesem Gesetz sollen aufbauend auf dem ZuFinG I unter anderem Maßnahmen beschlossen werden, die den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern und Investitionen in nachhaltige Projekte fördern. Hierfür will die Bundesregierung steuerliche Anreize schaffen. Beispielsweise sollen Gewinne, die bei der Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften entstehen, in höherem Umfang (fünf Millionen Euro statt bislang 500.000 Euro) steuerneutral auf begünstigte Investitionsgüter übertragbar sein. Ralf Adamitza erklärt: „Der Gesetzgeber schafft damit einen deutlichen Anreiz, Gewinne aus Beteiligungsveräußerungen in begünstigte Wirtschaftsgüter zu reinvestieren.
Entwurf des Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes
Darüber hinaus befindet sich derzeit ein Gesetzentwurf zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes in der parlamentarischen Beratung. Der Diskussionsentwurf vom 20. August 2024 enthält vor allem Konkretisierungen bei der Anwendung des Country-by-Country Reporting (CbCR) Safe-Harbours. Betroffene Unternehmen erhalten damit genauere Vorgaben für die Erstellung der Berichte und Klarheit darüber, unter welchen Voraussetzungen die Erleichterungen (Safe-Harbour-Regelungen) anzuwenden sind. Außerdem sind Regelungen enthalten, die eine Einhaltung der Berichtspflichten sicherstellen sollen.
Fazit: Was wird wie umgesetzt?
Die aufgeführten Gesetze befinden sich zum Teil noch im Entwurfsstadium oder in der frühen Phase der parlamentarischen Beratung. Sie müssen daher alle noch final das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Die Wahrscheinlichkeit der Beschlussfassung hängt von der politischen Unterstützung und den Ergebnissen der weiteren Beratungen ab. „Gesetze wie das pAV-Reformgesetz und das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums haben aufgrund ihrer breiten gesellschaftlichen Relevanz und Unterstützung gute Chancen, verabschiedet zu werden“, weiß Ralf Adamitza.
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